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December 16, 2016

Kulturarbeit denken, überdenken und fördern: TKI in Tirol

Kunigunde Weissenegger

Schauen wir doch einmal genauer hin: Wie sieht’s mit Unterstützung von unabhängiger Kulturarbeit in Tirol aus? Dort gibt es seit Jahrzehnten eine Interessenvertretung der freien Kulturinitiativen, die sich für die Geschicke ihrer Mitglieder einsetzt: Die TKI – Tiroler Kulturinitiativen/IG Kultur Tirol versteht sich als kulturpolitisch gestaltende Kraft, die sich für die kontinuierliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für autonome Kulturarbeit in Tirol einsetzt. – So steht’s auch auf ihrer Website.  

Im vergangenen Jahr hat die TKI eine Umfrage durchgeführt und die Ergebnisse soeben veröffentlicht. Der Bericht, der auf der Website einsehbar ist, wird seit 2012 von der IG Kultur Österreich in Zusammenarbeit mit den Länderorganisationen durchgeführt, damit beispielsweise auch das Verhältnis zwischen bezahlter und unbezahlter Kulturarbeit erhoben werden kann. 

Aus den Zahlen und Fakten geht unter anderem hervor, dass 2015 121 Kulturinitiativen (mittlerweile sind es über 130) in ganz Tirol Mitglied bei der TKI waren. Die in den Mitgliedsinitiativen mitwirkenden 2.200 Personen führten im vergangenen Jahr über 3.300 Veranstaltungen durch und wandten dabei über 142.000 Stunden unbezahlter Arbeit auf. Bemessen an einem fiktiven Stundenlohn von 20 Euro, erbrachten die Vereine im Jahr 2015 nur durch ihr ehrenamtliches Engagement eine Arbeitsleistung im Gegenwert von 2.800.000 Euro. 

Geschäftsführerin der TKI ist seit 2000 Helene Schnitzer. Mit ihr haben wir über die Arbeit des Vereins TKI, Unabhängigkeit, öffentliche Jurysitzungen, eine klare Ansprechstelle bei Fragen und unterstützende Maßnahmen gesprochen. Helene Schnitzer FOTO Michael Haupt

Helene Schnitzer, beschreib uns doch bitte zunächst, was die TKI ist und wie sie arbeitet?

Die TKI ist als Verein organisiert und hat damit eine eigenständige, unabhängige Struktur. Sie wird im wesentlichen vom Land Tirol und der Stadt Innsbruck unterstützt. Inhaltlich versteht sich die TKI als Interessenvertretung der freien – also nicht institutionalisierten – Kulturinitiativen. Als solche bringt sich die TKI in kulturpolitische Debatten ein und arbeitet für die kontinuierliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kulturarbeit. Sie betreibt Lobbying vor allem auf Landes- und Gemeindeebene. Darüber hinaus ist die TKI eine Beratungs- und Vernetzungsstelle für freie Kulturinitiativen und Kulturschaffende. Wir stehen für sämtliche, die Kulturarbeit betreffende Fragen zur Verfügung und vermitteln bei Bedarf auch ExpertInnen, wie beispielsweise Rechts- oder Steuerberatung zu günstigen Konditionen. Als weitere unterstützende Maßnahmen organisieren (und zum Teil konzipieren) wir auch Seminare, Workshops, diskursive Veranstaltungen und Vernetzungstreffen. Mit unterschiedlichen Projekten versuchen wir, in bestimmten Bereichen gezielt Impulse zu setzen (zum Beispiel mit der Förderschiene TKI open, mit #freshculture im Bereich der Jugendkultur oder mit Kultur vor Ort, einem moderierten Kulturentwicklungsprozess in Gemeinden). 

Was sind die Vorteile einer solchen Interessenvertretung? 

Für die Kulturschaffenden gibt es eine klare Ansprechstelle bei Fragen und Vernetzungswünschen. Bei kulturpolitischen Anliegen ist eine Interessenvertretung (zusammen mit ihren Mitgliedern) sicher durchsetzungskräftiger als einzelne Initiativen oder Personen, (die sich darüber hinaus mit Forderungen auch sehr exponieren würden). Im Bereich Fortbildung kann eine Interessenvertretung gezielt auf die Bedürfnisse der freien Szenen eingehen und auf die Bedürfnisse zugenschnittene Angebote konzipieren. Eine Interessenvertretung kann ganz pragmatische Vorteile für Mitglieder bringen, wie beispielsweise das Ausverhandeln von günstigen Verträgen (z. B. Ermäßigung bei der AKM [das ist die SIAE in Österreich]). Schönberg op. A13 TKI open Projekt 2015 FOTO Leonhard Müllner + Dirk Art Arthofer

Über 25 Jahre gibt es euch nun schon. Was war der Anlass zur Gründung? Was zieht ihr für ein Resümee?

Die TKI gibt es seit 1989. Der Anlass zur Gründung war ein Zusammenschluss von regionalen, zeitgenössischen Kulturinitiativen, um ein Gegengewicht zur wachsenden Kulturszene in der Landeshauptstadt zu schaffen. Nach 1995 war die TKI bereits ein Verein und auch bereits die Interessenvertretung der freien Kulturinitiativen in Tirol. Seither ist sie enorm gewachsen – auf derzeit 132 Mitgliedsinitiativen. Ein Resümee – schwierig in der Kürze – aber ich denke schon, dass eine IG eine für diese Kulturszene sinnvolle und stärkende Einrichtung ist.

Über euch werden auch Kulturgelder des Landes Tirol verteilt. Wie geht das vor sich und welche Vorteile hat eine solche Verteilung? 

Ja, die TKI hat 2002 die Förderschiene TKI open ins Leben gerufen mit der Absicht, einen Förderansatz für ein bestimmtes Segment der zeitgenössischen Kulturarbeit zu schaffen – nämlich unter anderem für politische Kulturarbeit, für interdisziplinäre Projekte, für marginalisierte Positionen, für junge, neue, experimentelle Initiativen und Projekte… Seit TKI open 06 steht die Ausschreibung unter einem jährlich wechselnden Schwerpunktthema. Das Procedere ist so: Der Topf ist mit Landesmitteln gefüllt und die finanzielle Abwicklung der Projekte erfolgt direkt über die Kulturabteilung. Die TKI wickelt ansonsten den Topf zur Gänze ab, heißt: Themenfindung, Ausschreibung, Organisation, Öffentlichkeitsarbeit, Jury, Betreuung der ausgewählten Projekte. Die Jurysitzung findet öffentlich statt – die ProjekteinreicherInnen können zuhören, aber nicht mitdiskutieren – ein Ansatz, der sich im Sinne der Transparenz sehr bewährt hat. 

artacts Festival Musik Kultur St. Johann FOTO Werner Krepper

Fotos: (1) TKI Trainingslager – Workshop der TKI zu Förderungen in Kunst und Kultur; (2) Helene Schnitzer (c) Michael Haupt; (3) Schönberg op. A13 – TKI open Projekt 2015 (c) Leonhard Müllner + Dirk Art Arthofer; (4) artacts Festival für Musik + Kultur in St. Johann (c) Werner Krepper

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