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January 27, 2021
Die Krise fordert ihren Tribut
Susanne Barta
Dass die Corona Krise nicht spurlos an uns vorbei geht und dass es kein Zurück zu einem wie auch immer gearteten „Normal“ gibt, ist in der Zwischenzeit doch ziemlich vielen klar. Was mich sehr nachdenklich stimmt und auch bedrückt: das alles geht einher mit vielen Zusammenbrüchen und Pleiten. Was das wirtschaftlich und für die Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten, bedeutet, was das für unsere Gesellschaft insgesamt bedeutet, ist noch überhaupt nicht absehbar. Corona hat gezeigt, wie tief die westlichen Gesellschaften gespalten sind, wie sehr der Zerfall in Bubbles, Meinungen und Parallelwelten bereits fortgeschritten ist. Rechte kommen vor Pflichten, das Wohl des Einzelnen steht über dem Wohl der Gemeinschaft. Nicht immer, aber zu oft. Ziemlich schrecklich und beängstigend.
Die Modeindustrie, vor allem der Handel, ist von der Pleitewelle besonders stark betroffen. Viele Unternehmen in Italien sind gefährdet, vor allem kleine Textilhersteller. Vor kurzem hat der deutsche Mode-Großhändler Adler Insolvenz angemeldet. Esprit, Strenesse, Stefanel und etliche andere mussten das schon vorher tun. Auch international jagt eine Pleite die andere: Topshop, Neiman Marcus, Brooks Brothers, JCrew. Ein Drittel der Textilhändler fürchtet laut der österreichischen Zeitung „Der Standard“ Corona nicht zu überleben. Wer Bekleidung verkauft, muss diese in der Regel ein halbes Jahr zuvor ordern und bezahlen. Viele Händler haben ihre Lager derzeit noch voll mit der Herbst- und Winter-Kollektion, die nächste Saison ist schon längst vorbestellt. Wie wir wissen, ist Mode kurzlebig, vor allem Fast Fashion. Was sich nicht absetzen lässt, ist Ballast, denn die Textilien verlieren schnell an Wert. Was passiert damit? Verbrennen? Alles auf die Müllhalden?
Vor kurzem habe ich via Instagram von einem lokalen Corona bedingten Geschäftsende erfahren, das mich wirklich traurig macht. Brigitte Frank hat in Meran im Juni 2019 mit viel Enthusiasmus den Fashion Store „Less is more“ eröffnet. Ein sehr schön kuratiertes Geschäft und eine der wenigen Möglichkeiten in Südtirol tolle nachhaltig und fair produzierte Mode zu kaufen. Es war ihr ein Anliegen zu zeigen, dass nachhaltige Mode schön sein kann und nicht öko aussehen muss. Brigitte schließt ihr Geschäft aus finanziellen Gründen Ende Januar, was sie danach machen wird, weiß sie noch nicht. „Ich möchte jetzt einfach abschließen, dann werde ich sehen. Ich habe viel gelernt, es war eine gute Erfahrung, nachhaltige Mode wird für mich auch weiterhin ein Thema bleiben“, sagt sie. Wer noch vorbeischauen möchte bei Brigitte kann sich bei ihr melden unter: +39 338 600 2919.
Die Krise fordert ihren Tribut. Leider auch im nachhaltigen Sektor, der eh schon auf wackeligen Beinen steht, da die meisten junge Initiativen und Unternehmen sind. Und da sie versuchen so gut und fair als möglich zu produzieren, auch keine großen Margen haben. Wir werden wohl einige verlieren.
Ich habe bei meinem Besuch bei Brigitte eine sehr schöne Hose aus dunklem, schwerem Wollstoff von „Girls of dust“ erworben, eine neue Antwerpener Marke für Damenbekleidung. Die Kollektion ist inspiriert von Vintage-Arbeitskleidung, Military und ikonischer Herrenmode, übersetzt in zeitgenössische Frauenschnitte. Der Brand geht es darum, eine perfekte, zeitlose Garderobe zu kreieren. Gefertigt wird in Portugal mit ausgewählten Stoffen aus Europa und Japan. Qualität und Haltbarkeit stehen im Vordergrund. Die Hose ist super angenehm zu tragen, die Dicke des Wollstoffes erfordert aber einige Gedanken dem Styling zu widmen. Materialmix ist (für mich) wichtig und das Spiel mit unterschiedlichen Moods. Im ersten Bild trage ich die Hose mit einer Secondhand-Seidenbluse, Schuhen von Marc Jacobs (alt!) und einem von einer Freundin handgenähten Leder-Blouson. Im anderen Bild mit einer schwarzen, see-through Spitzenbluse von Zara (alt), einer Jacke im Trainigslook von Kochè x La Redoute und Pumps, die seit vielen Jahren auf eine neue Trägerin warten. Ich hab sie schon zum Second-Hand Geschäft gebracht, sie kamen aber wieder zurück. Sind coole Schuhe, mir aber um eine Spur zu klein. Zur Spitzenbluse kommt hier eine Secondhand-Trachten-Wolljacke zum Einsatz (damit sie nicht zu sehr aufträgt, stecke ich sie wie eine Wickeljacke in die Hose) und auf dem anderen Bild trage ich einen Streifen-Pullover von Lanius und einen Kragen aus Biobaumwolle von Ganni.
Mode ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Wenn wir möchten, dass uns aus dem Spiegel was Besseres und Schöneres entgegenschaut, dann sollten wir aktiv werden. Denn Tun können wir was. Davon bin ich (immer noch) überzeugt. Solidarität und Veränderungsbereitschaft braucht es und den Mut, neue Wege zu gehen. In der Art, wie wir leben, essen, uns kleiden, miteinander und mit unserer Umwelt umgehen, in dem, was uns wichtig ist und was nicht. So let´s do it!
Fotos: (1) © unsplash; (2–3) © Brigitte Frank; (4–8) © Susanne Barta.
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