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September 4, 2015

Ihr seid dafür – ich bin dagegen! Vivienne Westwood @ Forum Alpbach

Barbara Unterthurner
Die Grand Dame des Punk zeigt sich mit 74 Jahren immer noch kämpferisch. Ein Nachbericht zum Auftritt von Vivienne Westwood beim European Forum Alpbach 2015.

Wenn sich im kleinen Dorf Alpbach alljährlich viele internationale Gäste versammeln, dann wissen alle: Es ist wieder Forum-Alpbach-Zeit. So lud das Symposium auch heuer wieder zahlreiche BesucherInnen und RednerInnen ein, um das Thema UnGleichheit zu besprechen. Gestern, am 3. September 2015, reihte sich in die Riege der Ökonomen auch die berühmte Vivienne Westwood ein – sie war eines der Highlights des begleitenden Kulturprogramms. Dabei sprach sie nur verwunderlich wenig über Kultur oder gar Mode, sondern vertrat in einer typisch opulenten, blau schimmernden Robe durchaus eine starke Meinung zum Thema Klimawandel, Finanzkrise oder MigrantInnen. 

Und: fand erstaunlich klare und einfache Aussagen. Im Grunde sieht sie die aktuelle Welt als financial game, bei dem auf der einen Seite die Banken als the faceless evil auftreten und auf der anderen Seite die Presse als Joker, als Mephistopheles ihren Beitrag zur Propaganda beiträgt, die uns Menschen davon abhält, gegen die Missstände zu rebellieren. Das Spiel wurde dabei eigentlich geschaffen, um Armut aufrechtzuerhalten beziehungsweise auszuweiten und Reiche immer reicher zu machen.  

Natürlich meint man zuerst, ihre Aussagen sind etwas zynisch, besonders für jemanden, der so offensichtlich auch im globalen Business verwebt ist und eine unheimlich erfolgreiche, internationale Modemarke führt. Worauf Vivienne Westwood natürlich auch angesprochen wird. – Doch auch hier schimmert der rebellische Geist durch, der Vivienne Westwood ausmacht: “Also in this case we have to change our values. Buy less, choose wisely!” Hinzu kommen Hinweise auf zahlreiche NGO’s, die sie unterstützt, und Kampagnen, die sie im Zuge ihres aufklärerischen Geistes lanciert. Auch hier bleibt die Westwood konkret: so etwa bei der zentralen Kampagne Politicians Are Criminals. 

Das hört sich meiner Meinung nach schon alles etwas punkig an. Und das von einer 74jährigen zu hören, ist sehr erfrischend. Auch wenn sie den Punk eigentlich nicht allzu sehr gemocht hat, das war gar keine happy time für sie. Heute hingegen fühle sie sich kräftiger und lebendiger denn je. Und das merkt man ihr an; obwohl keine ökonomischen Thesen von ihr kommen, so hat sie doch simple Vorschläge, damit jeder einzelne für sich die Welt ein bisschen ändern könnte, etwa: Stop using plastic! Auch eine Vivienne Westwood baut sich schließlich ihre Erdbeeren auf ihrem Dach in London an, weil sie sonst beim Erdbeerenkauf immer dieses böse Plastikschälchen mit kaufen muss. So kann man ja schließlich anfangen! 

Dass man nie zu jung ist, um politischer Aktivist zu sein, zeigt übrigens auch die T-Shirt-Linie, die Westwood mit Ehemann Andreas Kronthaler für Save the arctic entworfen hat. Die gibt’s auch als Babystrampelanzug. AWW!
In der Diskussion mit Vivienne Westwood kommt das Thema der UnGleichheit beim Forum Alpbach nochmals sehr gut auf einen Punkt; Während in den Seminaren und Debatten viel über den negativen Aspekt von Ungleichheit in der Welt gesprochen wurde, ist UnGleichheit als Lebenselixier, das bewusste Sich-dagegen-Stellen bei dieser rüstigen Dame als positiver Antrieb für Wandel und Vielfalt zu sehen. Insgesamt werden von ihr allerdings keine allzu guten Aussichten für den Zustand der Welt entworfen, auch was das aktuelle Thema der MigrantInnen angeht. Wenn es so weiter geht, we all gonna be migrants! Ein Satz, über den es sich nachzudenken lohnt.

Foto oben: Vivienne Westwood mit Ehemann Andreas Kronthaler und Moderatorin Clarissa Stadler

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