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March 2, 2023
Die Welt in Gustav Willeits Augen
Maria Oberrauch
Gustav Willeit versteht es, Räume und Gebilde der Natur perfekt einzufangen, zu perfekt auch, denn im realen Leben finden wir diesen einen perfekten Blickwinkel vielleicht gar nicht, den er mit seiner Kamera inszeniert. Die Architektur kommt ihm vielleicht deshalb so gelegen, weil sie starr ist, aber auch Willeits Landschaftsfotografien wirken eindrücklich still. Festgehalten in der Zeit, entrückt, selbst der Schnee fällt komponiert, meint man. Und der Mensch? Steht alleine da und genau dort, wo unser Auge ihn leicht findet. Und nicht mehr loslassen will. Bis 9. März 2023 noch ist Gustav Willeits Fotografie in der Galerie Prisma in Bozen zu sehen, von 11. März bis 8. April 2023 im Tubla da Nives in Wolkenstein.
„Ablenkung“ gehört wohl nicht in den Wortschatz deiner Bildwelt, Symmetrie umso mehr. Wie komponierst du Fotos? Warum sind dir Gleichmäßigkeit und damit einhergehend Ruhe so wichtig?
Die Komposition meiner Bilder ist von entscheidender Bedeutung für meine Arbeit. Ich lege großen Wert auf Maßstab und Symmetrie, um ein ausgewogenes Ergebnis zu erzielen. Jedes Element im Bild muss harmonieren und ein Gleichgewicht finden, um eine starke visuelle Wirkung zu erzeugen. Meine Bilder sollen für sich selbst sprechen, und das mit Einfachheit, Klarheit und Unmittelbarkeit. Ich versuche eine ruhige Atmosphäre zu schaffen, die den Betrachter dazu einlädt, seine eigene Wahrnehmung und Interpretation zu nutzen.Natur- und Architekturlandschaften sind die großen Themen deiner aktuellen Ausstellung. Gegenübergestellt und ineinander übergehend – wo liegen die Parallelen und wo die Unterschiede beim Fotografieren?
Die Fusion von Architektur- und Naturfotografie eröffnet ein breites Spektrum an Möglichkeiten, um die Welt um uns herum auf eine neue und inspirierende Art und Weise zu betrachten. In beiden Fällen spielen Breite, Tiefe, Höhe und Leere eine zentrale Rolle, und es entstehen ähnliche Situationen, die unsere Wahrnehmung herausfordern. Die Natur wird zur Architektur und die Architektur schafft neue Landschaftsszenarien, die sich im Laufe der Zeit in die Natur integrieren. Diese Welten sind nicht klar getrennt, sondern fließen ineinander über und in meinen Arbeiten zeige ich sie als die Dimensionen, in denen wir leben.
Wie und warum dieser eine, meist kleine Mensch im Bild?
Das Verhältnis zwischen Mensch und Raum fasziniert mich und wie wir uns als menschliche Wesen in verschiedenen Umgebungen bewegen, sie gestalten und verändern. Egal ob es sich um eine Stadtlandschaft oder um die unberührte Natur handelt, der Mensch ist immer präsent und beeinflusst die Umgebung auf vielfältige Weise. Trotz unserer Fähigkeit, die Natur zu formen und unseren Bedürfnissen anzupassen, sind wir aber im Vergleich zur Größe des Universums und der Natur selbst unglaublich klein. Ich denke, dass es wichtig ist, sich dieser Kleinheit bewusst zu sein und zu schätzen, wie winzig und vergänglich wir im großen Ganzen sind.Und Wasser, immer wieder Wasser. Zieht es dich ganz automatisch dorthin?
Als Bergmensch mag ich das Wasser sehr, Flüsse oder auch das Meer. Da gibt es Bewegungen, die man zum Stillstehen bringen kann. Wasser bietet mir genau jene Elemente, die ich auch in meine Arbeiten gerne einfließen lasse: den Horizont, die Weite und die Leere.
Arbeitest du noch immer mit Fotomontage wie in früheren Serien?
Die Bildbearbeitung ist ein wesentlicher Bestandteil meines Schaffens, sowohl in der Montage als auch in der Farbkorrektur. Es gibt Serien wie „Perspe“, die ich während meiner Zeit an der Kunstschule begonnen habe und immer noch fortsetze. Ich glaube, dass ich auch in Zukunft nicht damit aufhören werde, da es eine meiner persönlichen Lieblingsserien ist. Durch den Einsatz digitaler Techniken versuche ich, mit den Grenzen der Realität und Wahrnehmung zu spielen und eine Reflexion von Raum und Perspektive zu schaffen. Die Bildbearbeitung vergleiche ich gerne mit der Malerei, denn nach der Fotografie folgt noch die künstlerische Bearbeitung des Bildes.
Was hat es mit den Namen deiner Serien auf sich? Manche Fragmente erkennt man, bei andern muss man raten. Schön.
Ich erfinde bzw. kombiniere die Namen der Serien und Werke. Die Entscheidung, ob sich der Name auf das, was auf dem Bild zu sehen ist, den Aufnahmeort oder andere Faktoren bezieht, treffe ich, wenn das Bild zum ersten Mal veröffentlicht wird.Ein paar Worte zum Projekt und der Publikation „WC World Citizen“ und der aktuellen Aussstellung …
Vor kurzem wurde mein neues Buch “WC World Citizen” veröffentlicht, welches im Mai 2023 auch in den USA erscheinen wird. Es beinhaltet bisher unveröffentlichte Arbeiten, die zwar für sich allein stehen, aber in ihrer Zusammenstellung eine Geschichte erzählen: Eine Reise von der Natur zur Stadt, wobei der Mensch als verbindendes Element dazwischen steht. Das Buch wurde in Zusammenarbeit mit dem Verlag Damiani Editore und der Uniun Ladins Val Badia herausgegeben.
Zwei Filme sind dort auch zu sehen. Wann filmst du?
Obwohl ich ein großer Fan des Mediums Film bin, ist es nicht mein Berufsfeld. Mein Fokus liegt in der Fotografie. Aber ich denke auch, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Medien immer mehr verschwimmen und es spannend ist, neue Wege zu finden, um Geschichten zu erzählen und Emotionen zu vermitteln. Bisher habe ich nur kleinere Filme gemacht und diese meistens auch nur mit dem Handy aufgenommen. Für mich ist es oft wichtig, einen Film als Zusammenfassung mehrerer Zeiten zu haben.
Was birgt die Zukunft?
Vieles steht offen und das gefällt mir, denn ich bin gerne spontan.
Fotos: Gustav Willeit
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