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November 19, 2021

24 h. wir bleiben wach

Kunigunde Weissenegger

Warum nicht? Warum nicht genau so? Warum nicht genau so wie sie? Vierundzwanzig Stunden wach. Vierundzwanzig Stunden in Bereitschaft. Vierundzwanzig Stunden im Dienst. Vierundzwanzig Stunden Betreuung. Vierundzwanzig Stunden attenti stehen. Vierundzwanzig Stunden auf der Hut sein. Vierundzwanzig Stunden abrufbar. Vierundzwanzig Stunden angespannt. Vierundzwanzig Stunden. Vierundzwanzig Stunden. Vierundzwanzig Stunden. Vierundzwanzig Stunden unverzichtbar. Vierundzwanzig Stunden prekär. 

Warum soll ich das aushalten? … Wie lange soll … man muss schon … natürlich sehe ich … dann habe ich mich doch beruhigt … ich habe nachgedacht … ich habe mich eingesperrt gefühlt wie ein Tier … 
Carolina Schutti, Schriftstellerin 

Unter prekären Bedingungen arbeiten 24-Stunden-Betreuer*innen nicht nur in Österreich. Und prekär ist auch die Lage jener Menschen, die diese Form der Unterstützung dringend brauchen. Betroffen sind außerdem die An- und Zugehörigen der Betreuten. Beteiligt an dem gesamten System sind noch viele andere Akteur*innen, die es prägen, gestalten, aushalten oder nutzen. 

Kümmern ist nicht Arbeit. Pflege ist nicht Arbeit. … Ob wir in unseren Familien drauf gehen, ist nicht relevant. …
Markus Köhle, Schriftsteller

Heute, Punkt 11 Uhr, am 19. November haben sie losgelegt, stehen auf der Bühne, stellen Fragen, erklären, zeigen auf, musizieren, performen, hinterfragen, lesen, lachen vielleicht, blicken zurück und nach vorn … bis morgen, Samstag, 20. November 2021 um 11:00 Uhr. 

Die multimediale Performance „24 h. wir bleiben wach.“ im BRUX Freies Theater Innsbruck in Innsbruck richtet die Aufmerksamkeit der Zuschauer*innen auf die prekäre Lage von 24-Stunden-Betreuer*innen, Betreuten sowie An- und Zugehörigen. 24 Stunden im Bereitschaftsdienst sind Künstler*innen, Kulturakteur*innen, Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen, Praktiker*innen und das Publikum. 

Der Patient, der betreut wird, ist kein Mensch, sondern das österreichische System der 24-Stunden-Betreuung. 24 Stunden durchgehend, um bewusst an die Grenzen der Belastbarkeit von Künstler*innen und Publikum zu gehen. Hier der 24-stündige Programm- bzw. Betreuungsablauf.

Warum fällt es uns so schwer Hilfe anzunehmen, warum schämen wir uns und haben Schuldgefühle dabei?
Warum werden unterstützungsbedürftige Menschen und die Sorgenden einem neoliberalen freien Markt ausgesetzt?
Warum haben wir Sorge, die wesenhaft ein unverfügbares Beziehungsgeschehen ist, auf den Status einer Ware oder eines Produkts reduziert?
Warum wälzen wir die Sorgelast unbezahlt und versteckt sowie schlecht bezahlt als Beruf noch immer auf die Frauen ab?
Warum werden wir als Bürger*innen zu Bittsteller*innen und haben nicht ein Recht auf Care?
Warum müssen Pflegende und Betreuende um ökonomisch und menschlich angemessene Arbeitsbedingungen kämpfen?
[…]
Klaus Wegleitner, Soziologe

Zu sehen ist das „TKI open 21“-Projekt von Sonja Prieth und Klex Wolf (WortKlangWelt) und Sarah Milena Rendel (Verein Soliarts) auch im Livestream auf Youtube, Radio Freirad und Radio Helsinki übertragen 24 Stunden lang live.

Schaltet ein! Bleibt wach! (und wachsam)

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