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October 5, 2024

Show your personality (not your new clothes)

Susanne Barta

Vor kurzem überhörte ich eine Frau beim Einkaufen: „Trägt man das jetzt so?“. Hinter diesem einfachen Satz, kann, wer möchte, einiges herauslesen. Zum Beispiel den Wunsch, ein Stück so zu tragen, dass es aktuell wirkt, aber auch die Unsicherheit, vielleicht nicht ganz up to date zu sein? Vielleicht auch die Versicherung, ja nichts falsch zu machen? Sich so zu kleiden, wie es frau wirklich gefällt, scheint immer noch eine Freiheit zu sein, die recht Wenige in Anspruch nehmen. Schaut man sich im kleinstädtischen, öffentlichen Raum um, dann sieht man wenig Individuelles.show your personality_2-3 (c) Susanne BartaFür diese Story hab ich eine secondhand Hose unterschiedlich gestylt. Sie gehörte franz-Lady Kunigunde Weissenegger, ich erwarb sie bei unserem Charity Secondhand Market und trage sie seit damals ständig. Hier mit einem alten Seiden-Top (Styling-Inspo Leandra Medine Cohen), einer secondhand Armani-Jacke und secondhand Derbies von Best Secondhand Riffian.   

Wir alle sind unterschiedliche Persönlichkeiten, haben unterschiedliche Körper, Vorlieben, sind in unterschiedlichen Lebensphasen und so weiter. Da sollte doch das Ergebnis des sich Anziehens auch viel unterschiedlicher aussehen? Gesellschaftliche Konventionen sind zwar immer noch da, manchmal mehr, manchmal weniger, aber heute lassen wir uns vor allem von Algorithmen steuern, wie wir auszusehen und was wir zu tragen haben. Globale Stil- und Beauty-Standards rauschen durch das Netz, dass einer nur so das Hören und Sehen vergeht.show your personality_4-5 (c) Susanne BartaDie zweifarbigen Pennyloafer habe ich vor Jahren bei Kleopatra gefunden, der Männer-Pulli ist ebenfalls von unserem Charity Secondhand Market, gespendet (und von mir erworben) vom Easy Shops Tscherms.  

Persönlicher Stil, sich zu getrauen, zu zeigen, wer frau ist, ist Arbeit am Selbst: Sich kennenzulernen, ehrlich in sich hineinzuschauen, zu experimentieren, Wünsche, Bedürfnisse, „Stärken” und „Schwächen” benennen zu können, den Mut aufzubringen, sich auf diesen Weg zu machen, der, so lange wir leben, nicht zu Ende ist. Das heißt aber auch, etwas zu wissen, über die Kleidung, die ich trage. Welche Stoffe mag ich, welche Cuts, welche Proportionen stehen mir, welche Farben? Spiegelt das, was in meinem Schrank hängt, meine Persönlichkeit und mein Leben wider? Trage ich meine Kleidung gerne? Fühle ich mich wohl? Oder schaue ich am Morgen in meinen Kleiderschrank und denke: „Was soll ich anziehen? Ich hab nichts Passendes!” Obwohl da jede Menge Sachen hängen. Die us-amerikanische Stilikone und Journalistin Diana Vreeland sagte einmal – ich habe sie als Karte beim Fashion Orakel am Ende der Sustainable Fashion Tour in Porto gezogen: „You gotta have style. It helps you get down the stairs. It helps you get up in the morning. It’s a way of life. I’m not talking about lots of clothes.”show your personality_6-7 (c) Susanne BartaDer Gürtel ist secondhand, ebenso die Jacke. 

Sich in ein Outfit von der Stange zu kleiden, das zu kaufen, was Influencerinnen oder irgendwelche Brands gerade hypen, ist vergleichsweise einfach und wenig nachhaltig. Und mit persönlichem Stil hat das meist auch wenig zu tun. Das heißt nicht, sich nicht inspirieren zu lassen. „Inspiration ist die halbe Miete”, würde eine Bekannte von mir sagen. „Ob man sich da nicht zu wichtig nimmt?”, höre ich fragen. Aber wen, wenn nicht sich selbst, sollte man zunächst mal ernst und auch wichtig nehmen? Wie ich in der Welt unterwegs bin, hat viele Auswirkungen. Das fängt beim Benehmen an und hört bei der Kleidung auf. Und wer möchte nicht als jemand wahrgenommen werden, die einen entspannten, guten, weil zu ihr passenden Stil hat? Übrigens schreibe ich hier gerade überwiegend in der weiblichen Form, nicht, weil das nur Frauen betrifft, sondern weil ich denke, wieso nicht mal die weibliche Form für alle nehmen? Geht uns ja ständig so andersherum. Männer sind also durchaus mitgemeint, denn das Thema betrifft sie genauso, auch wenn ihnen das vielleicht weniger klar zu sein scheint noch.show your personality_8-9 (c) Susanne BartaDie Bluse ist 6­7 Jahre alt, der Blazer über 20. Die Trainers sind von Everlane.

Wenn ich ab und zu am Heimgerät rudere, schaue ich mir gerne Videos an oder höre Podcasts, zuletzt eine Folge von Sustain This Podcast, den drei Slow Fashion Influencerinnen gestalten, nichts Weltbewegendes, aber entspannt zum zuhören und da ging es u. a. ums Thema, warum, wenn es um die Outfit-Wahl geht, schwierig besser sei: „We are exploring here the idea of ,choosing hard’ for better style habits. We compare cheap dopamine— the quick pleasure from shopping and social media—with expensive dopamine, which comes from more effortful sources. We emphasize the value of shopping our own closets, tackling problem pieces, and putting effort into outfit creation. We also discuss the benefits of a dopamine detox to reset our pleasure levels. Our tips focus on practicing moderation and making thoughtful style choices.” show your personality_10-11 (c) Susanne BartaDen Vintage-Blazer von Jil Sander habe ich letztes Jahr bei Artelier gefunden, Johanna führte zu ihren Designs, eine kleine, feine Secondhand-Auswahl, dazu meine Cowboy-Slides von Ganni, das Seidentuch ist secondhand. 

Vor kurzem habe ich auch einen Artikel im Guardian von der von mir sehr geschätzten Fashion-Journalistin Jess Cartner-Morley gelesen, sie schreibt da über „effortless style” u. a.: „To be thought effortlessly stylish is the very best of compliments. A designer wardrobe can be bought; the bone-deep chic that enables you to sling a sweater over your white T-shirt just-so and look fabulous can not … It is a style that looks intelligent and grounded and sustainable, where trendiness looks flashy and flighty and bad for the planet. What’s more, effortlessness doesn’t have to be expensive, because it is often about having the confidence to play with the clothes you already own, rather than about buying new ones.” 

Guter Stil muss also nicht viel Geld kosten. Aber wie gesagt, es braucht ein wenig Beschäftigung mit sich und dem Thema. Ich zitiere nochmals Diana Vreeland, die sagt: „The only real elegance is in the mind; if you’ve got that, the rest really comes from it.”show your personality_12-13 (c) Susanne BartaDie Jacke ist von Violeta Nevenova, dazu ein grauer Woll-Pulli, Secondhand-Prada-Gürtel und Flip-Flops (wenn nicht zu kalt).

Mir geht’s hier nicht darum, mit dem Finger auf irgendjemanden zu zeigen. Mehr darum, Lust und vor allem Mut zu machen, sich zu zeigen. Und je älter frau wird, desto mehr sollten wir zeigen, wer wir sind. Wir haben Leben hinter uns, gute und schlechte Erfahrungen, aus denen wir im besten Fall auch etwas gelernt haben. Wir haben Kinder auf die Welt gebracht, oder auch nicht, etwas auf- vielleicht auch manches abgebaut, haben hingeschaut, sind hingefallen und wieder aufgestanden, auf jeden Fall haben wir vieles erlebt und erlitten. Im Hintergrund verschwinden? Algorithmen, gesellschaftlichen Konventionen, der eigenen Unsicherheit überlassen, wie wir uns zeigen? No way.show your personality_14-15 (c) Susanne BartaHier kommt noch eine gebrandete metallicgraue Baci-Gilet dazu, die gab’s bei Leidlieb im Easyshop Tscherms, meine Schwester war damals dabei und hat darauf bestanden, dass ich sie nehme. Bin froh, dass ich es gemacht habe.

Zum Thema Personal Style auch flott zu lesen: Algorithms Be Damned—Why Personal Style Matters More Than Ever

Wer auf diese Entdeckungsreise gehen oder einfach mal den eigenen Kleiderschrank durchforsten möchte und dazu Hilfe braucht, ich unterstütze euch gerne dabei. Zum Beispiel im Rahmen eines Coachings, wie ihr euren persönlichen Stil entwickelt, das, was bereits da ist, entsprechend stylt und den Mut findet, euch zu zeigen. Ziel ist immer, sich mit dem, was frau trägt, wohlzufühlen. Und effortlessly chic.show your personality_16-17 (c) Susanne BartaHier die Hose in Action in Innsbruck, mit einem Natur-Woll-Pullover, handgestrickt von Violeta Nevenova, Secondhand-Balenciaga-Tasche und meine alten Collegeschuhe. 

Aufgepasst: Vom Charity Second Market im September, der Anlass waren 5 Jahre Slow Fashion Blog, ist viel übrig geblieben. Daher gibt es einen zweiten Market am 19. Oktober von 11 bis 17 Uhr im Werk 3 bei der St. Antonbrücke, Bozen. Der Verkaufserlös wird wieder gespendet, was dann noch übrig bleibt geht an lokale Charities. Kommt vorbei! Auch einige „neue” Stücke sind dabei. 

Alle Fotos © Susanne Barta (danke Urban für Zeit und Aufwand!)

>> Supported by Kauri Store (M), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin << 

Wenn ihr diesen Blog auch unterstützen möchtet, gibt‘s hier alle Infos.

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Comments

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There is one comment for this article.
  • Susanne Barta · 

    Gerade dieses Zitat von Suzy Menkes gelesen: “People often laugh at fashion, thinking it’s a joke, but what people wear always has a meaning.”

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