view in browserAMA oder der Ort, nach dem du gesucht hast – © AMA Art Music Architecture, photography Elisa Cappellari
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Underground, Subkultur, Free Party, Anti-Mainstream – große Worte, lose Bedeutungen. Manche verstehen darunter eine Szene, zu der sie keinen Zugang haben (wollen), andere können sie gar nicht anders beschreiben, als durch das, was sie gerade nicht ist: nicht institutionell, nicht kommerziell, nicht konform. Doch was ist eigentlich Untergrund – die Manifestation von Subkultur oder ihre entschiedene Abgrenzung vom Mainstream?
In Südtirol wirkt der kulturelle Untergrund auf den ersten Blick unsichtbar – zum Glück. Eine Google-Suche liefert wenig: ein Tunnel, ein Bunker, ein Shop. Wer tiefer eintaucht, weiß: Die Szene lebt – leise, verstreut, aber unermüdlich. Auch wenn legendäre Orte wie die Halle 28 oder mehr oder weniger geduldete Free Partys Vergangenheit sind, wird weiterhin gefeiert, gestaltet, gekämpft. Techno-Kollektive bespielen Wälder, Skater:innen teilen Spots mit Soundsystems, DIY-Magazine entstehen, Kunst-Kollektive besetzen urbane Nischen. Von Punk bis Reggae, von Dub bis Drum&Bass: Jede Subkultur hat hier ihre Splittergruppen. Und oft ist Musik der Schlüssel zum Zugang.
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Kunst, Musik, Food & Drinks, Talks … beim denk.Mal Festival 2024 – © BASIS Vinschgau Venosta/Simon Platter
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Gleichzeitig bleibt der Underground von strukturellen Problemen geprägt: fehlende Sichtbarkeit, kaum politische Unterstützung, und die klassische Dilemma-Frage: Wollen wir wirklich unter dem Radar bleiben – oder ist ein bisschen Anerkennung okay?
Denn Fakt ist: Subkultur lebt vom Spannungsverhältnis zur Mehrheitsgesellschaft. Sie braucht Reibung, Rückzugsräume, aber auch Austausch. Der ländliche Raum Südtirols? Ist beides: Bremsklotz und Möglichkeitsraum. Gerade hier entstehen kreative Allianzen zwischen Landwirtschaft und Aktivismus („Farmfluencer“), zwischen Skateparks und Soundcloud-Links, zwischen Clubkultur und urbaner Intervention. Doch große Zusammenschlüsse, kollektive Visionen? Scheitern oft. Vielleicht, weil echter Underground nie glatt sein darf – und weil politische Stellen mit Anti-Autorität nicht gut umgehen können.
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Barbian und sein „Bum Bum“: der VirusClub – © VirusClub Barbian, Föhrentanz
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Einzelne Institutionen wie BASIS oder Formate wie Freie Kultur Cultura Libera zeigen, dass Unterstützung und Repräsentation möglich ist, ohne den Untergrund zu entkernen. Aber die Grenze ist schmal: Wenn Subkultur nur noch im Museion oder im Waltherhaus sichtbar wird, wird’s schwierig. Dann sind wir näher am Kulturmarketing als am Kulturkampf.
Klar ist: Subkultur in Institutionen verliert ihren Widerstand – und vielleicht auch ihre Seele. Doch ein gewisses Maß an Akzeptanz, Raum und Mitsprache ist notwendig. Der Untergrund will nicht gezähmt, aber ernst genommen werden. Dafür braucht es: weniger Bürokratie, mehr Selbstverwaltung, ein offenes Ohr. Und: Räume. Dauerhafte, niedrigschwellige, unabhängige Räume. Gerade in der Landeshauptstadt. Denn Subkultur stirbt nicht – sie zieht nur weiter.
Und das ist vielleicht das Hoffnungsvolle daran: Dass sie immer wieder auftaucht. Wo man sie nicht sucht. Wo man dazugehört, bevor man’s merkt. Und wo ein bisschen Reibung eben dazugehört – weil echter Untergrund immer auch bedeutet, nach oben zu treten, wenn von oben getreten wird.
Ludwig Mehler
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mmr 10* zerschneidet eure Holzfällerhemden, scheidet Wut aus, klaut Mut, die Bühnen vibrieren. tut mir leid, ich weiß dieses Wochenende, wieder, nicht wohin mit mir. Heart of Noise und Hospiz zerreißen mich. gebt mir das Mikro. meine Knie zittern, ich brauch Ventil, wenn das Metronom tickt, kickt. so hört sich Zukunft an. leider, glücklicherweise, bedauerlich […]
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In The Social Incident beschäftigt sich Philipp Klammsteiner mit den Social Media und ihrer surrealen Existenz. In Werbeanzeigen aus den 1960er und 1970er Jahren projiziert er die Illusion von Followern und Likes und regt mit den Arbeiten auf Holz, Metall und Leinwand zum Nachdenken über Irrungen und Verwirrungen der sozialen Netzwerke an. Klammsteiners künstlerischer Hintergrund als Writer in Street Art und Graffiti beeinflusst die Schablonen- und Collagetechnik – sein bevorzugtes Medium ist nach wie vor die Sprühdose. Die Publikation ist in unserem Shop erhältlich.
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Since 2010, the online magazine on contemporary culture in South Tyrol and beyond in the Alpine environment. |
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