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April 27, 2022
Klamotte – der Secondhand Shop zum Verweilen
Susanne Barta
Die Secondhand Fashion Stories in Südtirol gehen weiter. Jetzt auch in Meran. Wer hätte gedacht, dass sich Secondhand-Mode bei uns gerade zum Trend entwickelt? Und das nicht nur bei GenZ Fashionistas? „Klamotte“ ist der jüngste Neuzugang. Sara Daltrozzo hat ihr Geschäft am 1. April in der Romstraße in Untermais in Meran eröffnet, in einer ehemaligen Fahrradwerkstatt. 60 Jahre lang wurden in diesen Räumen Räder verkauft und repariert. Gemeinsam mit ihrem Partner Benni und einigen Freunden hat Sara das Geschäft umgebaut, dabei so viel als möglich behalten oder etwas anders eingesetzt. Sehr schön zum Beispiel die alte Geschäftstheke oder die Eisenstangen, an denen früher die Fahrräder aufgehängt wurden und heute Kleider hängen. Entstanden ist ein sympathisches, ansprechendes, zeitgenössisches Ambiente. In diesem Geschäft möchte man Zeit verbringen.
Sara hat über 15 Jahre Erfahrung in der Modebranche, sie war im Verkauf und Einkauf tätig, zuletzt als Filialleiterin. Untermais als Geschäftsstandort gefalle ihr, erzählt sie, sie wohnt seit einiger Zeit auch dort, ins touristische Zentrum wollte sie mit ihrem Secondhand Shop auf keinen Fall. Klamotte soll ein Angebot für das Stadtviertel, für die Leute, die hier leben sein. Dass Sara viel Erfahrung im Verkauf hat, merkt man gleich. Sie plaudert gerne mit ihren Kundinnen und Kunden, berät und nimmt sich Zeit für jedes modische Anliegen.
Der Secondhand/Vintage-Stil-Mix in der Klamotte ist interessant. Sara führt etwa 80 % Bekleidung für Damen und 20 % für Herren. Sie sucht alle Stücke selbst aus, nimmt Kleidung nicht in Kommission, sondern kauft ein oder bekommt Sachen geschenkt. Für den Start hat sie viel von ihrer Familie und Bekannten zusammengetragen, sie arbeitet auch mit Leuten, die selbst Flohmärkte machen. „Ich habe aus verschiedenen Quellen einen richtig großen Fundus angelegt. Wichtig ist mir, Sachen für verschiedene Geschmäcker und in verschiedenen Größen zu haben, und ich denke dabei nicht nur an junge, sondern auch an ältere Frauen.“ Sara beschreibt ihr Angebot als einen Mix aus „Grandma-Style und coolen Vintage/Secondhand-Teilen“. Neue interessante Style-Kombinationen für ihre Kund*innen zusammenzustellen mache ihr große Freude, erzählt sie. „Ich bin mit gebrauchten Kleidern aufgewachsen und ging schon als Kind auf Flohmärkte.“ Sie selbst trage am liebsten Stücke aus ihrem eigenen alten Fundus, gerne schwarz, alles eher basic. „Ich bin zurückhaltend, auch in modischer Hinsicht.“
„Das Feedback auf das Geschäft ist sehr positiv, auch wenn Secondhand-Einkaufen für einige in der Nachbarschaft noch ungewohnt ist.“ Als ich dort bin, kommen zwei ältere Damen und ein älterer Herr herein, sie schauen sich genau um, stellen etliche Fragen und kaufen dann was. „Aber auch junge Leute kommen gerne,“ erzählt Sara. Ob das auch am Sound liegt? Der ist wirklich gut. „Um den kümmert sich Benni“, sagt Sara, „auch um das Bürokratische, ich bin eher chaotisch“. Die beiden haben zwei kleine Kinder, zweieinhalb und viereinhalb, „es ist immer wieder eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bekommen, aber die Großeltern helfen kräftig mit.“
Im unteren Raum gibt’s noch Accessoires, die Sara vom ehemaligen Fahrradgeschäft behalten hat. Wer also Bedarf an Fahrradhelmen, Werkzeug, Radsesseln oder Körben hat – auch die können in der Klamotte erworben werden. Und sogar Motorradkleidung, original aus den 80er Jahren gibt es. Da habe ich zugeschlagen. Mein Mann hat vor einiger Zeit seine alte Norton wieder funktionsfähig bekommen und möchte heuer unbedingt einige Ausfahrten mit mir machen. Ich bin ja alles andere als ein Motorrad-Freak, aber immerhin das passende Outfit habe ich jetzt. Und die Lederhose werde ich sicher auch anders kombiniert tragen. Ja, und mein Auge fiel auch auf eine sehr schöne Jacke, channeling Chanel. So viel zu less is more. Klamotte ist mit viel Liebe zum Bestand und zum Detail entstanden, das sieht und spürt man. Eine Leseecke und eine kleine Bibliothek sind bereits in Planung, auch für den unteren Raum und den Platz vor dem Geschäft hat Sara einige Ideen. Sie genieße es ohne Touristen zu arbeiten, sagt sie, in Südtirol werde eh schon so viel für den Tourismus gemacht, sie möchte vor allem für Einheimische da sein. Und das scheint auch zu gelingen.
Übrigens: Klamotte liegt gleich gegenüber der Bushaltestelle, also auch mit dem Bus von Bozen nach Meran ist man schnell und bequem hier. Und ich bin sicher, ihr findet was Schönes bei Sara.
Auch wenn Klamotte das erste richtige Fashion-Secondhand-Geschäft in Meran ist, soll nicht unerwähnt bleiben, dass es auch das Sozialprojekt „Gekko“ gibt, das Secondhand-Bekleidung führt. Ich war noch nicht dort, werde aber sicher in den nächsten Monaten mal vorbeischauen.
Fotos: (1, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 11) © Susanne Barta; (2, 6) © Sara Daltrozzo
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