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November 14, 2024
„Der Dialekt ist meine intuitivste Sprache.“ Brigitte Knapp und ihr „verwurzelt & versteinert – GsichterGschichtn“
Verena Spechtenhauser
Erzählbände lese ich am liebsten in Happen. Manchmal verschlinge ich drei, vier oder fünf Kurzgeschichten hintereinander, dann wieder ist mein literarischer Appetit – um bei dieser Metapher zu bleiben – nach wenigen Seiten gestillt. In den letzten Wochen habe ich mich auf diese Weise auch durch den neuen Erzählband von Brigitte Knapp gelesen, geschaut und gehört. Die Autorin, Sängerin, Schauspielerin und Regisseurin hat mit verwurzelt & versteinert – GsichterGschichtn (Edition Laurin,2024) ein herrlich vergnügliches Buch veröffentlicht, in das sie nicht nur Prosa in deutscher Sprache und Lyrik im Südtiroler Dialekt geschrieben hat, sondern in dem sich auch Fotos von Gesichtern, die sie im Laufe der Zeit in Felsen oder Wurzeln entdeckt und fotografiert hat, wiederfinden. Als Bonus-Material erhält die Leserin „Gsichter-Melodien“, die von Musiker und Komponist Daniel Faranna arrangiert wurden, anzuhören über Barcodes im Buch.
Ich bin keine Literaturkritikerin, ich kann nur schreiben, was ich beim Lesen denke und fühle. Ich fand einzelne Geschichten fantastisch, andere wieder direkt aus dem Leben gegriffen, über manche habe ich länger nachgegrübelt, über einige geschmunzelt und bei anderen zustimmend genickt. Nicht alle konnten mich begeistern, das geht mir bei Kurzgeschichten aber meistens so. Der gemeinsame Nenner zwischen all den unterschiedlichen Geschichten und Gedichten ist für mich die Kritik an der Gesellschaft und die Suche nach dem Glück. Die „Gsichter-Melodien“ selbst empfinde ich als eine gelungene Ergänzung, die auch ganz wunderbar für sich alleine funktionieren. Etwas unter gehen für mich persönlich die Fotografien, vielleicht hätte ich sie mir in Farbe gewünscht.
Buch und Musik wurden am 13. November 2024 bei Kunst Meran Merano Arte im Rahmen der Sprachspiele/Linguaggi in gioco als „GschichtnKabarett“ dem Publikum zum ersten Mal vorgestellt. Brigitte Knapp hat sich kurz davor noch die Zeit genommen und mir ein paar Fragen beantwortet. Danke dafür, Brigitte.
Fotografie oder Text, was war zuerst da? Oder anders gefragt: Was hat dich zu diesem Buch inspiriert?
Zuerst war immer die Fotografie da. Beim Wandern (aber auch sonst) entdecke ich andauernd Gesichter in Dingen, Naturgebilden. Mit der Idee, sie zu fotografieren und Geschichten über sie zu schreiben, ging ich schon länger schwanger und vor gut drei Jahren habe ich das Projekt dann begonnen.Deine Texte und Fotografien wurden von Daniel Faranna vertont. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Bei meiner Auseinandersetzung mit einigen der Fotografien entstanden in meinem Kopf auch Melodien und Textfragmente. Ich habe sie ausgearbeitet zu vollständigen Liedern und dann aufgenommen. Danach habe ich mich getraut, Daniel zu fragen, ob er auf diese Zusammenarbeit Lust hätte. Daniel und ich wir kannten uns vom Improtheater Carambolage und ich schätze sein Können auf so vielen Instrumenten, wusste dass er auch singen und jodeln kann und vermutete, dass er auch in dieser Art neuen Volksmusik irgendwie zuhause sein könnte. Daniel hat meine Melodien dann arrangiert und auskomponiert. Es war eine sehr intuitive und gute Zusammenarbeit und für mich toll zu erleben, wie die Lieder wuchsen und mehr und mehr Format bekamen.
Die Liedertexte, die, so finde ich, auch als Gedicht gelesen werden können, sind im Südtiroler Dialekt verfasst. Warum?
Der Dialekt ist meine intuitivste und ehrlichste und direkteste Sprache. Und ich finde ihn auch sehr poetisch und melodisch.
Mit Buch und Musik begibst du dich nun auch auf eine kleine Tournee. Worauf können wir uns freuen?
Bei unseren Auftritten verpacke ich Lesung und Konzert in eine kleine theatrale Rahmenhandlung. Zu sehen sind dabei auch Videos zu einigen Liedern, die von Stefan Ghedina gemacht wurden, außerdem die Projektbegleitende Hör-Bilderausstellung.
Service-Hinweis: Weitere Auftritte von Brigitte Knapp und Daniel Faranna folgen am 29. November 2024 in der Bibliothek Sand in Taufers, am 17. Jänner 2025 in der Dekadenz in Brixen, am 22. Februar 2025 in der Carambolage Bozen und am 3. April 2025 im Stadttheater Bruneck. Außerdem kann man die Performance der beiden als Hauskonzert im Rahmen der Auktion des Südtiroler Künstlerbunds (SKB), die heuer am 29. November stattfindet, ersteigern. Die Musik zum Buch könnt ihr euch hier anhören.
Fotos: verwurzelt&versteinert, BrigitteKnapp, Daniel Faranna (c) praia photo
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