Ich schenk dir eine Geschichte – Internationales Storytelling Festival in Bozen

Storyteller El Santo – Santa Palabra Cali – Colina de San Antonio

Vor zirka… ungefähr… fast genau… einem Jahr war ich in Kolumbien auf Urlaub, eine Freundin besuchen. In Cali hat sie sich verwurzelt. Und Cali hat sie mir gezeigt. Die Straßen, die Menschen, das Essen, klarerweise die Salsa, den Tango, die Bars und Tanzlokale. Die exotischen Früchte und Früchtchen… Und eines Abends, wir waren müde vom langen Tag in der Stadt und von unterwegs, hat sie mich mit genommen, nicht weit von unserer Residenz, auf einen Hügel, hinan den Berg, gleich hinter der Polizeistation, am Fuß des Kirchleins, hinein in einen Kreis von Menschen, die zunächst tanzten, sich dann leise setzten – auf die den Hügel hinan steigenden Treppen – und ihren Blick in eine Richtung streifen ließen. Flüstern, Raunen. Sie betraten die Bühne, die keine war: die Cuenteros. Für ein, zwei, drei, vier Stunden – ich vergaß die Zeit, tut mir leid – nahmen sie uns mit auf eine Reise in eine fabelhafte Welt. Manchmal witzig, manchmal ernst, auch traurig und berührend erzählten sie Geschichten von Menschen, von Tieren, von Fabelwesen. Vom Leben. La Colina de San Antonio verwandelte sich in eine Bühne mit unermesslicher Ausstattung und Dekoration, die sie mit Worten formten und unsere Vorstellungskraft bis in Letzte reizten. Die – je nach Story – ein, zwei, drei Geschichtenerzähler spielten mit Worten, klaubten, schmetterten, flüsterten, schrieen, weinten, plärrten, schwiegen. Der Mund formte Worte, das Gesicht schnitt Grimassen, der Körper wand sich und Geschichten suchten sich, vorbei an verschränkten Armen und offenen Mündern, den Weg in unsere Ohren und Augen… Freunde, Bekannte, die Nachbarschaft, sie kommen und treffen sich regelmäßig dort und lauschen den bezaubernden Worten.

…nun Cali wäre etwas weit, und wir können nicht alle hin. Deshalb ist es umso wundervoller, dass Cuenteros, also Storyteller, also Geschichtenerzähler zu uns kommen: Vom 27. bis 30. September 2012 wird es in Bozen magisch: Das Internationale Storytelling Festival kommt – erstmals – zu uns. Hauptveranstaltungsort ist, passenderweise, Schloss Maretsch. Und mit ihm einige der bekanntesten Storyteller der Welt: Regina Sommer dürfte vielen im deutschsprachigen Raum ein Begriff sein. Sie leitet unter anderem auch das Storytelling Festival in “Zwischen Zeiten” in Aachen. Dabei auch die Wikingerin (sie liebt Keltensagen und pikante Geschichten) Heidi Dahlsveen aus Norwegen, die den Lehrstuhl für Storytelling an der Universität in Oslo inne hat. Aus England, genauer gesagt aus Wales, kommt David Ambrose angereist. Er ist der Leiter des wichtigsten Storytelling Festivals in Europa: “Beyond the Border” bei St. Donat’s Castle, einem Tudor-Schloss in Wales in der Nähe von Cardiff.  Storyteller und Italo-Kanadier und Mundharmonika-Virtuose Charly Chiarelli bringt Geschichten über die große Abwanderung der Italiener und Europäer nach Amerika. Außerdem fliegt ein das weibliche Storyteller-Trio Paramithokhores: Die Griechinnen erzählen, spielen und singen auf erfrischende Weise von alten griechischen Helden und Sagen.

Das Programm ist dicht und los geht’s am Donnerstag, 27. September um 18 Uhr im Alten Rathaus. Vier Tage, lang bis Sonntag, schenken uns große Meisterinnen und Meister und junge Erzählerinnen und Erzähler Geschichten, intime Momente, bereichern unser Denken und Tun. Freitag, Samstag, Sonntag gibt’s auch die Möglichkeit, an verschiedenen Workshops teilzunehmen. Und wer eine Geschichte im Keller, im Kopf, auf der Zunge hat, kann sie entweder am Samstag, 28. von 15.30 bis 17.00 Uhr beim Story Slam “Es war einmal ein Schloss” in jeder beliebigen Sprache erzählen. Oder auch am Sonntag, 29. im Openfloor “Salone Raccontamiunastoria Salon” von 17.45 bis 19.30 Uhr (max. 7 Minuten). Alle Infos, das Programm plus Workshops und Anmeldung findet ihr auf www.sagapoteatro.com.