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May 22, 2024

„Und du denkst immer noch, wir brauchen keinen Feminismus?“ – Mirjam Hellrigl

Susanne Barta

„Fast Fashion fördert Hungerlöhne, Überstunden und Diskriminierung, vor allem für Frauen.“ „132 Millionen Mädchen weltweit haben keinen Zugang zu Bildung.“ „Sexuelle Belästigung betrifft 94 % aller Frauen.“ „13 % weniger verdienen Frauen durchschnittlich für die gleiche Arbeit in der EU.“ Diese und weitere Statements konnte man auf dem Laufsteg lesen, den die junge Meraner Designerin Mirjam Hellrigl für ihre Modenschau im Meranerhof letzten Freitag ausgelegt hat. Sofort wird klar: Mode ist auch politisch. Nicht selten wird sie ja gerne als hedonistische Frauensache abgetan. Mode ist natürlich auch Selbstausdruck und Spiel, aber sie ist eingebettet in ein gesellschaftlich-wirtschaftliches System, das ungerecht und leider sehr oft auch ausbeutend ist. Ca. 80 % der weltweit in der Textilindustrie Beschäftigten sind weiblich, sie leiden besonders unter diesen Praktiken. Ihren feministischen Standpunkt als Designerin hat Mirjam von Anfang an klar gemacht. So wie sie arbeitet und was sie über ihre Mode transportiert.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_2-3 (c) thomas zelgerDer Name ihres Labels Überfliegerin ist eine Hommage an die Flugpionierin und Frauenrechtlerin Amelia Earhart. Sie setzte sich zeitlebens über gesellschaftliche Grenzen hinweg und unermüdlich für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Mirjam verbindet in ihrer Arbeit nachhaltiges Design mit feministischen Botschaften, die Bewusstsein schaffen sollen. Auch versucht sie aufzuzeigen, wie vielseitig nachhaltige Mode sein kann. Produziert wird alles in Handarbeit in Meran, aus bereits vorhandenen Materialien. Ihre upgecycelten Stücke erzählen jedes für sich eine eigene Geschichte.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_4-5 (c) thomas zelgerDer Abend stand unter dem Motto „Nachhaltig – Lokal  – Fair”. Gewidmet war er der Samburu Girls Foundation – alle freiwilligen Spenden gehen an dieses Schutzzentrum für Mädchen in Kenia, die weniger Glück hatten als wir.

Die Gründerin der Foundation Josephine Kulea, eine Frauenrechtlerin aus Kenia, setzt sich seit Jahren vehement und unermüdlich für Mädchen in ihrer Heimat ein, schützt sie vor Zwangsheirat, sexuellem Missbrauch und Genitalverstümmelung. Praktiken, die zwar gesetzlich verboten sind, aber immer noch verbreitet sind. Die Samburu Girls Foundation wurde 2011 gegründet und hat seitdem über 1.100 Mädchen gerettet, unterstützt sie und fördert ihre Bildung, um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_6-7 (c) thomas zelgerMirjam, was hat dich zu dieser Benefiz-Modenschau bewogen?

Ich habe die Möglichkeit erhalten, eine Modenschau zu veranstalten, und es war mir sehr wichtig, dieser Veranstaltung einen tieferen Sinn zu geben. Ich wollte meine Leidenschaft für Mode mit einem guten Zweck verbinden und die Aufmerksamkeit auf wichtige soziale Themen lenken. Durch die Benefiz-Modenschau bekam ich die Chance, beides zu vereinen. Besonders überrascht hat mich, wie viele Menschen, vor allem auch junge, mich bei dieser Veranstaltung ehrenamtlich und sehr motiviert unterstützt haben. Das hat mich wahnsinnig gefreut und mir viel Mut gemacht. Ich bin dankbar für ihre Begeisterung und ihr Engagement.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_8-9 (c) thomas zelgerIn deine Designs integrierst du immer wieder feministische Botschaften, was ist dir da wichtig zu transportieren?  

Es geht mir darum, aufzuzeigen, was alles noch falsch läuft. Ich beschäftige mich vor allem mit Themen wie Gewalt gegen Frauen. Aber auch Gleichberechtigung, Respekt, Toleranz, Akzeptanz, Menschenrechte und Weltoffenheit liegen mir sehr am Herzen und finden immer wieder Platz in meinen Siebdrucken. Da ist leider auch bei uns in Südtirol noch viel Luft nach oben und das, obwohl wir uns auf der Sonnenseite der Erde befinden. Bewusstsein zu schaffen und Denkanstöße zu geben, ist entscheidend, um alte Muster aufzubrechen und zu hinterfragen.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_10 (c) thomas zelgerWas heißt es heute für eine junge Designerin, die nicht konventionell arbeiten möchte, Mode zu machen? Braucht es viel Durchhaltevermögen?

Definitiv. Besonders in Südtirol war der Gegenwind zu Beginn besonders stark, was meine Willensstärke auf die Probe gestellt hat. Zum Glück bin ich mit viel Sturheit gesegnet, das hilft ungemein. Besonders wenn man sich wie ich klar positioniert. Es erfordert viel Kreativität auf allen Ebenen, Mut und Durchhaltevermögen, um gegen den Strom zu schwimmen und unkonventionelle Wege zu gehen. Aber es ist immer wieder aufs Neue ein unbeschreibliches Gefühl, die eigenen Ideen zu verwirklichen und einzigartige Kreationen zu schaffen.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_11-12 (c) thomas zelgerEs war ein sehr gelungener Abend. Wunderschöne Kleider, viele begeisterte Leute, gute Stimmung und für die Foundation ist auch bisschen was zusamengekommen.

Mirjam hat mich gebeten, die Veranstaltung einzuleiten, sie hat mir dazu ein T-Shirt genäht, unter dem Druck steht: for an open-minded world. Genau das brauchen wir. Und die Entschlossenheit, Ungerechtigkeiten aufzuzeigen, gegen sie vorzugehen und gerechtere Lösungen zu finden. In der Mode wie auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen.Überfliegerin fashionshow_mirjam_hellrigl_13-14 (c) thomas zelgerDie Veranstaltung wäre nicht möglich gewesen ohne die tatkräftige Unterstützung von vielen freiwilligen Helfer*innen. Mirjam bedankt sich bei Verena Kofler und Simon Abler von der Werbeagentur „Die Farm”. Für die Fotos bei Thomas Zelger, fürs Licht bei Stefan Miglioranza, für Licht und Video bei Jana Rizzoli, für das Make-up bei Anna Marasco, für die Frisuren bei Graziella De Toffel und bei allen Models. Und besonderes bei der Familie Eisenkeil-Waldner vom Meranerhof. 

Mehr über Mirjam auf meinem Blog könnt ihr hier lesen. Hier geht’s zur Website und hier zu ihrem Instagram. 

Fotos: (1–11) © Thomas Zelger; (12–14) © Susanne Barta – (14) von links nach rechts: Laura Dorigoni, Ilaria Siciliano, Elisa Hellrigl, Mirjam Hellrigl, Lara Auer, Katharina Plaschke, Julia Biasi, Anna Maria Flarer

>> Supported by CORA happywear (M), Kauri Store (M), Oberalp Group (XL), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin << 

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