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December 8, 2021

Was hat Mode mit der Klimakrise zu tun?

Susanne Barta

Leider sehr viel. Die Textilindustrie ist einer der großen Umweltverschmutzer und trägt derzeit mit ca. 10 % zur weltweiten CO2-Belastung bei, mit 20 % sogar zur weltweiten Wasserverschmutzung. Einer Untersuchung der britischen Ellen-MacArthur-Stiftung nach könnte die gesamte Textilindustrie bis 2050 für ein Viertel des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich sein. Dass das Thema auch bei den großen Fast Fashion Konzernen angekommen ist, ist offensichtlich, der Großteil ihrer Aktionen jedoch ist in die Kategorie „Greenwashing“ einzuteilen.

Der Impact der Modeindustrie ist auch für Fridays for Future ein Thema. Ich habe die junge Südtiroler Fridays-for-Future-Aktivistin Majda Brecelj auf der Messe Biolife kennengelernt, als sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Zeno Oberkofler zum Thema Klima und Mode sprach. Die in wenigen Tagen 23-Jährige bezeichnet sich als Vollzeitaktivistin, schon im Maturjahr hat sie begonnen, sich für Fridays for Future zu engagieren, daneben macht sie einige Photographie- und Graphikarbeiten, um das auch halbwegs finanzieren zu können. Südtirol hat eine aktive Fridays-for-Future-Gruppe – zwischen 500 und 3.000 Leute gehen seit 2019 bei den Demonstrationen auf die Straße, um für eine Veränderung der Klimapolitik einzutreten.(2) © Fridays for Future DSC_0408Vor allem Fast Fashion ist ein Klima-Killer. Wir produzieren und konsumieren einfach zu viel. Erinnert ihr euch an das Cover der ersten Ausgabe der Vogue Scandinavia mit Greta Thunberg? In gewohnter Manier nimmt sie sich auch in Bezug auf die Modeindustrie und unseren Mode-Konsum kein Blatt vor den Mund: „Many are making it look as if the fashion industry is starting to take responsibility, by spending fantasy amounts on campaigns where they portray themselves as ‘sustainable’, ‘ethical’, ‘green’, ‘climate neutral’ and ‘fair’“, schreibt sie. „But let’s be clear: This is almost never anything but pure greenwashing. You cannot mass produce fashion or consume ‘sustainably’ as the world is shaped today. That is one of the many reasons why we will need a system change.“ Es scheint so, als ob noch immer zwei mehr oder weniger getrennte „Conversations“ stattfinden: Die einen schauen fast ausschließlich auf ihre Profite, die anderen versuchen unseren Planeten zu retten.© @alexandtrovklumofficial for Vogue Scandinavia Greta_Mich hat interessiert, was Majda zum Thema zu sagen hat und welchen Blick sie auf ihre Generation wirft, die einerseits Hoffnungsträger, andererseits aber auch die Generation ist, die den Konsum, laut Analysen, weiter nach oben schraubt. 

Majda, wie nimmst du unseren Umgang mit Mode wahr?

Ständig kommen neue Kollektionen heraus, der Druck etwas Neues zu kaufen ist groß. Viele Kleidungsstücke werden auch nur einige Male getragen und dann entsorgt. Das alles ist nicht nachhaltig, dann kommt auch noch der Produktionsprozess dazu. Wir wissen, dass eine „normal“ produzierte Jeans bis zu 7.000 Liter Wasser benötigt. Wenn man bedenkt, wie viele Leute täglich eine Jeans kaufen, dann kann man sich gut vorstellen, welchen Impact Mode hat.

Die sogenannte Generation Z ist einerseits die Generation, die eine Veränderung einfordert und dafür auf die Straße geht, andererseits auch mehr und mehr konsumiert. Wie passt das zusammen?

Das stimmt sicher, aber aus meiner Sicht gibt es dafür auch einen Grund. Wir sind in diese Konsumwelt hineingewachsen, kennen gar nichts anderes und da verwundert es nicht, dass es in diese Richtung weitergeht. Das ist das eine, das andere ist, dass sich viele Jugendliche nachhaltige und faire Mode kaum leisten können, auch Secondhand ist immer noch teuer in Südtirol. Wir haben jetzt drei tolle Secondhandshops in Bozen, aber im Vergleich zu H&M und Zara ist der Preisunterschied beträchtlich. Auch ich als Aktivistin ohne fixen Job und regelmäßiges Einkommen tue mich da schwer. Was man aber machen kann: Seltener was kaufen, dafür besser. Vor Fridays for Future war ich in Bezug auf diese Themen nicht so aufmerksam, ich lerne aber immer mehr dazu. Ich kann mich nicht gut fühlen, wenn ich nur darüber rede und es selbst nicht lebe. Natürlich ist das nicht immer möglich. In Bezug auf Kleidung versuche ich vor allem mit dem klar zu kommen, was ich schon habe oder ich trage Kleidungsstücke von meiner Mutter oder kaufe Secondhand.(4) © Fridays for FutureWelche Hoffnungen setzt du in deine Generation und in Fridays for Future?

Natürlich hoffe ich, dass die Leute sensibler in Bezug auf Klima-Themen werden und verstehen, dass Wohlstand nicht gleichzusetzen ist mit Gut-Leben. Das heißt, runterzukommen vom Wachstumswahnsinn. Von den Jungen erhoffe ich, dass sie wirklich verstehen, um was es geht, dass sie aktiv werden und wir es schaffen, Druck aufzubauen. Was wir heute noch als Individuum tun können, ist nicht mehr genug, wir müssen gemeinsam aktiv werden. Bei einem Vortrag, den ich vor einiger Zeit hörte, ging es um die psychologische Seite der Klimakrise und da hieß es, dass man sich als Teil einer Gruppe leichter tue ein Problembewusstsein zu entwickeln. Fridays for Future spielt auch für mich persönlich eine große Rolle, weil ich spüre, dass meine Stimme wichtig ist und ich Teil einer weltweiten Bewegung bin.(5) © Majda BreceljNeben den Klima-Streiks macht ihr auch verschiedene andere Aktionen, darunter auch Kleidertausch-Partys …

Wir haben mal einen Flashmob organsiert, wo wir gezeigt haben, wieviel Wasser eine Jeans zur Herstellung braucht, wir organisieren immer wieder Treffen, wo wir Kleider tauschen, stellen dazu auch Facts zusammen, um über die Zusammenhänge zwischen Mode auf Klima zu informieren. Wir haben da noch viel vor, die Pandemie hat einiges gebremst, aber ich hoffe, wir können bald wieder losstarten. Das Thema nachhaltige Mode jedenfalls ist immer mehr im Kommen, es ist auch kein Entweder-Oder mehr, was Style betrifft.

Die Klimakonferenz COP26 ist vor kurzem zu Ende gegangen. Was sagst du zu den Ergebnissen?

Der Klimawissenschaftler Georg Kaser hat in einem Gespräch gemeint, dass wir uns doch etwas erwartet haben, was wir uns gar nicht hätten erwarten sollen, weil auf diesen Konferenzen nicht die Veränderungen beschlossen werden, die wir brauchen. Dennoch sind wir enttäuscht, es ist zu wenig.(6) © Fridays for FutureBist du optimistisch, dass wir noch die Kurve kriegen?

Ich lese gerade das Buch von Luisa Neubauer „Vom Ende der Klimakrise“, Luisa ist das Gesicht von Fridays for Future Deutschland. Sie beschreibt sich darin weder als Optimistin noch als Pessimistin, sondern als Possibilistin, im Sinne von, wir wissen Bescheid, dass es um unser Leben geht, aber wir wissen auch, dass es noch machbar ist. Das beschreibt auch mich am besten: Ich bin nicht optimistisch, aber ich weiß, dass wir es schaffen können.

Ist es schwierig in einem wohlhabenden Land wie Südtirol das Bewusstsein für die Dringlichkeit von Veränderungen zu schärfen?

Ja, das ist es auf jeden Fall. Es ist nirgends einfach, denn das Thema Klimawandel erschreckt viele. Vieles erscheint noch weit weg, die Auswirkungen unserer Handlungen erfahren wir ja zeitversetzt. In den wohlhabenden Ländern geht es vielen gut, warum soll man da was ändern?(7) © Majda Brecelj MAJ

Der nächste Klima-Streik von Fridays for Future South Tyrol findet am 10.12.2021 statt. Treffpunkt ist um 11 Uhr in Bozen auf den Talferwiesen. Schaut rein auf ihre Facebook-Seite!

Fotos: (1) © Majda Brecelj; (2) © Fridays for Future; (3) © @alexandtrovklumofficial for Vogue Scandinavia; (4) © Fridays for Future; (5) © Majda Brecelj; (6) © Fridays for Future; (7) © Majda Brecelj

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