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April 27, 2012

Königsberg – Filmpremiere in Cannes für den Südtiroler Philipp Mayrhofer

Haimo Perkmann

Der in Bozen geborene und seit 10 Jahren in Paris ansässige Filmemacher Philipp Mayrhofer wurde am heutigen 27. April mit seinem Spielfilmdebut, dem Kurzfilm « Königsberg » in die Auswahl „Quinzaine des réalisateurs“ der heurigen Filmfestspiele in Cannes aufgenommen. Der 18 Minuten lange Film mit dem kryptischen Titel „Königsberg“ ist somit einer von 10 glücklichen Mitstreitern, die unter 1700 eingesendeten Kurzfilmen ausgewählt wurden. Mayrhofer ist der einzige Italienische Kandidat der diesjährigen Quainzaine-Auswahl. Weitere 20 Langspielfilme werden in der prestigeträchtigen Paralellauswahl gezeigt.

Mayrhofer hat vor „Königsberg“ zwei vielbeachtete Dokumentarfilme, The Moon The Sea The Mood (2008) und Der Schatten des Propheten (2010), gedreht – in Co-Regie mit dem Österreicher Christian Kobald. Sein erster Dokumentarfilm The Moon The Sea The Mood hatte sich mit den Eindrücken des auch mit Südtirol eng verbundenen Sozialanthropologen Bronislaw Malinowski in Papua Neu Guinea befasst. Der Film wurde in ganz Europa gezeigt und im Jahr 2010 auch beim [un]defined Festival in Meran zum ersten und einzigen Mal in Südtirol aufgeführt. Das Oeuvre des jungen Regisseurs wird im Herbst 2012 in der Dokumentarfilmreihe Doku Emme im Centro per la Cultura in Meran gezeigt.

Königsberg, der Kurzfilm

Königsberg ist eine Tragikomödie, die sich um einen Firmenchef im Papierhandel dreht, der mit einer latenten Melancholie und dem Ruf, ein miserabler Jäger zu sein, zu kämpfen hat. Mehr wird nicht verraten.

In der Hauptrolle ist der Engländer Paul Bandey, die Filmsprache ist Französisch. Hinter der Kamera stand der für seine stilistisch aufwendigen Musik-Clips bekannte Spanier Marc Gomez del Moral. Produziert wurde der Film von der Pariser Produktionsfirma Ferris & Brockmann, mit Unterstützung der Region Les Landes, der Landesregierung Südtirol, der Region Aquitaine und ARTE. Der Film wird im September auf Arte ausgestrahlt. Auch eine Aufführung im Filmclub Südtirol ist geplant.

AD-HOC-INTERVIEW MIT PHILIPP MAYRHOFER 

Das Handwerk des Filmemachers ist schwer. Wie schwer wiegt da die Freude, mit nur 10 Mitbewerbern für die „Quinzaine des réalisateurs“ in Cannes nominiert worden zu sein? Ist „Königsberg“ als italienischer Beitrag nominiert worden?

Na ja, der Film ist eine französische Produktion, der Hauptdarsteller ist ein in Paris ansässiger Engländer, eine Schauspielerin ist aus Schweden, das Kamerateam kommt aus Spanien und ich bin ein ausgewanderter Südtiroler. Am Set wurde französisch mit den Produzenten, englisch mit den Schauspielern und italienisch mit dem spanischen Kameramann gesprochen. Der Film ist in diesem Durcheinander an Nationalitäten entstanden, und ob er als französischer Film, oder als italienischer Beitrag verstanden wird, spielt dabei nur mehr eine technische Rolle. Als Südtiroler im Ausland ist es man es zudem gewohnt, abwechselnd für einen Deutschen, Österreicher oder Schweizer gehalten zu werden.

Feierst du schon oder wartest du das Ergebnis von Cannes ab?

Wir haben selbstverständlich Champagner getrunken, wie es sich in Frankreich gehört, als wir von der Auswahl erfahren haben. Wir waren allerdings völlig überrascht von der Nachricht, wir hatten in letzter Sekunde eine Arbeitsversion des Films eingereicht, weil er noch nicht fertig gestellt war. Es wurden in diesem Jahr 1700 Kurzfilme eingereicht, wir haben nicht im geringsten damit gerechnet, genommen zu werden. Als wir einen Tag später eine Nachricht von Cannes erhalten haben, lasen wir das E-Mail 5 mal durch, um das Wort “leider” zu finden. Es hat also eine Weile gedauert, bis wir begriffen haben, dass es tatsächlich eine Zusage war. Die Auswahl Quinzaine des réalisateurs ist eine vom Wettbewerb um die goldene Palme unabhängige Festivalschiene. Es gibt zwar auch Preise zu gewinnen, aber der Hauptpreis ist sozusagen, ausgewählt zu werden. Dementsprechend werden wir eine schöne Premierenparty in Cannes am Tag der Aufführung des Films feiern.

Du hast Philosophie studiert. Kommt dir das philosophische Wissen in deiner Arbeit heute noch zugute?

Philipp Mayrhofer: Ein Abschluss in Philosophie hilft nicht zu wissen, wie man ein Drehbuch schreibt, wie man eine Szene filmisch auflöst oder wie man Schauspieler führt. Ein Philosophiestudium verhilft aber in der Regel zu einem Repertoire an intellektuellen Techniken, um gute Fragen zu stellen. Der Prozess des Filmemachens ist ebenso ein ständiges Hinterfragen, eine ständige Verwerfung und Neufassung von Ideen. Ich denke, dass die Philosophie einen lehrt, auch lieb gewordene Gewissheiten überprüfen zu müssen. Wenn im Schnitt die Cutterin die Lieblingsszene aus dem Film rauswirft, kann man sich mit einem eventuell stoischer damit abfinden.

Anders gefragt, warum heißt der Film Königsberg? Hat das entfernt was mit Immanuel Kant zu tun? Was ist der Hintergrund?

Das hat tatsächlich mit Kant zu tun, gute Frage – wenn auch nur sehr indirekt. Der Schriftsteller Thomas de Quincey hat eine fiktive Kantbiographie geschrieben: Er stellt den großen Philosophen der Aufklärung als komischen neurotischen Sonderling vor, dem die Position seiner Sockenhalter genau so wichtig ist wie die philosophischen Grundlagen der praktischen Vernunft. Die Hauptfigur meines Kurzfilms ist zwar kein Philosoph sondern ein Kleinunternehmer, er hat aber dieselbe Eigenschaft, das Wesentliche mit dem Banalen zu verwechseln, was ihn in eine Reihe komischer Situationen bringt. “Königsberg” ist also ein kleiner Wink. Vor kurzem habe ich erfahren, dass Konigsberg der bürgerliche Name der Woody Allen ist. Das ist ein toller Zufall, ich bin ein großer Fan von Woody Allen.

Was sind deine nächsten Projekte? Wie siehst du deine Zukunft?

Ich schreibe an dem Drehbuch für einen Langspielfilm. Ich bereite aber auch einen neuen Dokumentarfilm vor, den ich in China drehen möchte.

Eine frage für das lokale Publikum, trägst du dich auch mit Ideen und Filmprojekten in und um Südtirol?

Ich träume davon, eines Tages einen Film über die seltsame, aber lustige Jugend Ende der 1980er Jahre zu drehen, die ich und andere Freunde aus meiner Generation in der Hausbesetzerszene in Südtirol verbracht haben. Ich stelle mir den Film als eine fiktive Dokumentation vor. Es gibt ein, zwei Südtiroler, mit denen ich gerne ein Drehbuch dazu schreiben würde. Ich muss aber noch herausfinden, ob das außer mich und meine Freunde noch jemanden interessieren kann.

Fotos: Königsberg/Philipp Mayrhofer

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