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January 24, 2024

Ein Tag auf der SEEK in Berlin

Susanne Barta

Ich war das erste Mal auf der SEEK. Die B2B-Messe steht für gehobene Street- und Urbanwear und mit dem Segment „Conscious Club“ immer mehr auch für besser und bewusster produzierte Mode. Es war ein spannender und sehr interessanter Tag. Nicht nur habe ich einige nette Leute (wieder-) getroffen und neue Kontakte geknüpft, sondern auch viel gesehen und gehört. 

Im Fashion-Messe-Sektor in Berlin gab es letzthin ziemlich große Umstellungen. Die Premium hat zugesperrt (nach dem Umzug nach Frankfurt und wieder Rück-Umzug nach Berlin), Mercedes Benz hat sich von der Berlin Fashion Week verabschiedet und die findet auch nicht mehr gleichzeitig mit den Messen statt, die ziemlich junge Ordermesse für nachhaltige Mode Neonyt ist vor einigen Jahren von Berlin zunächst nach Frankfurt gegangen und ist nun unter neuer Führung in Düsseldorf angesiedelt, die Beyond Fashion Berlin gibt es seit heuer nicht mehr. Und auch die SEEK hat ein neues Kapitel aufgeschlagen, mit dem Format „Junction“ und dem neuen Partner UNION Showroom. Leicht ist es sicher nicht, heute (erfolgreiche) Messen zu machen.seek Berlin_2+3 (c) Susanne BartaWas mir sofort aufgefallen ist: Diese Messe ist wirklich schön gemacht. Coole Location(s), einheitliche, bewegliche Kleiderstangen, modulare weiß lasierte Holzelemente, angenehme Raumgestaltung – sehr gelungen. Konventionelle und Conscious Brands sind nicht getrennt, nur der grüne Brand-Schriftzug macht sie erkennbar. Mit rund 100 Conscious Labels sind etwa 50 % des SEEK-Markenportfolios bereits nachhaltig(er). Zusammen mit den SEEK-Talks, die Studio MM04 maßgeblich kuratiert, zeigt die Messe wohin es gehen kann und soll: in eine bessere, fairere und vor allem zeitgemäße Fashion Zukunft.

Ich habe u. a. die GREENSTYLEs Mirjam und Florens Smend dort getroffen, den Südtiroler Künstler und Designer Max Rohr, der im UNION Showroom ausstellte, Sara Pacifi und Mariana De Oliveira vom Kauri Store und einige Leute von Brands, die im Rahmen des Conscious Clubs dabei waren.seek Berlin_4+5 (c) Susanne BartaBei den SEEK-Talks mit Mirjam, Kay und Florens. Und mit Studio MM04 Co-Gründer Max Gilgenmann. Berlin war richtig kalt und ich entsprechend eingepackt. Mein Look: secondhand Motorradhose, Turtleneck von Oscalito und handbestickter Pullover der kleinen spanischen Brand La Casita de Wendy. 

Mit dem Journalisten Kay Alexander Plonka (hier habe ich ihn vor drei Jahren zu Denim befragt) unterhielt ich mich u. a. über die Herausforderungen, mit denen sich eine Messe wie die SEEK heute konfrontiert sieht. Er meinte, das Herausfordernde sei vor allem, dass die Einkäufer der relevanten Shops und Retailer auch kommen. Kay Alexander Plonka: „Dazu wurden Einkäufer extra eingeladen, sie bekommen ein Service-Paket und können, wenn sie etwas finden, das ihnen gefällt, auch gleich ordern. Die Brands, die hier ausstellen, konventionell oder nachhaltig, haben einen professionellen Background. Das ist hier gewährleistet und sehr wichtig für die Einkäufer. Das ist auch der Spagat, der gelingen muss. Und Kay ergänzt: „Wenn etwas langlebiger und reparierfähiger ist, ist es ja schon deutlich nachhaltiger als Fast Fashion.“ 

Auf meine Frage, ob man die Einkäufer in Bezug auf besser produzierende Labels auch besser informieren, ja geradezu weiterbilden muss, sagt Kay: „Das Problem ist, dass das Thema zum Teil nicht richtig oder gar nicht kommuniziert wird. Die Produktbeschreibungen bei Online Shops zum Beispiel sind oft wenig aussagekräftig oder das Verkaufspersonal auf den großen Flächen, das gar keinen Unterschied sieht und kennt, zwischen dem, was sustainable ist und was nicht. Auf Messen wurde Sustainable Fashion bisher in speziellen Segmenten gezeigt, sinnvoller aber ist es wie hier, das nach Warengruppen organisch unterzumischen. So ist der Einkäufer, in den Geschäften auch der Konsument, gefragt, sich das selbst zu erarbeiten. Dazu aber braucht es Hilfestellung. Durch Tags zum Beispiel, es muss aber auch in die Produktbeschreibungstexte einfließen und sowohl nach außen, als auch nach innen kommuniziert werden. Interne und externe Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Es reicht nicht zu sagen, ‚dieser Pullover ist schön und greift sich gut an und kostet 200 Euro‘. Das muss man erklären können. Und das muss in die DNA der Arbeitsweise übergehen. Die Messen tun da schon viel, der Handel sollte das auch machen. Ich bekomme immer nur Newsletter, wo drin steht ,heute 70 %, 50 %, 30 % Rabatt‘. Es geht immer nur um heute billiger. Solange wir uns davon nicht verabschieden, löst man nur zusätzliche Kaufanreize aus. Natürlich müssen wir Kaufanreize setzen, aber solche, die das Einkaufsverhalten der Einkäufer, Verkäufer und damit auch der Konsumenten verändern. Die SEEK macht das, wie auch einige andere Messen, vor.seek Berlin_6 (c) Susanne BartaSehr spannend war der Eröffnungstalk mit dem Co-Founder des finnischen Unternehmens Ivalo Matti Lamminsalo und seiner Sustainablity Mangerin Outi Pyy. Ivalo ist ein Marketplace für nachhaltige Labels. Aus dieser Arbeit heraus entstand der Fashion Purpose Report um den es im Talk auch ging. Ivalo hat mit seinem 360° Sustainability Brand Validation Prozessdaten gesammelt und kann damit Brands Marketinginstrumente in die Hand geben, die valide sind. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist „Greenhushing“. Offensichtlich sprechen immer mehr Brands nicht über ihre nachhaltigen Ambitionen bzw. über das, was sie bereits machen, aus Angst angreifbar zu sein, nicht gut genug zu sein. „Don´t worry about mistakes!“, sagt Matti. „There is no perfection“. Was es aber brauche, sei eine transparente und datenbasierte Kommunikation. Nachhaltige Brands müssten ihre Daten präsentieren und ihre Kunden „erziehen“. Auch fehle es an Benchmarks, betont Matti, viele Brands wüssten gar nicht, wie gut oder schlecht sie performen. Es gehe nicht um Perfektion, sondern um Ehrlichkeit, meinte auch Max Gilgenmann von Studio MM04, der das Gespräch moderierte. Das Unternehmen Ivalo jedenfalls bietet nachhaltigen Brands entsprechende Tools an. Nicht nur um Daten erheben und teilen zu können, sondern auch um sie zu erklären.seek Berlin_7+8 (c) Susanne BartaAnna-Lisa war mit ihrem Label Helena Harfst auch schon bei GREENSTYLE x Biolife in Bozen. Und mit den Kauri-Store-Ladies Sara und Mariana bin ich hier beim Stand des italienischen Slow-Fashion-Vorzeige-Labels Rifò. 

Einige Key Takeaways aus dem Fashion Purpose Report:
-       Greenwashing is a bad idea for brands – but greenhushing is even worse.
-       Honesty is the new transparency when it comes to B2C communication.
-       Conscious consumers love to feel informed and included – but they also like information to be simple and well-presented.

Auch der Journalist Alec Leach betont in seinem letzten Substack-Newsletter „Greenwashing will kill your brand“: „The best thing fashion can do right now is to start getting really, really honest about sustainability. Quit the net zero bullshit and get to work reforming the industry’s dirty, polluting, destructive supply chain.“seek Berlin_9+10 (c) Susanne BartaAlles in allem ein inspirierender Tag. Nicht nur sind Messen wie die SEEK wichtige Business-Plattformen, sie bringen auch die Community zusammen, informieren über neue Entwicklungen und geben so neben Raum für neue Zusammenarbeit(en) vor allem auch Raum für Veränderung.seek Berlin_11+12 (c) Susanne BartaDas Jeans- Label Dawn Denim mustert fehlerhafte Ware nicht einfach aus, sondern lässt sie von einer Künstlerin besticken. Die schönen Taschen des Amsterdamer Labels O MY BAG gibt’s auch in den Kauri Stores. 

Alle Fotos © Susanne Barta

>> Supported by CORA happywear (M), Kauri Store (M), Oberalp Group (XL), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin << 

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