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September 21, 2022
Kauri Store x 5
Susanne Barta
Daniel Tocca, den meisten noch bekannt als Gründer der nachhaltigen Brand Re-Bello, sitzt mir entspannt im Café Klaus in Bozen gegenüber. Wobei, ganz so entspannt ist diese Zeit vermutlich nicht für ihn, denn erst Mitte August hat er mit seinem Team den bereits 5. Kauri Store in Südtirol eröffnet. Der Kauri Concept Store ist das aktuelle Projekt des umtriebigen Unternehmers, ein Store, der nachhaltigen Lebensstil zu den Leuten bringen möchte. Mit den entsprechenden Produkten natürlich: Mode für Damen und Herren, Baby- und Kinder-Bekleidung, Taschen, Schuhe, allerhand weitere Accessoires, Kosmetik und Home-Artikel. Die Geschäfte sind hell, großzügig und von schlichter Eleganz. Re-Bello, nun auch eine wichtige Basic-Marke des Kauri-Sortiments, wird heute von seiner Frau Sara geleitet, Daniel unterstützt sie weiterhin bei der Produktion.
Nachhaltig und fair produzierte Produkte für einen nachhaltigeren Lebensstil findet man nun in Bozen, Brixen, im Hotel Forestis und seit Mitte August auch in Meran. Die Expansion ging ziemlich schnell. Der erste Kauri Store wurde im Dezember 2019 in der Bindergasse in Bozen eröffnet, dieses Geschäft fungiert nunmehr als Outlet und Büro.
Daniel Tocca kennt das nachhaltige Fashion- und Lifestyle-Business in allen seinen Varianten. Ich habe nachfragt, wie sich nachhaltiger Konsum aus seiner Perspektive hier in Südtirol entwickelt und wohin die Reise für die Kauri Stores geht. Daniel, mit dem Kauri Store hat es das erste nachhaltige Lifestyle-Geschäft unter die Bozner Lauben geschafft. Ein großer Schritt?
Es war vor allem ein mutiger Schritt, denn eine bessere Location bedeutet auch höhere Kosten. Aber unsere Vision ist groß. Wir möchten, dass möglichst viele Leute Zugang haben zu nachhaltigen Produkten, und da muss man dort sein, wo die meisten Leute vorbei gehen. Oder wie in Brixen in der Nachbarschaft ähnlicher Konzepte sein. Oft wird vergessen, dass es uns überhaupt gibt, ein Konzept wie unseres muss sichtbar sein. Wir können jetzt schon sagen, dass die Bozner Lauben eine ganz andere Kraft haben, als unsere Location vorher in der Bindergasse, die heute unser Outlet ist. Der Umsatz hat sich mehr als verdoppelt, der Shop ist größer, wir können daher auch mehr Produkte führen und das spricht sich herum.Du bist einer der nachhaltigen Mode-Pioniere hier in Südtirol. Hat sich die Nachfrage nach fairen und nachhaltigen Produkten verändert?
Ich denke schon. Der Vorteil des Kauri Stores ist, dass man einfach eintauchen kann. Die Auswahl ist kuratiert, die Kunden vertrauen uns. In erster Linie müssen die Produkte natürlich gefallen und auch gebraucht werden. Das ist ja ein sehr wichtiger Aspekt eines nachhaltigen Lebensstils, sich zu fragen, ob man etwas wirklich braucht oder ob es nur ein spontan-emotionaler Kauf ist und das Produkt dann vermutlich im Schrank landet. Zunächst ist also wichtig, dass das Produkt ästhetisch ansprechend ist, also schön, niemand will schlecht aussehen. Aber auch die Geschichten dahinter sind wichtig. Deshalb braucht es Personal, das weiß, was dahintersteht, und diese Geschichten auch erzählen kann. Für uns ist „Less is more“ sehr wichtig. Wir wissen von Statistiken, dass pro Person durchschnittlich 80 Kleidungsstücke pro Jahr gekauft werden. Das ist zu viel, wir sollten das mindestens auf 15 bis 20 Teile reduzieren. Also weniger und besser kaufen. Du hast vorher gesagt, dass euch eure Kund*innen vertrauen. Worauf gründet sich dieses Vertrauen? Wie wählt ihr eure Brands aus? Wie weit kann Kontrolle überhaupt gehen?
Perfektion gibt es nicht. Es gibt aber viele Labels, die sich sehr anstrengen. Als ich damals mit Re-Bello begonnen habe, waren wir noch eine Handvoll schräger Typen, die etwas verändern und besser machen wollten. Heute gibt es viele Brands, die ernsthaft arbeiten und sich von Anfang an Fragen bezüglich ihrer Lieferkette, der Menge der Produktion, der verwendeten Materialien etc. stellen. Bei den Firmen, die wir auswählen, schauen wir nicht nur auf Zertifikate, sondern auf die ganze Geschichte, also was passiert zum Beispiel mit den Kollektionsteilen, die nicht verkauft wurden, wie gestaltet sich der Sale? Freitag, eine unserer Brands, macht nie Sales und schließt ihre Website am Tag des Black Friday. Sie macht vor, wie es gehen sollte. Der Grundgedanke, wirklich etwas verändern zu wollen, muss also stimmen. Das ist auch der Unterschied zu Greenwashing, einfach mal eine Kampagne, eine Aktion in diese Richtung zu machen.
Glaubwürdigkeit muss man sich aufbauen?
Ja, die muss man sich verdienen. Und das dauert. Viel schneller geht es, sie zu verspielen. Wir werden aber nie sagen, dass es die anderen schlecht machen, wir versuchen unseres so gut als möglich zu machen, aufbauend auf unseren Säulen Nachhaltigkeit, Schönheit und Qualität. Sind eure Kund*innen denn auch interessiert an den Geschichten hinter den Produkten?
Oft wissen sie schon viel, haben von bestimmten Marken gehört oder tragen bereits schon etwas von diesen Labels. Wir haben zum Beispiel viele Produkte aus Appleskin – das ist ja eine Südtiroler Entwicklung – und da sprechen wir die Kun*innen direkt darauf an, ob sie dieses Material schon kennen. Das interessiert viele Leute.
Ihr seid auch im Hotel Forestis mit einem Shop präsent. Kommt das Konzept an bei einer Luxus-Klientel?
Die Gründer sind auf uns zugekommen, weil sie unbedingt einen nachhaltigen Shop im Hotel haben wollten. Die Kunden haben also fast keine Wahl – entweder nachhaltig oder nichts kaufen (lacht). Wir verkaufen dort vor allem Schwimm-Shorts, T-Shirts … Die Zahlen stimmen, das heißt, die Kunden schätzen das Angebot.Ihr wart mit Re-Bello auch bei den Sustainablity Days dabei. Wie war das Feedback?
Es kamen viele Leute vorbei, die uns von früher kannten. Damals war das Thema wirklich noch eine totale Nische. Jetzt sind einige an Kollaborationen interessiert, das Interesse ist viel größer.
Wer sind eure Kund*innen?
Die Hälfte etwa Touristen, die andere Hälfte lokale Kunden. Ich habe das Gefühl, dass die Leute von hier unser Konzept besser zu verstehen beginnen. Und auch zu schätzen wissen, dass es jetzt dieses Angebot gibt. Vor allem unsere Herren-Abteilung in Bozen ist wirklich etwas Besonderes, sie ist eine der größten europaweit im nachhaltigen Bereich würde ich sagen. Auch in Meran sind wir gut gestartet.Eure nächsten Schritte?
Wir möchten weiter wachsen, denken an Salzburg, Innsbruck und München, in Italien schauen wir uns am Gardasee und in Mailand um. 10 bis 15 Shops im Alpenraum hätten wir gerne. Und natürlich bauen wir auch online aus. Wir möchten es Konsumenten rundherum leichter machen, besser zu kaufen.
Fotos: (1, 4, 6, 8, 9) © Kauri Store; (2, 3, 5, 7, 10, 11) © Susanne Barta
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