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May 31, 2023

Touristen und ihre Bekleidung

Susanne Barta

Dass eine ansprechende äußere Hülle bei touristischen Aktivitäten gerne vernachlässigt wird, ist leider nichts Neues. Man muss sich nur umsehen. Dass die Berge ihre eigene Kleiderordnung verlangen, liegt auf der Hand. Auch wenn man in der Zwischenzeit einiges mehr an geschmackvoller Auswahl hat. Die meist praktischen Bedürfnissen geschuldete Bekleidungssituation bei Hoteliers und Gastwirt*innen in unseren Landen möchte ich nicht weiter kommentieren. Sie liegt irgendwo zwischen Zwecktauglichkeit, Markenschlacht und „Dirndlisierung“. So beobachte ich es jedenfalls. 

Was mir aber immer stärker auffällt, ist, dass ein touristischer Spaziergang durch Städte wie Bozen, Meran oder Brixen heute fast flächendeckend mit einem Wanderausflug verwechselt wird. Wohin man blickt, nur Wander- und Funktionskleidung. Gerne sind die touristischen Pfadfinder auch noch mit Stöcken bewaffnet oder mit martialischen E-Bikes unterwegs. Offensichtlich macht man sich nicht mal mehr die Mühe, ein bisschen darüber nachzudenken, was man für einen Stadtausflug anziehen könnte und sollte.touristen_2+3 (c) susanne bartaNatürlich haben die Pandemie und das viele Daheimsein einiges in Schieflage gebracht. Ich bin die erste, die auf Bequemlichkeit setzt. Aber man kann doch selbst „Athleisure“ so tragen, dass es nicht nachlässig, jegliche figürlichen Voraussetzungen ignorierend und gänzlich einfallslos aussieht. Gerade in so anstrengenden Zeiten wie diesen braucht es ein wenig Freude und Inspiration, auch beim Anblick unserer Mitmenschen.touristen_4+5 (c) susanne bartaWas ist so schwierig daran, in eine gut geschnittene Jeans zu schlüpfen und obenherum in etwas, das nach mehr aussieht als ein farblich fragwürdiges Funktions-T-Shirt? Niemand erwartet was Ausgefallenes. Aber ein bisschen mehr darf es schon sein. touristen_6+7 (c) susanne bartaHier einige unkomplizierte Vorschläge für das Flanieren in Städten:touristen_8+9 (c) susanne bartaLook 1 – Auf dem Weg in die eigene Stadt: Niemand muss auf Sneakers, Jeans und T-Shirt verzichten, wenn es in eine Stadt geht …
Jeans aus Hanf/Baumwolle > The Bad Seeds Company 
T-Shirt > old
Jacke > Secondhand
Gürtel > Secondhand
Sneakers > Asics
Tote Bag > Biennale di Veneziatouristen_10+11 (c) susanne bartaLook 2 – Selbst unterwegs als Touristin I: Immer bequem, aber keine Verwechslungsgefahr mit Wanderausflug in der Stadt … 
Leinen-Hose > letztes Jahr in Portugal gekauft
T- Shirt > old
Blazer > Secondhand Violeta Nevenova
Gürtel > Secondhand
Sneakers > Asics
Tote Bag > Sarah Illenberger x NOItouristen_12+13 (c) susanne bartaLook 3 – Selbst unterwegs als Touristin II: Da man ja, wenn man unterwegs ist, nicht zu viel Gepäck mitschleppen möchte, sollten die Stücke, die man mitnimmt, gut kombinierbar sein. Außerdem ein Paar Sneakers, das zu allem passt, und eine easy Stoff-Tote-Bag. Hier statt dem T-Shirt eine Bluse, alles andere wie gehabt. 

Und abschließend noch ein Blick zu Leandra: Diese beiden Looks scheinen mir sehr geeignet für einen entspannten Stadtspaziergang. Mehr Styling-Tipps von Leandra Medine Cohen findet ihr hier.touristen_14+15 leandra (c) leandra cohenGeht doch oder? Dem Verkehrsaufkommen nach zu schließen, reisen die meisten ja immer noch mit dem Auto an und da ist doch sicher noch ein wenig Platz für ein Stadt-Outfit. Also liebe Tourist*innen: bitte strengt euch mehr an. Wir versuchen euren Ansturm auszuhalten, aber bitte erfreut uns dabei ein wenig!

Fotos: (1–13) © Susanne Barta; (14, 15) © Leandra Medine Cohen.

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There are 2 comments for this article.
  • Elsbeth Virginia · 

    Wichtiges Thema, auch wenn man seit 2000 Jahren weiß, dass sich über Geschmack n i c h t streiten lässt, wissen wir, dass man man dazu erzogen werden kann. Sich zu kleiden ist auch eine Frage der Selbstachtung wie von Körperbewusstsein und da der/die/das andere damit leben muss, was das vis a vis trägt, sollten wir öfter die Frage stellen, ob stillose oder unpassende Kleidung nicht auch eine Zumutung sein kann. Das passende Stichwort dazu wäre: Intimität. Susanne! Reden wir also darüber:

    • Susanne Maria Barta · 

      Liebe Elsbeth, da stimme ich dir zu. Reden wir darüber. Auch darüber, wie wir uns im öffentlichen Raum bewegen und wie sich das verändert hat. Selbstverständlich kleiden sich alle wie sie möchten. Aber es sagt etwas aus über uns, wenn wir eine Stadt mit einem Strand verwechseln oder einen Stadt-Rundgang mit einer Trekking-Tour. Es sagt auch etwas aus über den Respekt gegenüber anderen.

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