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July 13, 2011

Young RittenArt in der Kommende Lengmoos

Kunigunde Weissenegger

Heuer im Sommer gibt die Kommende Lengmoos am Ritten Gas. Nach Erika Inger und Wolfgang Wohlfahrt (ab 13. August ist dann Alberta Pfeifhofer an der Reihe) eröffnet am 16. Juli um 18.00 Uhr die Ausstellung Young Ritten Artists. Acht junge Künstlerinnen und Künstler zeigen auf Einladung von Sabine Gamper bis 7. August 2011 in der Kommende, in deren Hof auch heuer wieder die bekannten Rittner Sommerspiele stattfinden, ihre Werke: Eva Bauer, Rupert Complojer, David Messner, Verena Messner, Sarah Oberrauch, Martina Platter, Lara Rasom und Nadja Zwerger.

Young Ritten Artists wirft ihr Augenmerk auf eine junge Generation von Künstlerinnen und Künstlern, Architektinnen und Architekten, die aufgrund ihrer Herkunft mit dem Ritten verbunden sind, und deren Arbeiten stellvertretend für viele junge Kulturschaffende stehen, die durch ihre Arbeiten den heimischen Kunstbetrieb beleben und mit neuen Ideen und Ausdrucksmöglichkeiten erweitern.

Der Titel verweist frech und mit einer gehörigen Portion Ironie auf die legendären Ausstellungen der sogenannten Young British Artists Mitte der 80er Jahre – einer damals noch sehr jungen Künstlergruppe, die sich unter der Federführung des heute weltweit erfolgreichen Künstlers Damien Hirst zusammenschlossen, um eine ganze Reihe an Ausstellungen zu organisieren, mit dem Zweck, sich und die eigene Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren und gute Kontakte zu knüpfen. (Südtiroler Charles Saatchi gesucht!)

Die Young Ritten Artists, die zum Großteil Mitte der 80er Jahre geboren sind und zum Teil noch studieren, wollen nun gemeinsam mit dieser (für die meisten) ersten Ausstellungspräsentation starten, wenn auch mit bedeutend bescheidenerem Hintergrund als die Künstlerinnen und Künstler damals in London, jedoch auch mit dem Ziel, einer möglichst breiten Öffentlichkeit ihre Kunst zu zeigen und eventuell längerfristig im heimischen Kunstbetrieb integriert zu werden.

Die jungen Rittner Künstlerinnen und Künstler arbeiten mit unterschiedlichen Medien in den Bereichen Fotografie, Video, Malerei, digitale Bildmedien, Street Art, Objektkunst und Installation, sodass die Ausstellung einen breiten und offenen Blick durch verschiedene künstlerische Medien und Techniken ermöglicht. Inhaltlich gibt es kein Thema, das die unterschiedlichen Positionen unter ein Dach bringen soll, es zeigt sich jedoch in den Arbeiten eine vermehrte Auseinandersetzung mit dem Thema Raum bzw. Standorte, Bewegung und Distanzen im Raum.

Hier stellen wir euch die Rittner Künstlerinnen und Künstler vor:

Eva Bauer (*1979, Kunststudium in Florenz und Designstudium in Bozen, lebt und arbeitet in Bozen) realisiert eigens für die Ausstellung in der Kommende Lengmoos eine Rauminstallation aus Draht. Dieses fragile Konstrukt erzeugt einen skulpturalen Raum, der unsere Wahrnehmung fordert, da er sich durch unsere Bewegung als Betrachterin oder Betrachter im Raum immer wieder neu zu formen und zu verändern scheint. In dieser Auseinandersetzung entsteht eine Resonanz mit dem Raum und seinen Zwischenräumen, die sich durch die Anordnung der Drahtfäden und ihre Wiederholung als Schatten an der Wand ergeben. Raumwahrnehmung, Distanzen, Instabilität und Veränderung (auch im übertragenen Sinne) sind Themen, die Eva Bauer mit ihrer Arbeit bespricht.

Die großformatigen Bildcollagen von Rupert Complojer (*1971, Architekturstudium in Innsbruck, lebt und arbeitet in Innsbruck und Haiming, Tirol) entstehen durch die Verwendung von technischen Medien wie dem Scanner und dem Computer, wobei er den Scanner wie einen Fotoapparat verwendet, indem er Objekte, Motive aus anderen Bildmedien oder sogar den menschlichen Körper im Format DIN A4 digitalisiert, sortiert, differenziert und neu montiert zu einer großformatigen Collage zusammenfügt. Durch die anschließende digitale Bildbearbeitung am Computer werden die Farben derart verändert, dass die Arbeiten einen stark malerischen Charakter erhalten. Durch die farblichen und kompositorischen Veränderungen kommen neue Sichtweisen auf Themen zum Vorschein, welche die jeweiligen Inhalte mit neuen Augen betrachten lässt.

David Messner (*1981, Architekturstudium in Innsbruck, lebt und arbeitet am Ritten) präsentiert drei Bildtafeln aus seiner Arbeit My Sonic Youth (2009), computergenerierte Zeichnungen, die Vorstudien zu einem architektonischen Projekt einer Schiffswerft in Lazise sind. Diese Arbeit, die sich an der Schnittstelle von zeitgenössischer Kunst, Kultur und experimenteller Architektur bewegt, hat er am Institut für experimentelle Architektur./studio3 in Innsbruck entwickelt. Die Zeichnung stellt eine maschinenähnliche Abstraktion seiner Idee samt Volumina und räumlichen Verknüpfungen dar, eine architektonische konkrete Utopie, ein Denkmodell und Organisationsmuster, welches sowohl Informationen zur Anordnung der Räume wie auch Hinweise auf Informationsflüsse und Arbeitsprozesse enthält.

Verena Messner (*1985, Architekturstudium in Innsbruck, lebt und arbeitet in Innsbruck) zeigt eine 4-teilige Arbeit mit dem Titel Microspacial emergence (2010/11), die ebenfalls am Institut für experimentelle Architektur./studio3 in Innsbruck entstanden ist und sowohl architektonische wie städteplanerische, soziale und ästhetische Kriterien vereint. Es handelt sich um ein Projekt als Reaktion auf ein bereits bestehendes Gebäude, die Erarbeitung eines Raumfindungskonzeptes, in dem Messner mit mikroskopischen Bildern und Formen von Pflanzenteilen arbeitet, um neue Fragen in Bezug auf die Eigenschaft von Räumen und deren innovative technische Umsetzungsmöglichkeiten zu stellen. Architektur als gelungene Balance von Ästhetik, Funktion und Konstruktion, visuellem Empfinden und wissenschaftlichem Denken.

Sarah Oberrauch (*1986, Kunst- und Philosophiestudium in Berlin, lebt und arbeitet in Berlin) arbeitet vor allem mit dem Medium Video und realisiert multimediale Objekte. Für die Ausstellung in der Kommende Lengmoos zeigt sie neben einer Videoarbeit auch die Installation Panorama (2011), eine Konstruktion aus gestapelten Umzugskartons, die außen mit Kalenderfotos der Südtiroler Berge beklebt ist. Auf einer Seite öffnet sich die Struktur wie eine Fensterfassade und gibt das innere ,architektonische’ Skelett des Konstrukts frei, das einen verschränkten Hohlraum bildet. Dieser Innenraum ist mit den in Südtirol so beliebten Geranien geschmückt. Somit wird der übliche Außenraum nach innen transportiert, und umgekehrt die Kalenderfotos an der Außenseite der Installation angebracht.

Martina Platter (*1984, Steinmetz- und Bildhauerschule in Laas, Ausbildung zur Tätowiererin, lebt und arbeitet am Ritten) arbeitet seit einigen Jahren im Bereich der Street Art und des Graffiti. Für die Ausstellung in der Kommende Lengmoos realisiert sie drei großformatige Platten in Graffiti-Technik, welche sie teils mit stencils (Motiven in Schablonentechnik) ergänzt. Martina Platter bewegt sich inhaltlich rund um Themen des Umwelt- und Tierschutzes, die sie anhand von fantastischen Figuren mit Comic-Charakter in sehr präzisen Zeichnungen darstellt, denen sie freie, teils abstrakte malerische Bildflächen und Bildhintergründe gegenüberstellt. Ihre Arbeit hat einen sozialen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Ansatz, dessen Botschaft sie sowohl im öffentlichen Raum (beispielsweise auf Mauern im städtischen Bereich) sowie auch über Kinderbuch-Illustrationen und Ausstellungen vermittelt.

Lara Rasom (*1984, Glasfachschule Kramsach (A), lebt und arbeitet in Bozen) präsentiert vorwiegend Objekte aus Glas, die aus ihrem Alltagsleben entlehnt sind: ein Paar alte, ausgetretene Schuhe oder eine Fotokamera aus pate de verre – geschmolzener und abgekühlter Glaspaste, eine Holzkiste mit Murmeln auf Spiegelglas, welche die Besucherin oder den Besucher zum Spielen einladen. Lara Rasoms Objekte sind wie Selbstportraits, Ready Mades aus ihrem privaten Universum, die keinerlei Anspruch erheben, edel, unantastbar und zerbrechlich zu sein, so wie das Material Glas vorgeben würde. Die Objekte sind ,eingefrorene’ Momente aus ihrem Leben, in die Materie eingeschriebene Spuren, die ein Innehalten und ein Nachdenken ermöglichen, aber gleichzeitig auch den Charakter des Ironischen, Leichten und Vergänglichen in sich tragen.

Nadja Zwerger (*1981, Werbegrafik in Meran, Kunstgeschichte-Studium in Innsbruck), ist Fotokünstlerin und realisiert eine collageartig gestaltete Wand mit einer Serie von kleinformatigen Fotografien. Sie fotografiert und dokumentiert Situationen, die ihr in ihrem Alltag, aber auch auf ihren Reisen begegnen: Menschen, Räume und Objekte, aber vor allem Gassen, Türen und Durchgänge, die ins Bild gebannt Dinge sichtbar machen und Geschichten erzählen, aber auch Wege und Orte beschreiben, die wir Menschen aufsuchen. Der Faktor Zeit spielt in diesen Arbeiten stets eine wichtige Rolle und repräsentiert das Vergängliche, das Ewige, das im Moment so Seiende. Es sind vor allem die Oberflächen, die Haut der Dinge, die Nadja Zwerger faszinieren und deren besondere ästhetische Qualität in ihrer Fotografie beinahe auf symbolische Weise bedeutsam wird. Die Motive stehen nicht für sich allein, sondern wirken in der Gegenüberstellung mit den anderen und treten in einen Dialog zueinander.

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