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November 24, 2021
CORAcircle macht’s vor
Susanne Barta
Elisabeth „Lisi“ Tocca muss ich euch vermutlich nicht mehr vorstellen. Die Gründerin von CORA happywear ist eine von Südtirols Eco-Fashion-Pionierinnen. Dass auch die nachhaltige Modeproduktion meist noch sehr linear verläuft, das heißt, die meisten Produkte nicht mehr in den Ressourcen-Kreislauf zurückkommen, sondern entsorgt werden und früher oder später auf Müllhalden landen, ist leider eine Tatsache. Umso zukunftsweisender sind Projekte, die hier bereits andere Wege gehen.
Es braucht dringend zirkuläre Prozesse, um Ressourcen zu schonen und die Textilindustrie ein Stück weit weniger belastend für Mensch und Umwelt zu gestalten. Gerade eben wurde auf der COP26 intensiv darüber diskutiert und Kreislaufwirtschaft, neben anderen Strategien, als sehr wichtiger Hebel genannt. Einiges zum Thema circular economy habe ich auf diesem Blog bereits geschrieben, hier könnt ihr mehr erfahren und auch hier.
CORAcircle bietet einen Mietservice an für Babybekleidung. Das klingt vielleicht nicht besonders aufregend oder innovativ, ist es aber. Das Projekt wurde im Oktober 2021 gelauncht, nach zweijähriger Vorarbeit und ist das erste derartige Projekt eines Unternehmens in Europa. CORAcircle hat es bereits in die Vogue Italia geschafft.
Lisi, was hat dich dazu bewogen, CORAcircle zu entwickeln?
Ich bin immer auf der Suche nach der nachhaltigsten Form, wie man sich kleiden kann. Auch im Alltag für mich. Ich bin keine Fashionista, Ästhetik ist mir zwar wichtig, vor allem aber geht es mir darum, Lösungen zu finden, wie man Bekleidung menschen- und umweltfreundlicher machen kann. Die nachhaltige Bekleidungsbranche ist ja noch in den Babyschuhen, das ist derzeit aber kein Zug, den man verlässt, denn es ist wichtig, dass es sinnvolle Alternativen zum konventionellen Angebot gibt. Dennoch sollte man als produzierendes Unternehmen auch versuchen, Gewohnheiten zu verändern und seinen Produkten einen längeren Lebenszyklus zu geben. Bei uns bietet sich das vor allem bei der Babybekleidung an.
Babys wachsen ja in Windeseile aus den Sachen heraus …
Genau, alle Eltern wissen, wie oft man diese Bekleidung wechseln muss, vor allem in den ersten zwei Lebensjahren. Wir haben viel getestet, bevor wir gestartet sind, also wie lange die Kleidungsstücke halten oder auch ob die Flecken, die Babys typischerweise machen, gut herausgehen beim Waschen, wir haben mit vier Testerinnen die Prozesse durchgespielt, Daten gesammelt und immer wieder angepasst. Auch den Prozess in der Firma mussten wir verändern, denn ein Kreislaufprozess funktioniert anders, als „ich schick dir die Ware und sobald du sie hast, haben wir mit dem Produkt nichts mehr zu tun“
Gibt’s bereits erste Erfahrungen? Was sagen die Testerinnen?
Wir haben online ausgeschrieben, sich für das Projekt zu bewerben, die Testerinnen nahmen teil, ohne dafür zu bezahlen, wirklich sehen, ob CORAcircle angenommen wird, tun wir erst, wenn Leute für den Service bezahlen. Noch weiß ich nicht, ob die Gesellschaft wirklich schon bereit ist für so ein Kreislauf-Konzept. Derzeit sind wir als Marke ja die einzigen in Europa im Bereich Babybekleidung, die das machen. Manche Leute, die ins Geschäft kommen und denen wir davon erzählen, erschrecken geradezu, andere wiederum sind sehr interessiert. Aber Gewohnheitsveränderungen brauchen Zeit. Wir haben unsere Ziele so niedrig gesteckt, dass es vermutlich kaum möglich ist, sie nicht zu erreichen. Wichtig ist jetzt in Dialog mit unserer Zielkundschaft zu treten und zu verstehen, was sie brauchen und wie wir CORAcircle vielleicht noch optimieren können. Dazu wird es Veranstaltungen geben, ganz ohne Kauf- oder Mietzwang, um zu informieren und noch besser zu verstehen, was es braucht.
Zirkuläre Prozesse sind ein wichtiger Beitrag zu einer weniger verschmutzenden und ausbeutenden Modeindustrie. Ist dieses Projekt nur ein erster Schritt in diese Richtung für dich?
Ja, wir testen jetzt mal in diesem Segment. Der Großteil unserer Kleidungsstücke bei Erwachsenen ist in direktem Kontakt mit der Haut, ob ein Mietangebot hier funktionieren kann, glaube ich eher nicht. Aber wir arbeiten bereits daran, unsere Produktion auf Cradle to Cradle umzustellen. Bei dieser Zertifizierung geht es darum, dass alle Bestandteile des Produkts wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können, es geht also um eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft, also „von Wiege zu Wiege“. Die Materialien werden dabei in ihre Bestandteile zerlegt und zur Herstellung anderer Produkte verwendet. Das ist gar nicht so einfach, derzeit können wir das noch nicht, es würde zum Beispiel bedeuten, dass die Nähte aus dem gleichen Material sind wie das jeweilige Produkt. Wir arbeiten daran, die fehlenden Details anzupassen.
Hat die Pandemie in deinen Augen Themen wie Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit vorangetrieben?
Ja, ich habe das Gefühl, dass sich einiges verändert hat. Es gab viele Kampagnen, wo man die Leute zum Beispiel dafür sensibilisiert hat, lokal einzukaufen. Man merkt, dass viele offener geworden sind, auch in Italien. Deutschland und Österreich sind uns da schon 10 bis 15 Jahre voraus. Aber auch hier beginnt sich der Markt für diese Themen zu öffnen. Kreislaufwirtschaft gibt es bereits im Secondhand-Bereich, da ist ein neuer Aufschwung zu beobachten. Aber der überwiegende Teil ist noch sehr weit von all dem entfernt. Da bräuchte es das Mitmachen der Großen der Mode, sie haben die entsprechende Finanz- und Kommunikationskraft. Dafür aber müssten sie ihre Prozesse von Grund auf verändern.
Wenn du die Vorteile von CORAcircle für die Kund*innen kurz zusammenfasst …
CORAcircle hat viele Vorteile, man gewinnt Zeit, denn die Kleidungsstücke werden nachhause geschickt und später wieder abgeholt, die Schränke quellen nicht über und auch finanziell lohnt es sich, weil mieten weniger kostet, als alles neu zu kaufen. Und dabei tut man seinem Kind und der Umwelt etwas Gutes. Wir sind jedenfalls sehr interessiert an Feedback
Die erste Veranstaltung steht vor der Tür: Am 25. November 2021 von 17 bis 19 Uhr könnt ihr im CORA Shop in der Vintlergasse in Bozen mehr über CORAcircle erfahren. Auch ich bin dabei und werde ein paar Worte zum Thema Kreislaufwirtschaft sagen. Kennt ihr Leute, die gerade Eltern geworden sind? Oder Großmütter und -väter, die ihren Enkel*innen was Gutes tun wollen? Sagt es weiter!
Und noch ein Anliegen habe ich: Der alljährliche Black Friday steht vor der Tür. Mit Rabatten und Skonti, die wieder unzählige Leute dazu verführen möchten, Zeug zu kaufen, das sie weder brauchen, noch längerfristig behalten wollen. Black Friday ist der Supergau eines nicht nachhaltigen Konsums.
Lisi Tocca hat dazu noch eine Anmerkung gemacht: „Wir machen den Green Friday. Die Lager sind voll, das Geld ist gebunden und ein wenig muss man hier mitspielen.“
Also wenn Konsum, dann geht’s ja auch besser und grüner. Lasst uns aus dem Black einen Green Friday machen!
Fotos: (1, 2) © CORA happywear; (3) © Susanne Barta – Lisi ist in CORA happywear gekleidet; Susanne trägt eine Hose von Captain Santors, einen Rolli von CORA happywear und ein Hoodie von Koché; (4–8) © CORA happywear
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