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March 2, 2012

Lukas Zanotti x 2

Maximilian Lösch

Ich bin also hingegangen, zu der Performance. Ich war etwas spät dran, hab mir das Fahrrad von meiner Mitbewohnerin geliehen und bin auf dem schnellsten Wege zur Goethe 2 Galerie geradelt. Es waren noch nicht so viele Gäste da als ich dort ankam; nach kurzem Warten hat die Performance auch gleich begonnen. Lukas begann mit: “Vielleicht wissen es viele hier nicht, aber Lukas Zanotti ist tot.” Die Verwirrung im Saal hat sich gelöst als er die Geschichte von einem angeblichen Onkel erzählt hat, der viele Jahre seines Lebens in verschiedenen Psychiatrischen Kliniken verbracht hat, und die letzte war die in Pergine gewesen. Dort hatte er es eines Nachts geschafft auszubrechen. Ein schreckliches Gewitter war aufgezogen und man fand den verkohlten Leichnam seines Onkels in einem vom Blitz getroffenen, abgebrannten Stadel einige Tage später. Mehrere Jahre danach erblickte Lukas Zanotti, der jetzige, am Todestag seines Onkels das Licht der Welt. Die Erzählung ging dann weiter, er erzählte, dass erst vor Kurzem bei Renovierungsarbeiten in der Anstalt von Pergine die künstlerischen Arbeiten der Insassen wiedergefunden wurden, unter anderem auch die Arbeiten seines Onkels, den er als den wahren Autor der zum Verkauf stehenden Drucke, des Buches Vochaboulista und der anderen Arbeiten, welche den Namen Lukas Zanotti trugen, entlarvte. Seine Aufgabe war es nur die Arbeiten seines Onkels zu publizieren. Dann ging die Performance los.
Der Raum wurde verdunkelt, es tauchten zwei nackte männliche Gestalten hinter den verglasten Wänden im oberen Geschoss auf, auf dem Boden sitzend, und nur vom Licht ihrer Laptopmonitore beleuchtet. Darunter war ein Soundkünstler, der die Deklamation des Buches Vochaboulista der beiden nackten Männer begleitete und verzerrte.
Anfänglich ließ ich mich berieseln, ich konnte aber keinen richtigen Zugang zur Performance finden, war zu müde und konnte nur an mein Bett denken… Nach den ersten Resistenzen jedoch fing ich an mich auf diese Geräusch-Landschaft einzustimmen, die den Raum sehr suggestiv füllte. Die Worte, manchmal zusammen und manchmal alleine von den beiden gesprochen, verschwammen in Echos und Verzerrungen, wurden nur mehr zu unverständlichem Geplapper und Geräuschen, in anderen Momenten waren sie klar und laut, wie Befehle einer abstrusen und absurden Macht, das Gefühl, das ich wahrnahm, war etwas Dämonisches, Mysteriöses, Unbekanntes, ich fühlte mich inmitten eines Bozner Eyes Wide Shut, und ganz am Ende sprang mich ein Gedanke an: Dort war ein unterbewusster Dialog zwischen den beiden Lukassen inszeniert.
Was auch immer der Fall sei, es war interessant in jene Gewässer abzutauchen. Nachher gab es dann auch noch Wein und Käse.

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There are 4 comments for this article.
  • Haimo Perkmann · 

    Dieser lakonische Lapidarstil gefällt mir, erinnert ein wenig an Mek Wito, den Berliner Blogger aus Deutschnofen, zu finden unter: http://www.Mequito.org, und als Blogger für das Meraner Festival Sprachspiele im Oktober.

    Dennoch kurz zu den Fakten: der Soundkünstler heißt Peter Holzknecht alias Kompripiotr, korrekt: peter#kompripiotr#holzknecht und ist Gründer des Labels Lagrindnoire: http://www.lagrindnoire.com

    PS
    Ich würde es nicht als “unterbewussten” Dialog zwischen den beiden Lukassen bezeichnen, was sollte das sein, da es doch zwei sind? Es ist eher ein Diskurs aus der Distanz, oder ein Diskurs unter Abwesenden. wie auch immer, thx für den beitrag, hoffe bald wieder was von holzknecht ztu sehen.

  • Maximilian Lösch · 

    Die kollektive Intelligent des Netzes!! Vielen Dank Haimo für die Vervollständigung des Posts!

    Was nun den Dialog angeht, kann es sein, dass du Dialog gelesen, aber Monolog verstanden hast, da Dialog doch zwischen zwei Personen stattfindet…
    Dass es dann vielleicht nicht das beste Wort ist, da kann ich dir zustimmen, in einem Dialog geht der eine Gesprächspartner auf das ein, was der andere sagt, was sicher bei der Performance nicht der Fall war… es gab eher ein Überlagern, ein Wettbewerb um den selben Platz, manchmal zusammen manchmal getrennt gesprochen.
    Aber am Ende verliert sich so eine Diskussion doch immer weiter in einem verworrenen Wald aus Definitionen und Wahrnehmungen von Worten, einerseits glaube ich, dass eine Performance gerade den Rahmen der Sprache sprengt um etwas auszudrücken, das man mit Worten nicht ausdrücken kann, und andererseits bin ich der Meinung, dass eine wirklich Objektive Sicht/Beschreibung der Dinge nicht möglich ist, aus dem Gesichtspunkt einer erweiterten Wahrnehmung, die nicht nur den rationalen Teil des Bewusstseins mit einschließt.

    • sakul · 

      Forse una banalità, quindi una scomoda verità: tutti i monologhi sono in realtà dei dialoghi (magari abortiti, virtuali, comunque sempre ‘vissuti’; persino una pagina diaristica è scritta per qualcuno ed è pensata come un dialogo!) e tutti i dialoghi sono in realtà dei monologhi (chi oggi riesce veramente a comprendere la Lingua dell’Altro? nella nostra società dove tutto è omologato, nessuno comprende veramente l’Altro).