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August 14, 2015

MOUNTAIN SOUL
Verführung in Matsch

Anna Luther

Der Morgendunst hängt noch in der Luft, die Häuser von Matsch stehen verschlafen da, Sonnenstrahlen tauchen zaghaft ihre Blechdächer in fahles Licht. Der Weg führt vom letzten und einzigen Dorf dieses grünen Seitentales im Vinschgau hinauf zu den Wiesen. Kuhfladen und Glockengeläut der Grasenden stimmt als Empfang in die Bergwelt ein. 
Kein Stress ist hier das Zauberwort und meine bescheidene Kondition lässt mir auch nichts anderes übrig als langsam Schritt für Schritt den Aufstieg in Angriff zu nehmen. Der Körper wird beim Wandern bewusst als Fortbewegungsmittel gewählt, wieso eigentlich? Die Landschaft lässt sich doch auch gut von der Fensterscheibe aus beobachten. Suchen wir den Naturburschen oder die wilde Indianerin in uns? Digitalisierung und Klimawandel machen den Blick auf die gute alte Zeit sehr verlockend, eine Zeit ohne Motorlärm und Harmonie. Ein Leben im steten Rhythmus und Einklang der Natur wird zum Tagtraum in der Metro. MOUNTAINSOUL Matsch Anna Luther Aber auch das Berginventar mit sanften Hügeln und bunten Blumen verführt zum Gedanken, gar nicht mehr zur Zivilisation zurückzukehren. Auf halb Weg kommen zwei Esel entgegen, vertraulich suchen sie mit der Schnauze Kontakt oder den Apfel im Rucksack. Nach ausgiebiger Streichelpause werden auch sie in die Illusion des bäuerlichen Lebens mit der Natur eingebaut. 

In Modekollektionen wird gern Altes mit Neuem kombiniert – auch die Gewohnheiten oder Traditionen der aneinander folgenden Generationen werden wie verschiedene Fäden ineinander verwoben. Dieser unaufhörliche nicht immer merkbare Gesellschaftswandel ist ebenso in der Grenzzone Berg spürbar. Traktoren erleichtern die Bewirtschaftung, Bagger die Begradigung der Wanderwege. Verschiedenste Interessen prallen in den letzten, noch größtenteils unberührten Flecken der Erde aufeinander, seien es der Regenwald oder ein Berghang. MOUNTAINSOUL Matsch Anna Luther VinschgauAlles in unserer Macht stehende, ob Marienkäfer oder Salatkopf, kann verändert werden. Sobald der Mensch irgendwo auftaucht, gestaltet er – unsere Fähigkeiten geben uns die Möglichkeit dazu. Macht bedeutet auch Verantwortung, der wir uns vielleicht nicht stellen möchten und lieber wieder in einer Epoche geringerer Komplexität leben möchten. Verständlich. 

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