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August 29, 2016
Die Terrasse des Friedens: Benny von Spinn über seinen Bunker
Katja Telser
Zufällig komme ich gleichzeitig mit Benny am Bunker Nr. 23 oberhalb von Tartsch an. Als erstes wird die Musik angemacht: „Deis brauch i iatz.“ Das Mischpult und die unzähligen CDs verraten schon, dass Musik ein wichtiger Bestandteil in seinem Leben ist. Ausserdem erwartet er den ehemaligen Journalisten und „Marillenpapst“ Martin Fliri Dane, welcher später auf einen Pfifferlingsrisotto vorbeikommen wollte. Nachdem er den Herd vorbereitet hat, erzählt er mir mehr über seinen Bunker.
Schon als er seinen Militärdienst leistete, fand Benny von Spinn Gefallen an dem Bunker mit der Nummer 23. Nebenbei arbeitete er als DJ, und war dadurch „bekonnt wia a bunter Hund“. Da er wusste, wie man in den Bunker einzusteigen hatte, verbrachte er dort mit Mädchen, samt Kassettenrekorder und Kerzen einige Abende.
Später schrieb der Laaser einen Brief an den Regierungskommissar in Rom, in dem er schilderte, dass er an dem Kauf des Bunkers interessiert sei. „I hon mir gedenkt: Koschtet jo lei des Briafmarkl; schaugn mr mol, wos er sog.“ Nach vierzehn Tagen erhielt er tatsächlich eine Antwort. Auf diplomatischer Ebene sei man bestrebt, die EU zu gründen. Sollte es einmal so weit sein, hätte der Staat kein Interesse mehr an dem Bunker. Infolgedessen werde er an das Land zurück erstattet. Benny von Spinn solle sich früh genug an das Vermögensamt in Bozen wenden und sie darüber informieren, „dass sou a Spinner in Vinschgau oubm an Bunker kafn mecht.“
2005 flatterte schließlich ein Brief von der Provinz Bozen-Südtirol ins Haus: Man sei in Kenntnis gesetzt worden, dass dreißig Bunkeranlagen im Vinschgau frei sind. Benny von Spinn solle ankreuzen, an welchem er interessiert sei. Das Procedere nahm seinen Lauf, bis im Jahr 2007 schließlich alle Verträge abgeschlossen waren.
Seither ist der Bunker samt drei Viertel Hektar in Benny von Spinns Besitz. Der Wohnwagen, der aus der Außenwand ragt, ist sein Zuhause. Benny hat über die Jahre hinweg mehrere Male um die Genehmigung von Projekten angesucht. Dadurch, dass das Gebiet geschützt ist, wurden allesamt von der Landschaftsschutzkommission abgelehnt.
Letztes Jahr kam ihm zusammen mit dem Künstler Othmar Prenner die Idee, auf dem Bunker eine Friedensterrasse entstehen zu lassen. Anlass dafür war das 70-jährige Friedensjubiläum seit dem Zweiten Weltkrieg. Dabei soll der Bunker nicht verändert, sondern vielmehr das Beste aus ihm herausgeholt werden. – Dieses Projekt würde die Provinz nicht ablehnen können.
Grundsätzlich soll ein Ort für Kunst- und Kulturevents, Ausstellungen, Konzerte und hin und wieder „kulinarische Ausnahmen“ entstehen. Lizenz will Benny von Spinn jedoch keine; die Veranstaltungen werden geschlossen als eine Art „Vereinsclubbing“ stattfinden. Im Inneren des Bunkers entsteht zurzeit eine Art Wohnzimmer, ein Speck- und Käsekeller und mehrere kleine Zimmer für Gäste, die länger bleiben.
Die Friedensterrasse erstreckt sich über den ganzen Bunker. Die Bretter des Zauns, die die Terrasse umschließen, symbolisieren durch ihre unterschiedliche Höhe das Lied „Give Peace a Chance“ von John Lennon. – Bei einem „Flaschl Wein“ haben sie entdeckt, dass die Waveform der Audio-Schwingungen jenes Liedes genau für die Länge des Zauns ausreicht. „Sem sein ins die Zachn kemmen, ober echt wohr.“
Ein runder Tresen – mit den herabhängenden Sesseln des alten Kanzelliftes in Sulden als Barhocker – bildet das Herzstück. „Do konnsch asou a bissl chilln.“ Hier sollen einmal Kletterpflanzen gedeihen. Die „Brennate Liab“ (besser bekannt als Geranie) schmückt ebenso die Terrasse. Diese wurde bei der Südtiroler Option im Zweiten Weltkrieg für Propagandazwecke der OptantInnen wie auch der DableibeInnen eingesetzt. Darüber hinaus pflegt der Bunkerbesitzer einen Kräutergarten und plant, einen Weinberg anzulegen. Sein grüner Daumen ist dabei, einen großen Garten auf und um den Bunker zu schaffen.
Benny von Spinn ist bereits fleissig dabei, den Risotto zuzubereiten, als ich Martin Fliri Dane kennen lerne und wir in den alten Kanzellift-Sesseln sitzend über seine Zeit als Vinschgau-Korrespondent sprechen und seine Bestrebungen, eine neue Marillensorte zu züchten. Mittlerweile sind weitere Gäste gekommen. Schon öfters hätten sich solche Abende zu einer „kloanen Fete“ entwickelt: „Bis zum Schluss isch man holt bis z’Morgatz do.“ Vielleicht ist das an diesem Abend auch so.
Titelfoto: Benny an seinem Mischpult (c) Benny von Spinn. Artikelfotos: Bunker von außen (c) Benny von Spinn; die Terrasse des Friedens (c) franzmagazine/Katja Telser; Theke mit den alten Kanzellift-Sesseln (c) franzmagazine/Katja Telser.
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