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September 1, 2021
JULI KA – Jewellery on Display #4
Susanne Barta
Ich kenne Julia Kölblinger seit meiner Studienzeit, sie ist eine Freundin meiner Schwester Ulli und mir schon damals durch ihren ausgewählten Stil sich zu kleiden aufgefallen. Auch ihr Schmuck war immer etwas Besonderes. Das hat vielleicht damit zu tun, dass Julia aus einer Innsbrucker Goldschmiede- und Bildhauer- Familie kommt. Auch sie hat eine Goldschmiede-Ausbildung gemacht und Bildhauerei studiert und nach verschiedenen Projekten vor einigen Jahren wieder ein Schmuck-Geschäft eröffnet, JULI KA fine arts jewelry. Ihre Kollektionen werden in kleinen Auflagen von Hand gefertigt oder sind Einzelstücke. Julias individuelle Designs sind bis heute sehr besonders.
Erinnert ihr euch noch an das Interview mit Afra über ihre 3D-Ketten auf diesem Blog? Die haben Julia so gut gefallen, dass sie mir geschrieben und auch einige weitere Hinweise zum Thema Nachhaltigkeit gegeben hat. In der Zwischenzeit habe ich mit Julia über ihren Zugang zu Nachhaltigkeit im Fine-Jewellery-Bereich gesprochen und Julia hat Afras Ketten für ihr Geschäft bestellt.
Julia, dass Schmuck meist nicht besonders nachhaltig und fair produziert wird, ist nichts wirklich Neues. Du kennst die Branche seit langem sehr gut, wie erlebst du das?
Ich glaube, es ist die richtige Zeit umzudenken. Mit dem Film „Blood Diamond“ 2006 wurde erstmals vielen Leuten bewusst, wie brutal und schmutzig zum Beispiel der Diamantenhandel ist. Seitdem ist viel Zeit vergangen, aber es ist nicht viel passiert. Die Lieferketten sind nach wie vor meist wenig transparent, es gibt Versuche, Zertifikate und Standards festzulegen, dieser Weg wurde zwar beschritten, aber es wird eine Reise bleiben, denke ich. Grundsätzlich muss man natürlich zwischen Industrie und kleinen Handwerksbetrieben unterscheiden. Die Industrie hat gänzlich andere Fertigungsprozesse und Ansprüche an Materialien, sowohl was Quantität als auch Qualität betrifft. Aber jedes kleine Rädchen, das sich dreht, bewirkt etwas.
Was können kleine Handwerksbetriebe wie JULI KA tun?
Als kleiner Betrieb kann man Nachhaltigkeit wirklich zur Priorität machen, in Bezug auf verwendete Materialien, bei den Fertigungsprozessen in der Werkstatt und gegenüber den Kunden. Wir versuchen zum Beispiel im direkten Kontakt mit den Kunden Bewusstsein zu schaffen, denn die meisten haben überhaupt keine Vorstellung davon, woher das Gold kommt, wie es aufbereitet wird, wie umweltschädlich der Prozess ist, und welche Auswirkungen das auf Menschen und Umwelt hat. Das gilt natürlich auch für Edelsteine, Diamanten, Perlen und andere Metalle wie Kupfer, Silber oder Palladium.
Auch im Bereich Verpackung haben wir einiges verändert, wir verwendeten Etuis aus China, die haben wir ersetzt mit Stoff- und biologisch gegerbten Leder-Säckchen. Und schließlich kann man auch das Angebot steuern und hier Verantwortung übernehmen.
Wie genau schaust du auf die Materialien, mit denen du arbeitest?
In unserer Werkstatt versuchen wir nur mit recyceltem, nachhaltig gewonnenem Gold zu arbeiten, das wir von einem zertifizierten Hersteller beziehen. Wir bieten auch „Fairmined“ https://fairmined.org/ und Waschgold an, das machen wir proaktiv, zum Beispiel wenn Leute für Eheringe kommen. Erst ein einziges Mal hat ein Kunde von sich aus nach Fairmined Gold gefragt. Dieses Gold ist 20 % teurer und die Frage ist, wer zahlt die Differenz? Ich denke, man kann in Zukunft nicht alle Kosten auf die Kunden abwälzen, denn die Verantwortung tragen wir alle.
Du hast mir erzählt, dass für die Herstellung eines einzigen Goldrings 20 Tonnen an Giftmüll anfallen. Was macht die Produktion so schädlich?
Gold ist meistens im Gestein mit Erzen verwachsen, um es herauszulösen wird mit sehr giftigen chemischen Prozessen gearbeitet; das funktioniert mit Quecksilber und Zyaniden. Es braucht riesige Mengen an Gestein für ganz wenig Gold. Aus den Zyaniden zum Beispiel wird in Verbindung mit Sauerstoff Schwefelsäure und die geht ins Grundwasser, auch die Quecksilberverbindungen werden meist nicht entsorgt und belasten die Umwelt schwer. Die Gold- und Edelsteinvorkommen sind oft in Konfliktgebieten und es gibt wenig Möglichkeiten der Kontrolle. Deswegen arbeiten wir mit Gold, das schon da ist. Wir ermutigen unsere Kunden auch dazu, ihre Erbstücke, die sie nicht tragen, umarbeiten zu lassen und so wiederzuverwerten. Es ist schade um jedes Schmuckstück, das nur im Kasten liegt. Auch bei Diamanten werden riesige Erdmassen verschoben für sehr wenig Ertrag. Nur 2 % sind überhaupt für den Schmuckhandel tauglich. Ich bin zum Beispiel dazu übergegangen mit Diamanten zu arbeiten, die grob sichtbare Einschlüsse haben, man nennt sie Rosenschliffdiamanten, früher ein Abfallprodukt. Die meisten kennen solche Diamanten gar nicht.
Es ist ja nicht gänzlich unbekannt, was in der Rohstoffgewinnung abgeht. Interessieren sich mehr Kunden als früher dafür, wo und wie produziert wird?
Bis jetzt eigentlich nicht. Da braucht es noch viel Aufklärungsarbeit. In der Mode und auch bei Nahrungsmitteln fragen die Leute schon viel mehr nach. Derzeit ist das Spannungsfeld, mit dem wir hier konfrontiert sind, noch groß, auf der einen Seite das schöne, werthaltige, fertige Schmuckstück und auf der anderen Seite die dunklen Seiten der Lieferkette. Die will eigentlich niemand sehen und die wurden auch lange unter den Teppich gekehrt. Wir sind ein sehr kleiner Betrieb und arbeiten mit Händlern, die wir lange kennen. Vieles basiert natürlich auf persönlichem Vertrauen. Durch die Pandemie können viele Händler aber nicht mehr reisen, der ganze Edelsteinhandel wird über Zoom abgewickelt, das heißt es braucht viel Good Will, Vertrauen und Eigenverantwortung. Die Kontrolle, ob wirklich fair und ökologisch produziert wird, war vor der Pandemie leichter. Mal sehen, wie sich das zukünftig entwickelt.
Welche Bedeutung hat Schmuck für dich?
Ich sehe Schmuck weniger als werthaltiges Asset, für mich hat er vor allem eine emotionale Bedeutung. Das geht auch vielen Kunden so. Für mich muss Schmuck Spaß machen, ich style gerne und möchte mich mit dem, was ich gerade trage, wohl fühlen. Ein Schmuckstück, finde ich, lädt sich auf mit persönlicher Energie. Manche Leute erzählen mir, dass sie sich besonders gut fühlen, wenn sie einen bestimmten Ring tragen, manche Stücke haben auch einen Schutzcharakter, das ist mir vor allem in der Pandemie aufgefallen.
Neben den JULI KA Fine Arts Jewelry Stücken, findet man bei JULI KA auch Brands wie Ole Lynggaard, JuniimJuli oder Chevalier Jewelry und wie gesagt seit kurzem auch Afras dekorative 3D gedruckte Ketten.
Fotos: (1) © Julia Kölblinger; (2) © Madeleine Gabl; (3+4) © Carolin Saage; (5+6) © Günther Egger; (7) © Günther Richard Wett
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