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August 17, 2016

Neuer Geist in alten Mauern –
Kuratorium Zenoburg

Christine Kofler
Die Zenoburg thront auf einem Felshügel über dem Eingang des Passeiertals und ist seit 1799 im Besitz der Familie von Braitenberg. Mit dem „Kuratorium Zenoburg“ zieht ein neuer Geist in die Meraner Hausburg. Wir haben am vergangenen Samstag (13.8.16), dem Tag der offenen Tür auf der Zenoburg, mit Erwin Seppi, neben Stefan Nicolini, Zeno, Emilia und Paul von Braitenberg Mitglied des Kuratoriums, gesprochen.

Schon der Weg zur Burg ist old school, schließlich dachte im 13. Jahrhundert niemand an Parkplätze. Man geht also zu Fuß. Durch das Steinachviertel, das Passeirer Tor und weiter den Serpentinen entlang. Nun noch die steile Anhöhe hinauf und voilà: Ein herrlich verwunschener, hügeliger Garten mit alten Linden und von Moos überwachsenen Bänken empfängt die Spaziergänger. Ein Panorama, das das Attribut “atemberaubend” mehr als zu Recht verdient. Und erklärt, warum schon die Römer diesen Ort als strategischen Stützpunkt zur Kontrolle der Handelswege wählten. Johannes Ortner vom Heimatschutzverein Meran führt die neugierigen Gäste erst in die Kapelle und dann von der Römerzeit über die Spätantike und das Mittelalter bis ins Jahr 1799, als Leopold von Braitenberg die Burg erwarb. Während der Reise durch die Zeit sitzt man dort, wo Wallfahrer und Pilger schon im 5. Jahrhundert um Seelenheil beteten, wo die Gebeine des Hl. Valentin und des Hl. Korbinian ruhten und wo Margarete von Tirol-Görtz als kleines Mädchen spielte. Zur spannenden Historie gesellt sich nun mit dem Kuratorium Zenoburg eine spannende Zukunft.

Zenoburg 

Erwin, wie ist die Idee zum Kuratorium Zenoburg entstanden?

Schlossherr Zeno von Braitenberg und ich haben schon vor zwei Jahren begonnen darüber nachzudenken, in welcher Form man die Zenoburg der Öffentlichkeit zugänglich machen könnte. Obwohl die Burg Schauplatz bedeutender historischer Ereignisse war, ist sie – da sie lange nicht zugänglich war –  für die Meraner ein weißer Fleck. Wie groß das Interesse an dem Ort ist, beweist auch der Andrang am heutigen Tag der offenen Tür. Mich persönlich hat der Ort gleich fasziniert, eben auch, weil er ein unbeschriebenes Blatt ist. Auch Emilia und Paul von Braitenberg (Tochter und Sohn von Zeno) hat die Idee der Zugänglichmachung gefallen. Stefan Nicolini und ich bringen hingegen die Perspektive von außen mit.

Wie ist die inhaltliche Ausrichtung des Kuratoriums?

Wichtig war uns eine behutsame Herangehensweise, die eng mit der Geschichte der Burg verknüpft ist. Auch heute, am Tag der offenen Tür, rückt der Ort ins Zentrum: Johannes Ortner vom Heimatschutzverein erzählt aus der wechselvollen Geschichte der Zenoburg, es gibt ein Glas Wein. Ganz bewusst haben wir hier Reduktion betrieben. Wir wollen auf der Zenoburg keine Hochzeiten feiern, sondern kleine, feine Veranstaltungen organisieren.

Unser heuriger Schwerpunkt Frauen im Gespräch knüpft ebenfalls an die Historie an: Margarete von Tirol-Görz hat hier ihre Kindheit verbracht. Eine sehr spannende und bedeutsame historische Figur, die – auch wenn ihr politisches Handeln als Frau natürlich von Zwängen bestimmt war – als Landesfürstin von Tirol mutig ihren eigenen Weg beschritten hat. Eine starke Frau also. Der Beiname „Maultasch“ ist ihr bis heute erhalten geblieben, ich nenne sie jedoch ganz bewusst nicht so. Wir möchten auch dieses groteske Bild von Margarete von Tirol-Görtz hinterfragen und schauen, wie sich dies im Laufe der Zeit verändert hat. Mit Frauen der Gegenwart im Gespräch machen wir den Anfang.

Im Grunde gibt es also zwei inhaltliche Pfeiler, zum einen „Kunst und Wissenschaft“, angedacht bereits vom Vater von Zeno von Braitenberg, dem Südtiroler Hirnforscher Valentin von Braitenberg. Zum anderen „Archäologie und Baugeschichte“. Im September beginnen die Grabungen des Amts für Bodendenkmäler, wir hoffen auf neue Erkenntnisse zur Geschichte der Burg. Ideal wäre eine ständige Ausstellung der Funde. Wir werden der Öffentlichkeit dann auch einen archäologischen Bericht vorstellen.

Gibt es schon Pläne für das kommende Jahr?

Voraussetzung für die öffentliche Nutzbarmachung ist ein weiterer Zugang zur Burg. Hier stehen derzeit zwei Varianten im Raum: Ein Zugang über die Gilf oder über Zenos Privatgrund. Schön wäre, wenn wir den Zugang bis zum nächsten Frühjahr realisieren könnten. Auch eine ganz reduzierte Gastronomie mit ein, zwei Gerichten könnten wir uns vorstellen. Wir werden mit der Gemeinde Meran und Dorf Tirol in Kontakt treten, die Zenoburg ist ja auch eine Art Scharnier zwischen beiden Orten. Darauf aufbauend werden wir dann das Programm für nächstes Jahr entwickeln. 

FRAUEN DER GEGENWART IM GESPRÄCH – Multisensorische Portraits mit Benno Simma (Künstler), Thomas Mahlknecht (Musiker) und Alexander Morgenstern (Cocktail-Profi)

20. August / 11.00 Uhr
Francesca Melandri – Geschichte, Emotion und Faschismus. Die italienische Autorin des Romans „Eva schläft“ über ihr Südtirol-Bild und über ihr neues Buch zum Faschismus
27. August / 14.00 Uhr
Olga Scheps – Schönheit und Talent. Das Bild der Frau auf der klassischen Musikbühne
3. September/ 10.00 Uhr
Martha Stocker – Macht, Ohnmacht, Maultasch. Der Blick hinter die Kulissen umstrittener Frauenfiguren mit der Südtiroler Historikerin und Politikerin.

Foto: Damian Pertoll

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