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April 13, 2022
Ultra Fast Fashion und Fashion Revolution
Susanne Barta
Habt ihr den Begriff „Ultra Fast Fashion“ schon gehört? Mir ist er in den letzten Monaten immer wieder begegnet, in Podcasts, Artikeln und auf Online-Plattformen. Ultra Fast Fashion oder Super Fast Fashion ist jedenfalls die neueste Entwicklung einer sich immer rasanter beschleunigenden Modeindustrie.Als würde Fast Fashion nicht schon reichen. Mit all den Konsequenzen für die Umwelt und die Menschen, die sie herstellen. Eine neue Generation von Unternehmen lässt die Garde der Fast-Fashion-Giganten wie Inditex (Zara, Mango, Massimo Dutti …), H&M oder Primark geradezu alt aussehen. Die chinesische Brand Shein (wird Shien ausgesprochen), die britische Boohoo Group, der größte britische Online-Versandhandel Asos oder die ebenfalls britische Plattform PrettyLittleThing nehmen den bekannten Big Playern immer mehr Marktanteile weg. Ganz einfach, weil sie schneller sind, viel schneller. Und noch billiger. Die Ultra-Fast-Fashion-Unternehmen arbeiten ausschließlich online, die Looks werden nicht, wie wir das als übliche Fast-Fashion-Praxis kennen, von High Fashion Labels kopiert, sondern vor allem von Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok geholt. Und innerhalb von Stunden entworfen und produziert. Ständig neue Looks, rund um die Uhr. Kollektionen? Das war mal. Es wird nichts vorproduziert, kaum Ware gelagert, bei Shein ist die Produktion ausgelagert auf viele kleinere oder größere Fabriken. Andere wiederum wie etwa Boohoo produzieren in Europa, meistens zu sehr üblen Arbeitsbedingungen. Immer wieder sind in letzter Zeit britische Billig-Nähereien in die Schlagzeilen geraten. Die Qualität der Ultra-Fast-Fashion-Kleidungsstücke ist laut Recherchen katastrophal, aber das scheint keine Rolle zu spielen. Dafür ist für ständige Abwechslung auf super billige Art gesorgt. Erfolgreich können Shein und Co ja nur sein, weil die Nachfrage da ist. Und die scheint gigantisch zu sein. Wie ist das möglich??? Fast Fashion wurde und wird ja immer wieder mit dem Argument der Demokratisierung der Mode verteidigt. Hier geht es aber wohl nicht mehr darum, das Bedürfnis zu stillen, am Modegeschehen mit leistbaren Preisen teilzunehmen, hier geht es um exzessiven Konsum zu gänzlich unannehmbaren Bedingungen.Ich frage mich: „Bleiben alle Informationen, Berichte, Aufrufe, Aktionen zu Klimawandel, Ressourcenausbeutung, Menschenrechtsverletzungen, Auswirkungen unseres Konsumverhaltens etc. im Zusammenhang mit der Textil- und Modeindustrie nur bei einigen Wohlmeinenden hängen?“
Nächste Woche ist Fashion Revolution Week und am 24. April Fashion Revolution Day. Ihr erinnert euch? Die Plattform Fashion Revolution wurde 2013 nach dem Unglück in der indischen Textilfabrik Rana Plaza, bei dem viele Menschen getötet und verletzt wurden, in London von Cary Somers und Orsola de Castro gegründet. Die jährliche Kampagne der heute größten Mode-Aktivismus-Bewegung bringt in dieser Woche Menschen auf der ganzen Welt zusammen. Es geht vor allem darum, Bewusstsein zu schaffen, aufmerksam zu machen und nachzufragen, wer unsere Kleidungsstücke produziert und vor allem unter welchen Umständen. Das Hashtag #whomademyclothes? ist euch wahrscheinlich schon untergekommen. „Es gibt keine nachhaltige Mode ohne faire Bezahlung“, betont Fashion Revolution. Und weiter: „Während der gesamten Pandemie haben Modemarken Milliarden verdient, während die Mehrheit der Arbeiter*innen entlang der Lieferketten in Armut feststecken. Um dies zu ändern, fordern wir neue Gesetze, die Unternehmen dazu verpflichten, existenzsichernde Löhne zu bezahlen.“In vielen Veranstaltungen, Social-Media-Kampagnen und Posts rund um den Fashion Revolution Day und die Fashion Revolution Week tritt die Community gemeinsam für ein gerechteres und faireres Modesystem ein. Alle sind eingeladen mitzumachen! Und wie könnt ihr mitmachen? Am besten ihr folgt Fashion Revolution und Fashion Revolution Italia auf Instagram. FR bereitet gerade auch die Kampagne Good Clothes Fair Pay vor, da könnt ihr euch für den Newsletter eintragen und sobald die Kampagne startet, (sollte noch vor dem Sommer sein), sie mit eurer Unterschrift unterstützen. Und: Wenn ihr was Neues kauft, fragt einfach nach bei den Geschäften und Labels, wie eure Kleidungsstücke produziert werden. Und was tut sich in Südtirol? CORA happywear lädt am Mittwoch, dem 20. April ins Geschäft in der Vintlergasse in Bozen zu einem Nachmittag mit Workshop und Gesprächen ein, zum Thema „Who made my clothes?“. Gemeinsam mit der Eco-Social-Designerin Maria Pasqualini, ihr habt sie hier schon kennengelernt, könnt ihr ein altes Kleidungsstück in eine Einkaufstasche verwandeln. Der Workshop findet von 16 bis 18 Uhr statt. Also: Altes Kleidungsstück mitnehmen und einfach vorbeikommen. Daran anschließend sprechen Lisi Tocca und ich über die Herausforderungen einer fairen Lieferkette und dann gibt’s einen Umtrunk.oew und Weltladen zeigen in Zusammenarbeit mit dem Filmclub den Film „Made in Bangladesh“. Erzählt wird die Geschichte von Textilarbeiterinnen in Bangladesch, die versuchen für ihre Rechte einzustehen, eine junge Frau beschließt eine Gewerkschaft zu gründen … Anschließend gibt’s ein kurzes Gespräch zum Thema – in Neumarkt und Bozen bin ich dabei.
Das sind die Termine:
19.04.2022, 20 Uhr, Filmclub Neumarkt, Ballhaus
21.04.2022, 20 Uhr, Filmclub Bruneck, Kolping
22.04.2022, 20 Uhr, Filmclub Sterzing, Stadttheater
24.04.2022, 20 Uhr, Filmclub Brixen, Astra
28.04.2022, 20.30 Uhr, Filmclub Meran, Ariston
28.04.2022, 20 Uhr, Filmclub Bozen
29.04.2022, 20:30 Uhr, Bibliothek St. Ulrich/Gröden
Hier der Trailer:
Und wenn ihr mehr über Ultra Fast Fashion erfahren möchtet:
- Ein interessanter Artikel im Guardian
- Ein Bericht auf der Rating- und Info-Plattform Good on You
- Ein spannender Podcast von Clare Press auf „Wardrobe Crisis“
- Und noch ein Blogbeitrag von Sustainabilady
Fotos: (1) © Studio Panoulis/Fashion Revolution; (2) © Rio Lecatompessy/Unsplash; (3) © Francois le Nguyen/Unsplash; (4) © Edwardu/Unsplash; (5) © Andrej Lisakov/Unsplash; (6) © Frankie Jones The Label/Fashion Revolution; (7) © Francois le Nguyen/Unsplash; (8) © Greenality/Fashion Revolution; (9, 10) © Fashion Revolution
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