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October 16, 2013

Stein auf Stein, das Haus der Solidarität wird bald fertig sein – die Rettungsaktion you-build.it

Kunigunde Weissenegger

Unglaublich, aber wahr: Seit ganzen sieben Jahren versucht das Haus der Solidarität (HdS) eine neue Bleibe zu finden. – Ja, ganz recht, geradezu lächerlich, in einem Land mit unzähligen leerstehenden und ungenützten Gebäuden. Sieben Jahre hoffen sie und bangen sie, die Menschen im Haus dort in Milland bei Brixen. Sieben Jahre geht es auf und ab. Und nun ist der Schuss gefallen – nein, zum Glück nicht der Todesschuss, sondern der Startschuss für die Bausteinaktion: Ab sofort verkauft das Haus der Solidarität Bausteine: virtuelle und reelle. Die virtuellen Bausteine sind unter www.you-build.it ganz easy zu erstehen – einfach klicken – die Website haben die Studierenden der Gewerbeoberschule, Fachrichtung Informatik in Brixen erstellt. Die reellen Bausteine sind aus Ton und Holz – hergestellt zum Teil von Menschen eines bolivianischen Partnerprojektes und zum Teil von den HdS-Menschen selbst. Wer interessiert ist, einen echten Baustein zu erstehen oder sich aktiv an deren Verkauf zu beteiligen (und damit zu dealen), kann sich an das HdS wenden: Tel. 0472/830 441 oder hds@hds.bz.it oder Vintlerweg 22 in Brixen. Das durch den Verkauf eingenommene Geld unterstützt die Finanzierung von Umbau und Sanierung der neuen Bleibe im Jakob-Steiner-Haus in Milland: Aus großen Räumen und Gängen müssen kleine Zimmer entstehen. Laut Plan kostet der Umbau 1,5 Millionen Euro; 500.000 Euro übernimmt das Land für die Außensanierung; der Innenausbau würde normalerweise fast 1 Million Euro kosten. ”Die Bausteine sind ein Symbol der Solidarität mit dem Sozialprojekt HdS. All jenen, die einen Baustein im Wert von 25 Euro kaufen, sind wir sehr dankbar,” meint der Leiter des Hauses der Solidarität, Alexander Nitz. Wir haben mit ihm über das Haus und die Menschen darin, die prekäre Situation und diese aufsehenerregende Rettungsaktion gesprochen.

Alexander, was können wir tun, damit das Haus der Solidarität nicht unter die Talferbrücke oder eine andere Brücke ziehen muss?

Uns ist bewusst, dass wir schon seit sieben Jahre um Unterstützung “betteln”. Zuerst war es die Unterstützung vieler Freunde des HdS bei der Herbergssuche. Nun, da diese gefunden ist, ersuchen wir um finanzielle Unterstützung. Land und Gemeinde werden uns 3 Stockwerke eines Gebäudes in Milland bei Brixen zur Verfügung stellen (das Jakob-Steiner-Haus in Milland, nicht weit entfernt vom aktuellen Sitz im Gebäude der Comboni-Missionare – A.d.R.). Allerdings müssen wir aus den großen Räumen nun viele kleine Zimmer für unsere rund 50 Gäste machen. Laut Projekt kostet das 1 Million Euro. Mit freiwilligen Handwerkern, Materialspenden, gebrauchten Materialien hoffen wir, diese Kosten auf die Hälfte zu reduzieren. Aber für eine kleine Organisation wie das HdS bleibt es eine Riesenherausforderung. Wir glauben jedoch: Solidarität versetzt Berge.

Erzähl uns doch bitte einmal, was im HdS alles geschieht? 

Wir haben einmal das HdS als Ort des „Kunterbunten Zwischenwohnens“ bezeichnet. Hier wohnen Menschen in schwierigen Lebenslagen – aus Südtirol und vielen Ländern der Welt – zusammen mit Organisationen wie der oew – Organisation für Eine solidarische Welt oder Oikocredit. Die Gäste suchen ihre meistens vielen und großen Probleme in den Griff zu bekommen. Die Organisationen entwickeln im HdS ihre vielfältigen Tätigkeiten. Und wir fühlen uns auch als kleiner Inkubator für nachhaltige Ideen: In den alten Mauern des HdS werden viele Ideen geboren, die im Kleinen Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit suchen.

Wer wohnt, lebt oder arbeitet dort? 

Wir beherbergen Kinder, Jugendliche und Erwachsene und alte Menschen, Männer und Frauen, Einzelpersonen und Familien, Haftentlassene, Suchtkranke, psychisch Kranke, Flüchtlinge, Opfer von Gewalt… Alle sind auf der Suche nach Arbeit und Obdach. Alle hoffen sie, einen Ausweg aus ihrer Misere zu finden.

Wie sieht ein typischer Tag im HdS aus? 

Im HdS pulsiert das Leben. Wenn die ersten aufstehen, gehen die letzten zu Bett, weil sie z. B. von der Spätschicht heimkehren. Jeder richtet sich das Frühstück selbst. Vormittags stehen bei vielen Ämtergänge an. Auch die Arbeitssuche läuft vormittags besser. In den warmen Monaten gehen – je nach Bedarf – die Leute vormittags in den Garten, den uns ein Bauer kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Um 11 Uhr beginnt das Kochen. Die Gäste übernehmen das abwechselnd selbst. Um 12.30 Uhr gibt es Mittagessen – für 5 bis 25 Leute. Danach sitzen einige gerne auf der Bank beim Hauseingang. Viele verrichten am Nachmittag ihre Putzdienste. Wenn Professore Mario, ein Gast des Hauses, Zeit hat, beginnt in dieser Zeit sein Einzelunterricht. Fach: Italienisch. Dann ab 17 oder 18 Uhr beginnt wieder das Kochen. Um 19.30 Uhr Abendessen. Da nehmen meistens mehr Leute teil, weil auch die Arbeiter hier sind. Danach sind oft noch Sitzungen, ein gemeinsamer Tanzkurs, gemeinsames Musizieren, Kartenspielen oder TV-schauen. Ab 22 Uhr ist Nachtruhe. Die Gespräche von uns 3 Hausleitern mit den Gästen finden den ganzen Tag über statt, je nachdem, wann wir sie antreffen.

Warum ist es wichtig, dass das Haus nicht schließt? 

Eigentlich steht es nicht uns zu, diese Frage zu beantworten. Aus unserer Sicht ist das HdS ein Ort, in dem man Solidarität spüren kann. Es ist die besondere Atmosphäre, die uns viel Sympathie bringt, aber auch vielen Menschen eine Kraftquelle ist. Wir sind bekannt ob unserer unbürokratischen und kreativen Lösungen. Und wir haben bisher dem Steuerzahler keinen Cent gekostet, obwohl wir jeden Tag einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. In Zeiten des Sparens werden solche alternativen Modelle wohl wichtiger werden. Das Konzept ist, soweit wir das sehen, einzigartig. Instabile Menschen wohnen mit Stabilen zusammen und meistern gemeinsam ihr Leben; Menschen aus verschiedenen Ländern lernen im täglichen Miteinander auf friedliche Weise das 1×1 des Lebens in Südtirol kennen. Diese und andere Gründe sind es, die uns 7 Jahre lang Kraft gegeben haben, nicht aufzugeben.

Hier steht mehr darüber: www.hausdersolidaritaet.org/solidaritaet-braucht-ein-haus 

Spendenkonten für das Haus der Solidarität: 
Raiffeisenkasse Eisacktal, IBAN: IT 22 U 08307 58221 0003 0022 9458. 
Südtiroler Volksbank, IBAN: IT 18 I058 5658 2200 7057 1174 029. 
Südtiroler Sparkasse, IBAN: IT81 A060 4558 2200 0000 5005 095

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