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January 31, 2024

„We need more trade rather than aid“ – Sudarshana Basu

Susanne Barta

Sudarshana ist die Marketingchefin von Sasha Fair Trade India, einer gemeinnützige Organisation, die seit über 40 Jahren mit einer ständig wachsenden Gemeinschaft von Kunsthandwerker*innen und Produzent*innen in ganz Indien zusammenarbeitet. Und diese Produkte auch vertreibt. Vor kurzem war sie gemeinsam mit Roopa Mehta, CEO von Sasha und Präsidentin von WFTO, dem globalen Netzwerk von Organisationen des fairen Handels, in Südtirol unterwegs.

Sasha Fair Trade ist in Kolkata zuhause und versteht sich als Hersteller von authentischer, handgefertigter Kleidung und Accessoires aus Indien, aufgebaut auf den Prinzipien Gleichheit, Transparenz, Soziale Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein. Es gehe darum, lese ich auf der Website, „to create prosperity through empowering and providing livelihood opportunities for craft groups and marginalized communities residing in India and promote fair trade as a way of life“. Sasha Fair Trade India 2 (c) Netzwerk Südtiroler WeltlädenWir sitzen in der Bar des Hotels Mondschein in Bozen und unterhalten uns, mit dabei ist auch Brigitte Gritsch, die Leiterin des Netzwerks Südtiroler Weltläden, ihre Zivildienerin Sophie Baumgartner und Simona Stoppa, die Sasha seit sehr vielen Jahren als Designerin, Einkäuferin und Unterstützerin verbunden ist. Man spürt, dass Roopa und Sudarshana über ihre Herzensthemen sprechen. Ihr Engagement, ihre Sachkenntnis und die Wärme, die sie vermitteln, berühren und inspirieren. Probleme werden benannt, gleichzeitig aber geht es immer auch darum, wie man ins Tun kommen und Lösungen finden kann.Sasha Fair Trade India 3 (c) Netzwerk Südtiroler WeltlädenIndien ist ein wichtiges Produktionsland für Rohmaterialien wie Baumwolle, vor allem aber für Textilprodukte. „Es gibt sehr viel handwerkliches Können bei uns“, sagt Roopa, „und ein großes kulturelles Erbe, auf das wir auch stolz sind“. Im heimischen Markt wachse das Bewusstsein der kulturellen Identität, betont sie, und damit auch der Wert dieser Produkte. Sudarshana ergänzt: „Die Herausforderung aber ist, dafür mehr Zugang zu den internationalen Märkten zu finden.“ Die beiden erzählen von aktuellen Problemen. Die Gefährdung der Schiffsroute durch den Suezkanal lasse die Transportkosten steigen und habe viele Auswirkungen, u. a. auf die Einkommen derjenigen, die die Produkte herstellen, also auf die Kunsthandwerker*innen, Textilarbeiter*innen. Aber auch die Inflation lasse die Preise steigen, ebenso unsichere politische Situationen. „Alles in allem eine sehr komplexe Situation“, konstatieren beide.

Indien ist aber auch ein Land, in dem vor allem in der Textilindustrie Zwangsarbeit und Ausbeutung keine Seltenheit sind. Es ist leider gängige Praxis vieler westlicher Brands, Produktionsrisiken auf die Herstellerländer und die lokalen Produzenten zu verlagern. Verantwortung für die Lieferkette wird nur von sehr wenigen übernommen. Wir haben das zum Beispiel während der Pandemie gesehen, wo Brands bestellte und bereits produzierte Ware einfach nicht abgenommen wurde. Roopa: „Die Kosten werden immer weiter minimiert, denn die Brands arbeiten für ihre Shareholder und die Gewinne müssen so hoch wie möglich sein. Es gibt kaum ein tragfähiges Commitment zu den Produzenten, denn es gibt ja immer welche, die es noch billiger machen.“ Nicht nur bleiben da die Rechte der Arbeiter*innen auf der Strecke, sondern auch entsprechende Auflagen für eine umweltgerechtere Produktion. Auf der Website von WFTO steht dazu: „We are an association of visionary Small and Medium-sized enterprises that believes that a new economy is possible: together, we stand as a collective of entrepreneurial activists and changemakers who are at the forefront of advocating for an equitable and sustainable world.“Sasha Fair Trade India 4+5 (c) Sasha Fair Trade IndiaAuf der anderen Seite der Lieferkette, also bei Konsument*innen, nehme das Bewusstsein in Bezug auf Nachhaltigkeit zu, beobachtet Roopa. „Das heißt aber auch mehr Green- und Social-Washing bei den Brands.“ Sudarshana: „Wir haben verstanden, dass mehr Konsument*innen nachhaltige Produkte, die authentisch produziert werden, kaufen möchten, aber ihre Hände sind gewissermaßen gebunden, denn sie brauchen das Geld gerade für anderes, für Essen, warme Kleidung. Daher lagern derzeit auch viele Produkte in Lagerhäusern. Das ist ein Problem.“ Auf meine Frage, wie Sasha mit diesen Herausforderungen umgehe, antwortet sie: „Diese Reise nach Europa ist auch Teil unserer Strategie, wir kommen zu unseren Einkäufern. Natürlich machen wir weiterhin unsere Kataloge und verschicken sie zweimal jährlich, aber wir möchten unsere Einkäufer und Partner auch treffen und das Szenario hier noch besser verstehen. Auch unsere Situation besser verständlich machen. Ich glaube an Face to Face, auch wenn es teuer ist.“Sasha Fair Trade India 6+7 (c) Sasha Fair Trade IndiaSasha bietet eine Reihe von Produkten an: von Bekleidung für Frauen, Männer und Kinder über Schmuck, Geschenkartikel und Heimtextilien bis zu Wellness- und Beautyprodukten. Roopa: „Sasha hat immer auch den heimischen Markt im Auge. Da alles handgemacht ist, bieten wir auch kleine Stückzahlen an und das hilft kleinen Business-Realitäten bei uns. Wir investieren aber auch viel in unsere Weiterentwicklung. Sudarshana zum Beispiel kam zu uns als Business Developerin, wir erweitern unsere Kommunikationskanäle und unsere Märkte. Bei Fair Trade geht es um Solidarität und darum, gemeinsam zu wachsen. Das ist unsere Basis, aber dann geht es auch darum, sich dem heimischen und internationalen Markt weiter zu öffnen. Dazu haben wir begonnen, mit Consultants zu arbeiten, die uns dabei helfen, den europäischen Markt besser zu verstehen. Das ist natürlich eine große Investition, aber ohne kommt man nicht weit.“ Sudashana: „Wir haben versucht zu verstehen, was der europäische Markt möchte, Bereiche unseres Angebots bestimmt, die besser funktionieren können, und dabei unsere Stärken herausgearbeitet. Es war ein aufwendiger und auch längerer Prozess. Bisher läuft es gut, es gibt mehr Einkäufer als früher.“Sasha Fair Trade India 8+9 (c) Sasha Fair Trade IndiaDass sehr viele globale Lieferketten ausbeutend und umweltverschmutzend sind, wissen wir nun schon seit längerem. Ob sich da sich etwas verändere? Roopa: „Rana Plaza, das Unglück in Bangladesch vor über zehn Jahren, bei dem viele Menschen starben, hat soviel Publicity bekommen, dass das Thema nun wirklich da ist. Wir als WFTO fühlen uns für unsere Mitglieder verantwortlich, aber wir müssen noch mehr draußen sein und unsere Instrumente nützen. Vor allem der garantierte Fair Trade schafft Vertrauen. Partnerschaften werden aufgebaut, es ist eine wachsende Community. Nachhaltigkeit und auch Fair Trade im Bereich Textilien ist heute ein großes Thema und ein wachsender Wert für Konsument*innen. „Auch wenn es ein wenig mehr kostet“, ergänzt Sudarshana. „Wichtig aber ist, dass wir das, was wir machen, unsere Geschichten, auch erzählen. Und es braucht Transparenz, einfach nur etwas behaupten reicht nicht.“Sasha Fair Trade India 10+11 (c) susanne barta + Netzwerk Südtiroler WeltlädenRoopa und Sudarshana wünschen sich mehr Wertschätzung für das Können der Hersteller. Es brauche Partnerschaften mit Respekt und Würde zwischen Produzenten und Käufern. Ausbeutung müsse draußen bleiben. Jede und jeder solle von seiner Arbeit in Würde leben können. „We need more trade rather than aid“, sagt Sudarshana. Handel statt Hilfe, das ist wohl eine der wichtigsten Säulen für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit. Die Sasha-Produkte findet ihr in einigen Südtiroler Weltläden. Schaut vorbei.Sasha Fair Trade India 12+13 (c) Sasha Fair Trade IndiaFotos: (1) Sudarshana Basu und Roopa Mehta © Netzwerk Südtiroler Weltläden; (2) © Netzwerk Südtiroler Weltläden; (3) Susanne, Brigitte Gritsch, Sophie Baumgartner © Netzwerk Südtiroler Weltläden; (4–9, 12, 13) © Sasha Fair Trade; (10) © Susanne Barta; (11) © Netzwerk Südtiroler Weltläden

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