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March 31, 2021

The (R)evolution of Fashion is now!

Susanne Barta

Passender könnte das Motto des GREENSTYLE (Responsible) Fashion Summit nicht sein. Wann, wenn nicht jetzt? Denn so offensichtlich war es wohl noch nie, was in der Modeindustrie so grundlegend falsch läuft. Nach einem Jahr Pandemie sehen wir doch in einigem klarer, haben ein Stück weit besser verstanden, was wir brauchen und was nicht, im besten Falle haben wir auch gesehen, dass es für die Zukunft keine Lösung sein kann, auf Kosten von anderen unseren Wohlstand und unser Konsumverhalten auf einem derart hohen Niveau ungehemmt weiterzutreiben. Vermutlich etwas zu optimistisch gedacht, denn gerade hat die Branchenplattform „Business of Fashion“ ihren Sustainability Index veröffentlicht, in dem die Fortschritte der Modeindustrie auf dem Weg zu einer ökologischen und sozialen Transformation nachgezeichnet werden. Das Resultat ist ernüchternd, wenn auch nicht überraschend: „Marken sprechen zwar mehr über Nachhaltigkeit als je zuvor, aber die Rhetorik hält einer Überprüfung nicht stand. Der Vergleich von 15 der größten Unternehmen der Branche mit ehrgeizigen Umwelt- und Sozialzielen zeigt, dass die Modebranche hinter diesen Zielen zurückbleibt.“ Davon sollten wir uns aber nicht entmutigen lassen, denn die Pandemie hat auch einiges befeuert, Kreativität zum Beispiel. Und es gibt auch Entwicklungen, die zuversichtlich stimmen. Darüber habe ich mit meiner geschätzten Kollegin und Freundin, GREENSTYLE Gründerin Mirjam Smend, gesprochen. Wer mir folgt auf diesem Blog, begegnet ihr hier immer wieder.GREENSTYLE munich 2Mirjam, nach mehrfachen Absagen der GREENSTYLE und vielen zu bewältigenden Herausforderungen, gibt es nun auch zwei gute Nachrichten: Am 8. und 9. April steht der digitale (Responsible) Fashion Summit auf dem Programm und GREENSTYLE wird Teil der sich neu formierenden Frankfurter Fashion Week. Erste Lichtblicke nach einer sehr, sehr schwierigen Zeit?

Das vergangene Jahr war wirklich eine enorme Herausforderung. Unsere letzte Messe mussten wir vor etwas mehr als einem Jahr Pandemie bedingt unverrichteter Dinge wieder abbauen. Wir haben uns nicht unterkriegen lassen und haben neue Formate entwickelt, die Website zum Home of sustainable Fashion mit über 140 Brandporträts ausgebaut und die GMUC agency for Game Changer gegründet. Die nächsten Schritte sind, wie Du sagst, der (Responsible) Fashion Summit mit über 20 Themen, 34 Speaker*innen und Dir wieder als Moderatorin, worüber ich mich sehr freue. Im Juli folgt dann (hoffentlich!) die GREENSTYLE @ Frankfurt Fashion Week. Das Wiedersehen mit unseren Brands, der Community und allen anderen Game Changern können wir kaum erwarten.

Die Modeindustrie wurde härter als andere Industrien getroffen. Konnte die nachhaltige Community besser mit der Krise umgehen? Vielleicht weil Profitmaximierung nicht einziges Kriterium ihres Wirtschaftens ist, dahinter (meist) wirkliche Anliegen stecken und der persönliche Einsatz daher auch meist ein ganz anderer ist?

Auch wenn das COVID-Jahr das Thema Nachhaltigkeit sehr stark befeuert hat und nachhaltige Brands meist etwas lokaler – zumindest in Europa – produzieren bzw. grundsätzlich nicht so viel Überschuss ordern, gibt es auch Eco Brands, die es nicht durch die Krise geschafft haben. Einige standen schon vorher (noch) nicht auf stabilen Beinen. Bei anderen hat die thematische Ausrichtung für ein (hoffentlich nur vorübergehendes) Scheitern gesorgt. Businessmode wurde eben auch im nachhaltigen Bereich von entspannter Home-Office-Wear verdrängt. Glokalisierung und die Überproduktion sind auf jeden Fall Themen, die Corona auf die öffentliche Agenda gebracht hat. Da wird sich zukünftig der ein oder andere Textiler bei der nachhaltigen Mode etwas abschauen. GREENSTYLE munich making ofEs wird ja viel diskutiert in dieser Krise über Veränderungen und auch Einsicht demonstriert, von Primark bis Zara reden fast alle über Bio-Baumwolle, bessere Produktionsbedingungen und wie wichtig mehr Nachhaltigkeit sei. Das meiste scheint Marketing-Gewäsch zu sein, an den Geschäftsmodellen ändert sich bis jetzt noch gar nichts. Wie siehst du das? 

Veränderung geht leider – zumindest zum Guten – meist sehr langsam voran. Wie viele von den Versprechen wahr gemacht werden, bleibt abzuwarten. Aber auf jeden Fall ist der Druck der Konsument*innen und Organisationen wie Fridays for Future und Fashion Revolution deutlich wahrnehmbarer. Nachhaltigkeit ist nicht mehr die Kür. Nachhaltigkeit ist spätestens heute Pflicht. Und wer nicht langfristig transparent auf dieses Thema setzt, wird am Markt nicht lange bestehen. Und das Lieferkettengesetz (Anmerkung: Am 3. März 2021 hat das deutsche Bundeskabinett einen Regierungsentwurf für ein „Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ – kurz: Lieferkettengesetz – beschlossen) wird zumindest dem „Treiben“ der ganz Großen langfristig Einhalt gebieten.

Gerade wird aber auch viel entwickelt und getüftelt, intensiv an neuen Materialien, neuen Recyclingmethoden etc. etc. gearbeitet. Auch Unternehmen wie H&M investieren hier und erklären öffentlich Teil der Lösung sein zu wollen nicht nur Teil des Problems. Von wem versprichst du dir am meisten in Bezug auf Veränderung? Von den Konsument*innen? Der Industrie? Der Politik? Den Kreativen?

„Nothing changes if nothing changes“ – darüber hast Du ja mit dem Verhaltensforscher Prof. Kurt Kotrschal gesprochen. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die anderen etwas ändern. Innovative Materialien und Recyclings sind definitiv sehr gute und spannende Ansätze. Aber wirkliche Veränderung wird nur funktionieren, wenn wir radikal neu denken: verantwortungsvolles und respektvolles Handeln von Anfang bis zum Ende der Lieferkette und den Konsument*innen. Und wir brauchen eine Neujustierung unseres nicht mehr zeitgemäßen Wirtschaftssystems. Immer mehr ist eben einfach zu viel für unseren Planeten. Deshalb auch das Motto des GREENSTYLE Summit: Act now!Jan Frommel Foto_5Mode ist ein komplexes und hochemotionales Thema, ein Psychogramm unserer Gesellschaft. Eine bekannte Influencerin auf Instagram hat vor einiger Zeit auf einen etwas kritischeren Kommentar einer ihrer Followerinnen bezüglich ihrer ständig wechselnden neuen Designerklamotten gemeint, die Spielverderber und Spaßbremsen sollen doch einfach mal Ruhe geben. Ist Nachhaltigkeit eine Spaßbremse?

Es gibt immer noch überraschend viele Influencer*innen, die nicht verstanden haben, dass sie nicht nur eine große Reichweite, sondern auch eine Verantwortung ihre Aussagen und Handlungen betreffend, haben. Fashion-Ikonen, die Looks mit Secondhand- und Vintage-Kleidung stylen sind meiner Meinung deutlich spannender als Designer-Looks von der Stange. Mein Tipp an die Influencer*innen: Auf dem GREENSTYLE Summit pitchen die Peer-to-Peer Sharing-Plattformen von CLOTHESfriends, NRNY und WeDRess Collective ihre Konzepte. Das bringt deutlich mehr Abwechslung auf die Straße als Designer-Mode. Und zirkulär ist das auch noch. Wir müssen einfach ein wenig kreativer werden. 

Was lässt dich immer noch mit Enthusiasmus am Thema dranbleiben?

Ich bin unglaublich glücklich, Teil der Slow-Fashion-Bewegung zu sein. Und wenn ich mit meiner Expertise, meinem Engagement und meinem Netzwerk etwas bewegen kann, dann tue ich das mit ungebrochener Begeisterung.GREENSTYLE munich 2021Nun steht der (Responsible) Fashion Summit bevor. Digital ein wirklich attraktives Angebot zu machen ist ja gar keine so einfache Sache …

Wir haben unser gesamtes Netzwerk bedient: die Community angekurbelt, Sprecher*innen über unsere fantastischen Partner akquiriert, neue Konzepte, Brands und inspirierende Game Changer kennengelernt. Daraus haben wir ein Programm geschnürt, das möglichst viele Themen der nachhaltigen Mode abdeckt und so gestaltet, dass es hoffentlich möglichst viele Leute für ein bewussteres Handeln begeistert. 

Hier geht’s nochmal zur Anmeldung. Wir freuen uns auf euch!

Fotos: GREENSTYLE munich; (2) © Anja Wechsler; (5) © Jan Frommel 

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