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May 15, 2024

Building a Slow Fashion Community

Susanne Barta

Meistens beginnt man, in diesem Falle ich, ohne große Agenda. Etwas (neues) möchte sich ausdrücken. Ich wollte über nachhaltige und faire Mode, über Slow Fashion schreiben. Das Thema hat mich bereits einige Zeit interessiert. Ich habe viel gelesen, mir Filme und Videos angeschaut, Leute getroffen, bin auf Veranstaltungen gefahren und habe mich mit meinem Kleiderschrank und dem eigenen Konsumverhalten erstmals richtig beschäftigt. Und gleich auch begonnen, Leute miteinander bekannt zu machen, zu erzählen, was und wen ich interessant finde. Meinem nahen Umfeld wurde bald klar, dass sich hier etwas verändert hat, ein Thema in den Mittelpunkt rückt, das so vorher nicht da war bei mir. Vor allem die Kombination aus politischen, sozialen und ökologischen Aspekten mit ästhetischen, künstlerischen und stilistischen Fragen hat mich interessiert, geradezu begeistert. Ich mag Mode, aber mir wurde bewusst: so geht’s nicht weiter. Ebenso, dass ich Teil dieser Veränderung sein möchte.slow fashion community_2 (c) fairtradeWie (fast) alles, braucht auch Community Building seine Zeit. Im August 2024 werden es fünf Jahre, dass ich diesen Blog, diese Kolumne auf franzmagazine schreibe. Parallel dazu hat sich auch vieles andere entwickelt: eine Zusammenarbeit mit der nachhaltigen Münchner Mode-Plattform GREENSTYLE, Beratungen, Coachings, viele unterschiedliche Presse-Präsenzen, Vorträge, Workshops, Mentoring, Fashion Shows, Messeauftritte, Shop your Closet Styling-Sessions … Und vor allem der Aufbau eines großen, in der Zwischenzeit internationalen Netzwerks. Überall, wo ich hinfahre, schaue ich mir einiges zum Thema an – von Secondhand-Shops bis zu lokalen Designer*innen. Ich lese täglich Newsletter, durchforste Reports und Studien, lese Bücher, höre Podcasts und treffe viele Leute. slow fashion community_3+4 (c) susanne bartaAls ich damals gestartet bin, war in Südtirol recht wenig los. Der ein oder andere Secondhand-Shop, die ein oder andere Brand, das ein oder andere Geschäft, die es besser machen wollten und auch machten. Dazu einige wenige Pionier*innen. Heute ist mehr los. Das sieht gleich, wer unsere Slow Fashion Map South Tyrol zur Hand nimmt – derzeit in der zweiten Edition –, wo auf einen Blick zu sehen ist, was sich hier so alles tut. In der Zwischenzeit kennen sich die meisten Akteur*innen, gibt es Zusammenarbeit, hat die Messe Biolife einen Slow-Fashion-Schwerpunkt und beginnt das Thema auch im Südtiroler Mode- und Konsum-Mainstream sichtbarer zu werden. Denn genau darum geht es: Sichtbarkeit für Slow Fashion und Sichtbarkeit für die, die es besser machen. slow fashion community_5+6 (c) susanne barta2023 ist es gelungen, eine neue Initiative ins Leben zu rufen: Fashion For Future Bolzano. Rund um den Rana Plaza Remembrance Day am 24. April gibt es weltweit Veranstaltungen im Rahmen von Fashion Revolution https://www.fashionrevolution.org/, gegründet ein Jahr nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch. Fashion Revolution feiert heuer sein 10-jähriges Bestehen. Die Bewegung wird größer und lauter, eine weltweite Community ist entstanden. Fashion For Future klinkt sich hier ein, aber wir gehen auch unseren eigenen Weg und versuchen, nachhaltige/faire/slow Fashion in Südtirol zum Thema zu machen. Mit dabei sind OEW mit Verena Dariz, das Netzwerk der Südtiroler Weltläden mit Brigitte Gritsch, die Fakultät für Eco-Social Design der Uni Bozen mit Aart van Bezooijen und ich. Dazu einige Unterstützer*innen und rundherum eine wachsende Community. Diese Zusammenarbeit ist ein Glücksfall, in kurzer Zeit haben wir richtig was auf die Beine gestellt.slow fashion community_7+8 (c) susanne bartaEs braucht, wie gesagt Zeit, aber auch viel Geduld und Durchhaltevermögen. Slow Fashion/nachhaltige und faire Mode/Secondhand Fashion sind zwar irgendwie als Thema bei Konsument*innen angekommen, aber die Veränderungen sind nach wie vor nicht weltbewegend. Auch gibt es kaum Investoren oder Sponsoren, die sich des Themas annehmen. Bis heute arbeite ich überwiegend unbezahlt. Und immer noch ist vielen nicht klar, wie gravierend die Auswirkungen der Textil- und Modeindustrie sind – sozial und ökologisch. Die Industrie ist ein großer Klimasünder, die ungeheure Menge an ständig neuen Kleidungsstücken – in etwa 100 Milliarden/Jahr – wächst ungebremst weiter.slow fashion community_9 (c) susanne bartaCommunity gibt auch Halt. Sich auszutauschen, mit Leuten zusammenzutun, denen bestimmte Themen wichtig sind, die nicht passiv dahinleben, sondern auch etwas tun möchten – Stichwort Selbstwirksamkeit –, ist eine gute, aufbauende und inspirierende Sache. Denn das braucht es, verzweifeln könnte man ja wirklich ziemlich oft. Auch macht es Spaß, neue Inhalte und Formate zu entwickeln. So kommen also immer mehr Leute und Projekte dazu, lernen sich kennen und lernen auch voneinander. Es gibt ja sogenannte Kipp-Punkte, Tipping Points. Wir kennen das aus dem Klimasystem, leider vor allem als Bedrohungsszenarien. Geht aber auch andersrum. Ist eine bestimmte Zahl erreicht, zum Beispiel von Menschen, dann verändert sich etwas, dann geht’s unumkehrbar in eine bestimmte Richtung. Und genau darum geht es beim Community Building. Lokal, national, europäisch und global so viele Leute zu mobilisieren, dass wir gar nicht mehr anders können, als in die richtige Richtung unterwegs zu sein, weil die Kraft so gewaltig ist. Nicht dass ich überschwänglich optimistisch wäre, dass wir da schon bald hinkommen. Aber: versuchen möchte ich es jedenfalls. Nicht alleine, sondern mit euch allen zusammen.slow fashion community_10+11 (c) susanne bartaFotos: 
(1) Präsentation der Sustainable Fashion Map auf der Biolife in Bozen, ab nun heißt sie Slow Fashion Map. Von links nach rechts: Leidlieb Pfattner/Easy Shop Tscherms, Designerin Violeta Nevenova, Anna Quinz/franzLAB, Petra Weger/Best Secondhand Riffian, Designer Michael Klammsteiner, Designerin Johanna Finder, moi, Kunigunde Weissenegger/ franzLAB und Sarah Enderle/Crea.S Vintage © Susanne Barta
(2) Beim Interview mit Sudarshana Basu und Roopa Mehta über Sasha Fair Trade India, mit dabei Brigitte Gritsch und Sophie Baumgartner/Netzwerk Südtiroler Weltläden © Fair Trade Südtirol
(3) Mit GREENSTYLE-Gründerin Mirjam Smend beim Future Fashion Forum in Stuttgart © GREENSTYLE
(4) Mit Mirjam bei der Kauri Store Eröffnung in München © Susanne Barta
(5) Mit Odisseia Lisbon in Lissabon © Susanne Barta
(6) mit Upcycling-Designerin Rebecca Chamberlain in Upstate New York © Susanne Barta
(7) Das Fashion For Future Gründungsteam: Brigitte, Verena, Susanne und Aart © Susanne Barta
(8) Bei der Fashion For Future Ausgabe April 2024 mit Laura Suijkerbuijk/The Swap Shop, Dario Casalini/Slow Fiber & Oscalito und Joan den Exter/The Linen Project © Susanne Barta
(9) Mit Fashion Revolution Greece Coordinator und SOFFA-Gründerin Fiori Zafeiropoulou an der Athens University of Economics © Susanne Barta
(10) Auf dem etwas anderen Red Carpet auf der Biolife, eine Aktion von Fashion For Future © Susanne Barta
(11) Eine Gruppe von Schülerinnen, die im Rahmen von Fashion For Future im April durchs Zentrum von Bozen gezogen sind © Susanne Barta

>> Supported by CORA happywear (M), Kauri Store (M), Oberalp Group (XL), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin << 

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