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March 20, 2024

ever & anon – ein Label am Puls der Zeit

Susanne Barta

ever & anon, das sind Carina Preschl und Sebastian Dittrich. Zuhause sind die beiden in Bad Wörrishofen in Bayern. Ihr nachhaltiges Mode-Label haben sie zu Beginn der Pandemie gegründet. Die alte englische Redewendung „ever & anon“ bedeutet „immer wieder“. Und das passt genau zu dem, was Carina und Sebastian sich für ihr Label vorgenommen haben. Sie setzen auf Recycling, einen möglichst geschlossenen Kreislauf, faire Arbeitsbedingungen, Transparenz und alles in allem auf einen ganzheitlichen Prozess Mode zu machen. Ich habe ever & anon über GREENSTYLE kennengelernt. Die präzisen Schnitte, die hochwertigen Stoffe und die schönen Designs haben mich gleich angesprochen. Carina ist gelernte Schneiderin, Schnitt-Directrice und hat lange in der Textilindustrie gearbeitet, bei ever & anon kümmert sie sich um die Prototypen, Materialien und die Produktion, Sebastian ist für Marketing, Kommunikation und Vertrieb zuständig, das Design machen sie gemeinsam.ever&anon_2 (c) DomininikMaierever & anon ist ein Label am Puls der Zeit. Ein Label, das vorangeht. Denn recycelt wird bisher viel zu wenig, weggeworfen aber viel zu viel. Nur zwischen 1 und 3 % unseres Textilabfalls kommt wieder in den Recycling-Kreislauf. Das ist beschämend wenig. Ever&Anon_4+5 (c) DomininikMaierCarina, ihr arbeitet mit wiederverwendeten Materialien. Wie aufwendig ist das denn?

Vor allem in der Beschaffung ist das wirklich schwierig. Aber wir wollten diese Herausforderung annehmen, da wir nicht zusehen möchten, wie die Müllberge, die weltweit herumliegen, immer größer werden. So kann es nicht weitergehen. Nur ein sehr kleiner Teil des Stoffangebots ist recycelt. Daher schauen wir erst, was wir an Stoffen auf dem Markt finden und überlegen uns dann, was wir daraus machen können. Es wird zwar von Jahr zu Jahr besser, aber die Auswahl ist immer noch sehr klein. Wir möchten auch so wenig wie möglich Polyester verwenden, das heißt wir suchen nach der Nadel im Heuhaufen, also recycelten Naturmaterialien. Da wir an Mindestabnahmen gebunden sind und das dann doch immer noch Stoffe sind, die neu hergestellt werden, haben wir begonnen, Deadstock-Ware dazuzunehmen. Das alles bedeutet viel Recherche, aber das Thema ist uns zu wichtig, als hier Abstriche zu machen. Recycelte Zutaten wie Knöpfe zum Beispiel bekommt man mittlerweile leichter. Die Textilindustrie muss hier aber insgesamt noch viel mehr in die Entwicklung investieren. ever&anon_5 (c) ever&anonFehlt es der Textilindustrie an Technologien, fehlt es am Willen zu investieren bzw. Profitmargen runterzuschrauben? Warum wird so wenig recycelt bisher?

Es ist sicher eine Kombination aus all dem. Ein Thema ist aber auch die Haltbarkeit der Textilien. Denn durch den Recycling-Prozess werden die Fasern verkürzt und halten weniger lang. Da wird gerade viel geforscht und entwickelt. In der Beschaffung sind diese Stoffe und Zutaten natürlich auch teurer und da ziehen viele Labels nicht mit. Auch ist das Thema noch zu wenig sichtbar. Ein Teil unserer Arbeit ist Aufklärung, weil vielen Leuten überhaupt nicht bewusst ist, wieviel Textilmüll ständig ensteht und welche Probleme das mit sich bringt. Oder vielleicht wollen sie es auch gar nicht wahr haben. Jedenfalls ist das Preisargument sehr schnell da. Ich denke mir dann manchmal, „kauf vielleicht nicht fünf Fast Fashion Teile, sondern einfach nur ein besser produziertes, nachhaltiges, das du gut mit deinen Sachen kombinieren kannst”. Ever&Anon_6+7 (c) DomininikMaierWas macht ihr mit euren Stoffresten?

Im Schnitt fallen bei einem neuen Teil ca. 20 % Zuschnittreste an. Auch das möchten wir zurück in den Kreislauf bringen und haben begonnen mit Experten auf diesem Gebiet zusammenzuarbeiten und das Thema für uns weiterzuentwickeln. Denn natürlich stellen auch wir neue Klamotten her, aber dafür soll von uns kein Müll übrig bleiben. 

Ihr setzt auf Nachhaltigkeit, Kreislauffähigkeit, faire Produktion in Deutschland. Geht sich das am Ende kostenmäßig aus?

Unser Label trägt sich noch nicht. Wir sind genau mit Corona gestartet. Damals in den Einzelhandel zu kommen, war fast unmöglich. Es ist zwar auch jetzt immer noch schwierig Händler von uns zu überzeugen, aber da bleiben wir dran. Ich betreibe neben dem Label noch ein Maßatelier und Sebastian arbeitet nach wie vor Vollzeit. Wir wissen, dass es Zeit braucht. Aber wir sind zäh und machen weiter. Ever&Anon_8+9 (c) DomininikMaierWie würdest du den Stil von ever & anon beschreiben?

Wir sind mit zwei Kollektionen pro Jahr gestartet, haben jetzt aber gemerkt, dass es besser zu uns passt, unsere bestehenden Kollektionen immer wieder mit neuen Teilen zu ergänzen. Die dann auch gut mit den bisherigen zu kombinieren sind. Ich würde unseren Stil als casual mit einem gewissen Extra beschreiben. Längere Tragbarkeit und Kombinierbarkeit sind uns wichtig, aber unsere Stücke kommen immer auch mit einem speziellen Touch.ever&anon_10 (c) ever&anonWas steht gerade an bei euch?

Wir haben eben unsere neuen Look-Books fertig gestellt und die Website upgedatet. Wir versuchen Einzelhändler für uns zu gewinnen und arbeiten weiter an Partnerschaften im Bereich Kreislaufwirtschaft. Auch einige neue Stoff-Ideen testen wir gerade. Wir schauen bei Pop-ups und Messen soweit als möglich dabei zu sein und unsere Sichrtbarkeit zu erhöhen. Wir sind auch mit Miet-Plattformen in Kontakt und möchten ein Reparatur-Service anbieten. Wir arbeiten also stetig daran, uns zu verbessern. Und Aufklärungsarbeit zum Thema Recycling ist natürlich immer ein Thema bei uns.

Beobachtest du einen Wandel in der Modeindutrie?

Die größeren Player müssen endlich begreifen, dass es so nicht weiter gehen kann. Weder für die Umwelt noch was Arbeitsbedingungen betrifft. Klar, sie sind in ihrem alten Fahrwasser drin und solange die Verkaufszahlen stimmen, wird sich wenig tun. Aber wir brauchen den Wandel der Großen. Ohne entsprechende Gesetze wird das nicht gehen. Viele der kleineren Labels haben schon gut verstanden, was es braucht und setzen es auch um. Aber leider kaufen noch viel zu viele Leute Fast Fashion. Das muss sich ändern.Ever&Anon_11+12 (c) DomininikMaierSchaut unbedingt rein auf die Website von ever & anon, alle Stücke sind genau und liebevoll beschrieben, woher die Stoffe kommen, ob sie zertifiziert sind, welche Besonderheiten das Stück hat. Hier auch ihr Instagram Ich habe mir bei GREENSTYLE auf der Heim + Handwerk letzten Dezember in München eine Sommerhose von ever & anon gekauft. Freu mich schon, wenn es draußen wärmer wird. ever&anon_13+14 (c) susanne bartaFotos: (1–4, 6-9, 11, 12) © Dominik Maier; (5, 10) © ever &anon; (13, 14) © Susanne Barta

>> Supported by CORA happywear (M), Kauri Store (M), Oberalp Group (XL), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin << 

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