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January 13, 2017

Der Bescheid ist also… “Sieben Sekunden (In God We Trust)”

Christine Kofler

Der Präsident hält eine Rede. Die SchauspielerInnen treten vor, näher an das Publikum, „Bedrohung, Angst, Schrecken, Gefahr, Notwehr, Terror… Terror, Terror, Terror“ proklamieren sie im Chor, knurren sie, immer lauter bis der „Terror“ in ohrenbetäubendes Gebell übergeht. Der Mensch ist jetzt ganz Tier. Eine der stärksten Szenen des Tanztheaterprojektes „Sieben Sekunden (In God We Trust)”, das Fabrik Azzurro und die Tanzschmiede derzeit gemeinsam auf die Bühnen Süd- und Nordtirols  bringen.

SiebenSekunden_In God We Trust_Tanztheater_Falk Richter_Fabrik Azzurro_Tanzschmiede_Meran Theater in der Altstadt

15 Jahre Krieg gegen den Terror

Bushs Rede zum Irakkrieg, in dem der amerikanische Präsident den völkerrechtswidrigen Einmarsch rechtfertigte, ist nun 14 Jahre her. Zeitgleich entstand das Stück „Sieben Sekunden“ des Zürcher Theatermachers Falk Richter. Was hat sich seitdem verändert? Nichts, möchte man meinen – der Text ist noch genauso aktuell wie bei seiner Entstehung. Die Bedrohung, so tönt es, ist allerorts. Wir müssen uns schützen und schützen heißt überwachen, angreifen, strafen.

Die Sieben Sekunden des Kampfbomber-Piloten, dargestellt von Riccardo Meneghini, bis zum Einschlag in die Wüste bilden das Skelett dieses von Martina Marini und Thorsten Schilling inszenierten Tanztheaterstücks, in dem Performance, Video, Musik und Sprache ineinanderfließen. Zu den medialen gesellen sich auch inhaltliche Metaebenen hinzu – wie sonst könnte man der medienvermittelten Ästhetik des Krieges beikommen. Schließlich ist auch Medienkritik immer medienvermittelt und überhaupt, was kann man denn schon heute noch erkennen? Die Allianzen wechseln so schnell, heißt es im Stück, und wer weiß das schon, ob das nun eine Aspirin-Fabrik oder eine Waffen-Fabrik ist – Informationen kann man nicht trauen und das schon zehn Jahre, bevor „Fake-News“ in aller Munde sind.

Kein Fels im Meer aus Zeichen

Sprachfetzen, Körperfiguren, Videos und Musik vereinen sich zur Symphonie des Krieges, zum wohl bekannten, medialen Hintergrundrauschen für Menschen, die das Morden nicht selbst erleben. Der Gedankenstrom des Bomberpiloten erschafft die idyllische Vorstadtfamilie, die frühmorgens ihre amerikanische Flagge hisst und pünktlich zum Abendrot von der Veranda aus gen Osten blickt, mit dem Wissen, die Boys kämpfen für das Homeland. Wer die Bilder bestimmt, gewinnt den Krieg. Und gibt es den Krieg überhaupt, wenn es keine Bilder gibt? Einen Felsen im Meer aus Zeichen gibt es auch im Theater nirgendwo, am ehesten dürfen sich die ZuschauerInnen an den Körpern festhalten, die mal Zombies sind oder ein Massengrab, ein unentwirrbarer Haufen am Boden. Die mal schmerzhaft stürzen. Sich mal stützen. Aber immer eine eigene Ebene bilden, die weit über eine Text-Illustration hinausgeht.

SiebenSekunden_In God We Trust_Tanztheater_Falk Richter_Fabrik Azzurro_Tanzschmiede_Meran

Am Ende erklingt die Stimme aus dem OFF und verweigert autoironisch die Förderung der Produktion. „Zu wenig Handlung, zu abstrakt, es berührt mich einfach nicht,“ heißt es da. „Man müsste ein Kind ganz langsam sterben sehen, das würde vielleicht funktionieren. Nein, nein. Also ja. Der Bescheid ist also negativ.“ Das Publikum im Theater in der Altstadt in Meran stimmte anders ab als der fiktive Produzent, am Ende gab viel Applaus für das engagierte Ensemble, bestehend aus Anastasia Kostner, Eva Kuen, Riccardo Meneghini, Peter Schorn und Christoph Stoll.

Gelegenheit, das brandaktuelle Stück noch zu sehen, gibt es am 13., 14. und 15. Jänner 2017 im Westbahntheater in Innsbruck jeweils um 20 H sowie am 29. und am 30. März 2017 im UFO in Bruneck jeweils um 20.30 H.

Fotos: Fabrik Azzurro + Tanzschmiede

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