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May 17, 2023
„New“ Pieces in my Closet
Susanne Barta
Vor kurzem habe ich bei Slow Fiber auf Instagram gelesen, dass jeder Europäer im Durchschnitt 26 kg Kleidungsstücke pro Jahr kauft, davon 11 kg wieder wegwirft, nachdem die Stücke 7- bis 8-mal getragen wurden. Nur 13 % davon werden wiederverwendet oder recycelt. Auch wenn das bei der einen oder dem anderen etwas mehr oder weniger ist: dass soviel nach kurzer Zeit entsorgt wird, macht nachdenklich. Kommt das vor allem daher, dass (Ultra) Fast Fashion so billig ist? Oder dass sich immer noch viele leisten können, gewohnheitsmäßig viel zu viel einzukaufen? Dass immer noch „normal“ zu sein scheint, sich jede Saison mit neuen Stücken einzukleiden? Es ist wohl ein Mix aus unterschiedlichen Gründen. Aber eine mangelnde Wertschätzung für Kleidungsstücke und ihren Herstellungsprozess zieht sich wie ein roter Faden durch. Nur so sind diese Zahlen zu erklären.
Kaum eine Nachrichtensendung, Gespräche unter Freund*innen/Bekannten derzeit, die sich nicht auch um den rasanten Anstieg der Lebenshaltungskosten, um die Inflation drehen. Auch bei Leuten, die das bisher kaum bis nicht thematisiert haben. Aber noch immer scheint (sehr) viel Geld in Klamotten rauszufliegen, die dann wenig bis kaum getragen werden. Oder habt ihr das Gefühl, dass sich unser Konsumverhalten bereits den veränderten Lebensbedingungen angepasst hat? Ganz zu schweigen von den Klimawandel-Herausforderungen? Noch rauschen die Quartalszahlen der Fashion-Giganten durchwegs nach oben. Und es wird nach wie vor in immer schnellerem Tempo immer mehr produziert. Das ist nur möglich, weil entsprechend viel gekauft wird.Ich habe heuer im Januar begonnen, aufzuschreiben, was in meinen Kleiderschrank „neu“ einzieht. Einiges habe ich gekauft, fast nur Secondhand, einiges bekommen, einiges getauscht. Verschriftlichen ist eine gute Sache habe ich gemerkt. Einige Stücke sind bereits zu Lieblingsteilen geworden. Kleiderschrank-Leichen produziere ich kaum mehr welche. Aber manchmal kaufe ich Secondhand Teile nur, weil das Stück so besonders oder Schnitt und Stoff so schön sind. Manches wandert länger in den Schrank als mir lieb ist oder wird nicht so oft getragen, wie ich mir das vornehme. So kommt doch einiges zusammen. Ich bin sicher keine Minimalistin, ich mag Auswahl und Abwechslung in meinem Kleiderschrank. Und da ich mich sehr intuitiv nach Lust und Laune kleide, nicht nach Konzept oder Farbskalen, trage ich bestimmte Kleidungsstücke zu bestimmten Zeiten öfters, dann länger bis lange nicht, dann ziehe ich sie wieder heraus. Dazu kommt: Die Bedürfnisse und der Körper verändern sich, auch die Lebensumstände sind nicht in Stein gemeißelt.
In der Mai-Ausgabe einer zugegebenermaßen nicht sehr hochwertigen Mode-Zeitschrift wurde die „Drei-Wort-Methode“ empfohlen. Sie könne dabei helfen, den eigenen Stil zu finden und so Anziehen und Einkaufen leichter zu machen, vor allem Fehlkäufe zu vermeiden. Die Methode geht so: Das erste der drei Adjektive beschreibt die Stücke, die man besonders oft herauszieht. Also reinschauen in den Kleiderschrank und diese Stücke rausholen und einen Begriff dafür finden. Also zum Beispiel „casual“. Das zweite beschreibt, wie wir aussehen wollen – es soll die Richtung vorgeben, in die es gehen soll. Zum Beispiel „elegant“. Und das dritte ist das „emotionale“ Wort und beschreibt, wie man sich beim Tragen fühlen möchte. Zum Beispiel „sexy“. Ich komme da nicht wirklich auf einen grünen Zweig bei mir. Was mir einfällt: Bequem, androgyn, casual, manchmal sportlich, manchmal elegant, klassisch mit Twist, manchmal farbenfroh, manchmal zurückhaltend, manchmal mutig, manchmal verspielt, gerne Prints wie Streifen, Animal, Military, manchmal Rüschen und große Krägen, manchmal schlicht, manchmal oversized, manchmal soft, manchmal kantig, lieber Hose als Rock und Kleid, sehr gerne Anzüge, manchmal viele, manchmal kaum Accessoires … Einiges kann ich ausschließen: no bodycon, nicht zu eng, zu kurz, keine zu offensichtlichen Trends, kein Marken-Show-Off. Und was ich gar nicht mag: sich verkleidet zu fühlen. Also am ehesten ein Mix aus alt und neu(er), easy mit Twist und ein bisschen was von vielem. Wie seht ihr das für euch?
Für diesen Artikel habe ich nun einige Stücke gestylt, die „neu“ in meinen Kleiderschrank eingezogen sind und bei denen ich sehr froh bin, dass sie eingezogen sind. Das einzige gemeinsame Stichwort, das mir zu den Teilen einfällt ist „bequem“. Dieses handbestickte Secondhand-Sweatshirt von Odisséia Lisboa habe ich in Lissabon gekauft. Nach dem Interview mit den Gründerinnen Carla und Vitoria. Odisséia Lisboa ist ein kleines, feines Upcycling-Projekt, das ich via Instagram entdeckt habe. Den Artikel dazu findet ihr hier. Das Wetter war ziemlich wechselhaft, ich hatte keinen Pullover dabei und dieses weiße Sweatshirt hat es mir gleich angetan.
Sweatshirt > Odisseia Lisboa
Hose > Dawn Denim – Dawn Denim gibt’s jetzt auch bei Less is More in Naturns.
Schuhe > Secondhand Easy Shop Tscherms; Leidlieb Pfattner hat sie mir geschenkt im Rahmen der Styling Secondhand Story. Ich liebe Schuhe mit Keilabsatz!!!
Sonnenbrille > Amaury x HomecoreDiese Sommerhose habe ich vor kurzem beim Secondhandmarkt Kleiderei in Gargazon gefunden. Ebenso den oversized Männer-Blazer. Da gibt’s auch noch eine Hose dazu, aber die muss etwas raufgenäht werden. Der Markt findet zweimal jährlich in einem privaten Garten statt. Sehr zu empfehlen.
Hose > Secondhand Max Mara/Kleiderei
Blazer > Rifinito a mano/Kleiderei
Brosche > die Blume war Teil einer Haarspange von Caro Editions, die ging aber kaputt und so habe ich die Blume umfunktioniert als Brosche.
T-Shirt > ausgemustertes Unterhemd meines Vaters
Gürtel > Secondhand Bogner
Keilabsatz-Sandalen > Easy Shop Tscherms
Ohrringe > Annika de HaenHier die Max-Mara-Hose nochmals anders gestylt:
T-Shirt > Sofia Coppola x Uniqlo, dem (satirischen) Spruch „Lets go Shopping“ der auf Coppolas Film „The Bling Ring“ anspielt, ließ ich von sachkundiger Hand ein „Not“ hinzufügen.
Ballerinas > Arket, vom Schuster gerade neu besohlt
Military Jacke > Secondhand
Sonnenbrille > Amaury x Homecore
Gürtel > Secondhand
Clutch > Zilla
Erinnert ihr euch noch an den blauen Anzug, den ich mir im Kostümverleih der VBB ausgeliehen habe? Hier geht’s zur Story. Die Hose hat mir so gut gefallen, dass ich Johanna Finger gebeten habe, sie mir nachzuschneidern. Sie hatte vor einiger Zeit einen Cord-Stoff am Flohmarkt gefunden und er schien uns passend für die Hose.Hose > Johanna Finger/Artelier
Top > Arket
Bomber > Violeta Nevenova
Schuhe > Secondhand
Ohrringe > Secondhand Kleopatra
Und zum Abschluss nochmals eine Hose. Violeta hat sie mir zum Geburtstag geschenkt.Hose > Violeta Nevenova
Top > Koché
Stilettos und Blazer > Archive Koché
Meine saisonale Kleider-Umräume-Aktion ist nun auch mehr oder weniger abgeschlossen. Wobei ich den ein oder anderen Pullover, die ein oder andere Jacke wieder herausgeholt habe, da das mit dem Frühling einigermaßen unstabil ist. Beim Zusammenstellen dieser Looks habe ich wieder gemerkt, wieviel Spaß es mir macht, neue Kombinationen auszuprobieren und Stücke, die ich schon lange habe, mit welchen, die noch nicht so lange bei mir sind, zu stylen. Das nächste „Shop my Closet“-Styling wird also nicht allzu lange auf sich warten lassen.
Zum Schluss noch ein Hinweis: Am Freitag 19. und Samstag 20. Mai findet in Brixen die Upcycling Convention Upcon IV statt. Mit einem abwechslungsreichen Programm von Konferenz bis Markt. Alle Infos findet ihr hier. Wird sicher interessant.
Alle Fotos © Susanne Barta
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