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September 6, 2024

„Ich bin ehrlich …“
½ Mittag – Literatur im Lesehof

Verena Spechtenhauser

Vorletzte Woche habe ich euch hier auf die anstehenden Literaturevents im Spätsommer hingewiesen. Ab diesem Wochenende reiht sich eine weitere literarische Veranstaltung in die Liste der Ankündigungen ein. An drei aufeinanderfolgenden Samstagen – nämlich am 7., 14. und 28. September – findet jeweils um 10:00 und bei freiem Eintritt in der Landesbibliothek Teßmann in Bozen in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Autor*innenvereinigung SAAV die Lesereihe ½ Mittag – Literatur im Lesehof statt. Die mittlerweile neunte Ausgabe, diesmal kuratiert und moderiert von Poetry-Slammerin Eeva Aichner und Schriftsteller, Musiker und Performancekünstler Matthias Vieder steht heuer unter dem Motto Umschreibungen

Ich bin ehrlich. Wenn ich mich selbst vor die Wahl stelle, einen Samstagvormittag mit Buch und Kaffee im Bett oder wahlweise auf der Hängematte im Garten zu verbringen oder auf eine literarische Veranstaltung zu gehen, dann werde ich mich wohl in den meisten Fällen für Option Nummer 1 entscheiden. Das Vorurteil des introvertierten Bücherfreaks erfülle ich zu hundert Prozent. Die Bücher, die ich mir an diesen Vormittagen zu Gemüte führe (während ich meinen beiden Söhnen nur wenig Beachtung schenke, Achtung! Zwinker Rabenmutter?), sind meistens der Sparte mittelleichte U-Literatur (für mich übrigens kein Schimpfwort, falls ihr die Debatte verfolgt) zuzuordnen. Ich lese, was mich glücklich macht – meist finde ich Tipps auf Instagram oder in Podcasts von Bookstagrammer*innen – und nicht, was mir das Feuilleton in seinem Elfenbeinturm vorgibt. (Ok, ich merke, ich schweife ab. Ich könnte diesen Absatz jetzt mit einem Klick wieder löschen, das mache ich aber nicht, ich finde das kann ich schon so stehen lassen.)

Jedenfalls, wem von euch es genauso geht wie mir, dem kann ich sagen: Die Lesereihe ½ Mittag – Literatur im Lesehof schafft es dann doch regelmäßig, mich aus meiner Komfortzone nach Bozen zu holen. (Eben auch, weil es meiner persönlichen Meinung nach in Südtirol zu wenig Angebot für literaturinteressierte Menschen gibt. Und ich mir zwischendurch auch weniger anspruchsvolle Veranstaltungen von Herzen wünschen würde, ein guter Mix wäre schon toll! Womit ich den Bogen zum Thema der mittelleichten U-Literatur doch noch schlage.) 

Die Frage, wie sich historische lyrische Texte samt Inhalten literarisch in die Gegenwart holen lassen und inwiefern die darin behandelten Themen wie Liebe, Heimat oder Glaube heute noch oder wieder aktuell sind, ist reizvoll und ich bin doch wirklich gespannt zu hören, welche unterschiedlichen Zugänge die über einen Open Call eingeladenen Autor*innen in insgesamt fünf Sprachen finden werden. Die drei hierfür zur Bearbeitung ausgeschriebenen Texte bzw. ihre Umschreibungen werden an den kommenden drei Samstagvormittagen vorgestellt und anschließend in Podiumsdiskussionen bei Kaffee und Brioches besprochen.

Freut euch etwa am 7. September über die vielgestaltige Dekonstruktion von Katja Renzler, Leah Maria Huber und Helga Maria Gorfer des Liedertextes zum Bozner Bergsteigermarsch „Wohl ist die Welt so groß und weit (Karl Felderer, 1926). Wie kann, darf oder muss man heute über Heimat schreiben? Am 14. September hingegen präsentieren Lorena Pircher, Norbert Mayr und das Autorinnenduo Michaela Grüner und Sonja Hartner ihre Umschreibungen des Liebesgedichts „Frölich zärtlich lieplich und klärlich, lustlich stille leise“ (Oswald von Wolkenstein, um 1400). Sind Liebesbekundungen solcher Art aus der Zeit gefallen? Zum Abschluss am 28. September steht der „Cantico delle creature (Franz von Assisi, um 1225) auf dem Programm. Mögliche Antworten auf die Frage, wie eine derartige Hymne im Jahr 2024 beschafft sein kann, liefern mit ihren Umschreibungen Davide Goldner, Gregor Biberacher und Laura Giovannini.

Bild: SAAV

 

 

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