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March 22, 2013
Erwin Seppi und der verwirklichte Traum eines lebendigen Ortes der Kommunikation, des Austauschs künstlerischer Ideen
Kunigunde Weissenegger
Es trug sich genau am 28. Januar 2008 zu: Ein gewisser Erwin Seppi wollte Neues, Lebendiges, Spannendes schaffen. In Meran. Mit zeitgenössischer Kunst und Design. Und hat eine Wohnung unter den Meraner Lauben in eine Galerie verwandelt: die ES gallery. Ganze fünf Jahre sind seither vergangen, inzwischen sind weitere 50 Quadratmeter Ausstellungsraum hinzu gekommen, 32 Ausstellungen von 30 Künstlerinnen oder Designern gelaufen. 10 Künstler und Designerinnen vertritt die ES gallery derzeit. Neben den Ausstellungen in der ES gallery sind die zweite und dritte Säule von ES nun die ES artothek, über die Private und Unternehmen gegen eine Miete für drei, vier oder sechs Monate Kunstwerke ausleihen können, sowie ES projects, die Projekte außerhalb des Ausstellungsraums präsentiert – in den letzten 5 Jahren waren es 13. Das die Fakten. Wir aber wollten mehr wissen und haben bei Erwin Seppi und seiner Assistentin Linda Egger angeklopft und neugieriger nachgefragt.
Was bewegt einen Bankbeamten dazu, eine Galerie zu eröffnen Unzufriedenheit mit der Szene? Geldüberfluss? Langeweile? …?
Geldüberfluss gepaart mit Langeweile fände ich als Motivation zwar cool, bei mir war ES aber schlicht und einfach der Traum, einen lebendigen Ort der Kommunikation und des Austausches von künstlerischen Ideen zu schaffen.
Deine Wohnung und Galerie, Erwin, sind ja fast eins bzw. beide gehen ineinander über. Wie trennst du Leben von Kunst und Kunst von Leben?
Leider gibt ES noch diese Trennung (aber sie schwindet kontinuierlich und unaufhaltsam).
Ihr seid zu zweit in der Galerie. Linda Egger unterstützt dich, wo sie kann. Wie seid ihr “zusammen” gekommen?
Auf Anraten von Gudrun Esser (sie ist Schuld) und ich habe ES nie ernsthaft bereut.
Frage an Linda Egger: Was hält dich in der Galerie? – Es ist sicher nicht immer einfach, oder?
Neugier! Spannung! Reibungsflächen! Direkte Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst und deren Künstler. ES ist für mich eine große Bereicherung, die Welt durch einen anderen Blickwinkel zu betrachten und auf subtile Weise an Grenzen zu stossen.
Nun gibt es ES seit fünf Jahren – Alles Gute, by the way! Wie feiert ihr das? Warum nicht groß und prunkig?
…weil wir uns, obwohl wir stolz sind auf das bisher Erreichte und uns auch gerne daran erinnern, lieber an der Zukunft orientieren und an der Neugestaltung von ES arbeiten.
Trotzdem kurz an die Vergangenheit gedacht: Was waren die Highlights der vergangenen fünf Jahre? Worauf bist du besonders stolz, dass es Teil von ES war oder ist?
Die letzten 5 Jahre!! Das gemeinsame Entwickeln von Ideen und die gemeinsame Umsetzung von Projekten, KÜNSTLERFÖRDERUNG, unzählige Gespräche und Begegnungen mit Menschen, Menschen, die mich unterstützen, KUNSTVERMITTLUNG, und meine eigene persönliche Weiterentwicklung in dieser Zeit und und und…
Was müsste sich am System ändern, damit die Kunst offener, freier, kulanter, visionärer wird?
Das System (Politik und der sogenannte Kunstmarkt) müsste an Einfluss verlieren, aber vielleicht erledigt das ja die Krise…
Danke für’s Stichwort! – Wie kann eine kleine, aber feine Galerie in Zeiten wie Krisen mir nichts dir nichts überleben? Ihr seid zu zweit. Reicht es für beide? Zum Leben? Wie viel Leidenschaft muss da sein?
Sehr viel Leidenschaft, verbunden mit Kreativität und Ausdauer und sehr viel Leidenschaft!!
Ist Südtirol inzwischen bereit für „echte“ zeitgenössische Kunst?
Wir geben die Hoffnung nicht auf und arbeiten daran, tagtäglich und reden und reden und reden und…
Und was fehlt dir hier? Warum glaubst du, flüchten, beispielsweise, viele Kreative ins Ausland? – Oder ist dieser Fluss nichts Besonderes und nicht anders als in anderen Ländern?
Ich bin hier glücklich, kann ich hier in Freiheit leben und meine Ideen verwirklichen, auch wenn ich immer wieder gerne zur Inspiration nach Außen blicke… Ich bin mir nicht sicher, ob es (hier- und anderswo) immer eine Flucht ist, im besten Fall sollte es vor allem eine Suche sein, Neugierde und die Herausforderung, sich im Ausland zu bewähren.
Eure Zukunftsprojekte? Worauf können wir uns heuer noch freuen?
Begegnungen mit tollen Künstlern und Designern im Rahmen der vier Ausstellungen der ES gallery, tolle ES projects inn- und außerhalb der Galerie und Kunstwerke der ES artothek EVERYWHERE YOU LOOK
Apropos Artothek, ist das dein Instrument, um “gute Kunst” unters Volk zu bringen?
Es ist die logische Fortführung des Gedankens der Kunstvermittlung von ES, Kunst den Menschen näher zu bringen… Menschen, die leider immer noch eine Hemmschwelle im Überschreiten einer Galerietür sehen oder einfach noch nicht den Eingang zur zeitgenössischen Kunst gefunden haben.
Letzte Frage: Was wirst du nie bei dir zeigen?
Eine Nilpferdfamilie (aus Platzgründen) und Kunst, die nicht der Philosophie von ES entspricht.
Foto oben (c) Stefan Tschurtschenthaler
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