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October 9, 2024
„Ich möchte einen Space kreieren” – Designerin Dagmar Gruber über ihren neuen Store
Susanne Barta
Es scheint etwas in der Luft zu liegen. Mode-Geschäfte abseits des massentauglichen konventionellen Mainstreams sind nicht unbedingt dicht gesät in Südtirols Städten. Anfang des Jahres hat die in Bozen lebende bulgarische Designerin Violeta Nevenova – sie steht für avantgardistische Einzelstücke –, ihren Pop-up Shop in Bozen aufgemacht, vor kurzem eröffnete Klamotte-Gründerin Sara Daltrozzo in Meran Artiana Vintage Selection, aufbauend auf dem wunderschönen Geschäfts-Interieur aus den 1970er Jahren, und in Bozen hat die junge Designerin Dagmar Gruber, deren Label DAMA Studio bisher nur online oder in ihrem Atelier erhältlich war, Mitte September einen sehr stilvollen Store eröffnet. Präsentiert werden dort neben ihren Entwürfen auch andere Designer*innen, wechselnde Kunst-Ausstellungen sind ebenso Teil des Konzepts. DAMA am Bozner Kornplatz ist eine große Aufwertung des – mit einigen Ausnahmen –, doch sehr durchschnittlichen Fashion-Angebots in Bozen. Vor allem auch, weil Dagmar sich nicht auf konventionellen Mode-Bahnen bewegt. Das Angebot ist überschaubar, von Überproduktion hält die Designerin nichts, sie arbeitet mit Reststoffen, daher sind einige Teile limitiert, die Kollektionen bauen aufeinander auf, die Materialien sind hochwertig und entweder zertifiziert oder Deadstock. Der Stil ist, wie das Geschäft, zeitlos elegant, aber mit zeitgenössischem Twist. Less is More im besten Sinne. Die Auswahl der Labels, die Dagmar mit in den Store genommen hat, sind sorgfältig ausgewählt, es sind Bekannte und Freund*innen, die ihr auf ihrem Design-Weg begegnet sind. Es gibt Schmuck von Anne Manns, handgeblasene Vasen und Schmuck der Glaskünstlerin Nathalie Flückiger, bunte, phantasievolle Schmuckstücke von Francesca Angori, Taschen von Zilla und Alienina und Seidentücher von Aeneis Paris, die junge Kunst wird von Clara Pohl kuratiert und für die Inneneinrichtung zeichnen die Architekten Viktoria Kelderer und Matthias Peterseim vom Studio Dell’Agnolo-Kelderer verantwortlich.Vor zwei Jahren, kurz nach dem Launch ihres Labels DAMA Studio, habe ich mich mit Dagmar über ihre Herangehensweise und ihre Pläne unterhalten, hier geht’s zum Artikel. Jetzt war ich neugierig, wie sich ihre Arbeit weiterentwickelt hat.
Dagmar, das ist flott gegangen, vor zwei Jahren Label gegründet und jetzt ein eigenes Geschäft …
Damals war ich noch etwas lost, in welche Richtung es gehen soll, ich habe Verschiedenes ausprobiert, nahm an Messen in Mailand, Paris und Kopenhagen teil und versuchte herauszufinden, was das richtige für mich ist. Ich hatte zwar noch keinen klaren Plan, aber schon die Idee, direkt mit meinen Kund*innen zu arbeiten. Deshalb gab es auch gleich einen Online-Shop und man konnte zum Einkaufen in mein Atelier kommen. Ein eigenes Geschäft zu haben, war immer in meinem Hinterkopf. Es ist jedoch als neues Label nicht einfach, einen eigenen Laden zu eröffnen, so ein Vorhaben zu finanzieren. Das Timing war das richtige. Das Haus gehört meiner Familie und die Vormieter wollten nicht mehr bleiben. Dennoch war es eine große Entscheidung für mich, weil da auch viel Verantwortung und Verpflichtung miteinher kommt. Ich war hin und her gerissen zwischen Unsicherheit und Vorfreude. Meine Eltern haben mich auf allen Ebenen unterstützt und mir Mut gemacht.
Das Geschäft präsentiert sich sehr ansprechend und geschmackvoll. Im Zentrum stehen deine Designs, du hast dir aber auch andere Designer*innen und Künstler*innen dazu geholt. Welches Konzept verfolgst du mit DAMA?
Ich wollte kein klassisches Geschäft aufmachen, sondern einen Space kreieren. Viele meiner Freunde arbeiten in kreativen Bereichen und einige habe ich miteingebunden. Die Geschäftsgestaltung haben Architekten-Freunde gemacht, die Kunst kuratiert eine Freundin von mir, sie ist Galeristin in Wien, auch andere Labels, die ich kenne, sind mit dabei.Bisher hast du vor allem in deinem Atelier gearbeitet. Hat sich da was verändert?
Nach wie vor versuche ich, so viel als möglich vor Ort mit meinen Schneiderinnen und meiner rechten Hand Sophia zu machen. Ich war etwas unsicher, wie viel ich für das Geschäft vorproduzieren muss, denn es ist mir wichtig, nicht zu viel zu produzieren. Einiges habe ich hier im Geschäft und wenn eine Größe nicht mehr da ist, kann sie, wer möchte, bestellen und sie wird innerhalb von ein bis zwei Wochen hergestellt. Hemden lasse ich in Florenz nähen, in einem kleinen Laboratorium, die Inhaberin und ihre zwei Schneiderinnen sind spezialisiert auf Hemden auf Maß, dort fühle ich mich wohl. Die Schuhe sind neu im Assortiment, die mache ich in den Marken mit einem kleinen Familienbetrieb.
Du sourct soweit als möglich zertifizierte Materialien und hast auch viel mit Reststoffen gearbeitet. Ist das noch so?
Ich verwende immer noch Reststoffe, denn da kann ich mir auch als kleines Label leisten, mit verschiedenen Stoffen in verschiedenen Farben zu arbeiten. Wenn man Stoffe herstellen lässt, muss man ein Minimum von hundert Metern abnehmen. Deshalb gehe ich gerne in Deadstock-Lager und suche nach geeigneten Materialien. Für die neuen Regenjacken zum Beispiel, konnte ich auch nur 50 Meter in verschiedenen Farben nehmen. Bestimmte Stücke sind deshalb auch limitiert, es gibt sie, so lange der Stoff reicht. Bei Hemdenstoffen gehen sich auch größere Mengen aus, da schaue ich darauf, dass ich zertifizierte Stoffe kaufe.Ich habe deine Arbeit in diesen zwei Jahren verfolgt, mir scheint, dass sich deine Stücke sehr gut miteinander kombinieren lassen, egal aus welcher Kollektion sie sind …
Ich möchte nicht mit jeder Kollektion etwas komplett Neues machen. Ich baue auf Basis-Schnitte auf, eine bestimmte Hose zum Beispiel variiere ich immer wieder mit verschiedenen Stoffen, vielleicht nur ein wenig verändert. Dazu kommen dann ein paar neue Teile. Eigentlich möchte ich gar nicht von Kollektionen sprechen, ich nummeriere die Serien einfach, bisher sind es vier. Die meisten Teile kann man das ganze Jahr tragen, unterschiedlich kombiniert. Was ich gar nicht mag, ist, schon im August Wintermäntel ins Geschäft zu hängen, meine Auswahl passt zur jeweils aktuellen Saison.
Welche Pläne hast du mit deinem Label?
Ich bin ungeduldig und habe schon einige weitere Ideen. Gerne möchte ich Strick zu meiner Kollektion hinzufügen, am liebsten in Zusammenarbeit mit CIRS, Comitato Alto Adige per il Reinserimento Sociale, einer sozialen Einrichtung. Aus den sehr schönen DAMA-Studio-Stücken der Line Nr. 4 habe ich meine drei Favoriten ausgewählt: sehr coole und angenehm zu tragende Clogs in der Farbe Artischocke (eines meiner Lieblingsgemüse), die Regenjacke in Weiß und ein braunes, toll geschnittenes Woll-Hemd (gibt’s in unterschiedlichen Farben und Materialien).Am 26. Oktober 2024 stellt Dagmar ihren Space DAMA offiziell vor, mit Sound, Food und Wine, von 12 bis 17 Uhr am Kornplatz 4A in Bozen. Schaut vorbei!
Fotos ©: (1–3, 6, 7) Stefania Zanetti x DAMA Studio; (4, 5, 8–13) © Susanne Barta
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