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March 10, 2016

Think Tank Sud:
ein Zuhause für die BozianerInnen…

Maximilian Mayr
Architekt Robert M. Veneri im Interview mit franz über das Projekt der Unis Bozen und Innsbruck "Think Tank Sud" in Bozen.

Design-Studierende der Uni Bozen (Samuel Bedin, Stefania Rigoni, Maria Teresa Scarabello, Ylenia Steiner und Camilla Valli, betreut von Prof. Antonino Benincasa) und Architekturstudierende der Uni Innsbruck (Natalie Hofbauer, Julia Kalmbach, Claudia Müller, Karin Oberlechner, Eva Schwärzler und Stefanie Waltl, betreut von Arch. Dr. DI Robert M. Veneri) haben unter dem Namen Think Tank Sud gemeinsam ein Zukunftsprojekt zur Aufwertung und Neugestaltung der Industriezone Bozen für das Jahr 2030 entwickelt. “Bei der Industriezone geht es nicht nur um ein architektonisches, sondern auch um ein inhaltliches Konzept,“ erklärt mir Architekt Robert Veneri, den ich zum Interview treffe. “Wenn man Architektur und Inhalt vereint, kann man ein großes Publikum erreichen,” so der Projektkoordinator der Universität Innsbruck. 

Obwohl die Planung, die unter der Schirmherrschaft der EURAC steht, im Moment noch reine Utopie ist, glaubt Veneri fest an eine konkrete Umsetzung: “Wir haben der Zone einen eigenen Namen gegeben, da wir glauben, dass dieser Stadtteil eine eigene Identität entwickeln kann und ein Standort für innovative Entwicklung und Produktion werden wird.”

Dabei wurde die Planung der  Industriezone von den Studierenden in drei vertikale Ebenen eingeteilt: 

Die erste Ebene ist das sogenannte Street Level, also die Straßenebene. Bei dieser Ebene benötigt die Industriezone vor allem ein neues Mobilitätsgesetz, das sehr schnell und auch kostengünstig umgesetzt werden kann: “Es geht um die Einführung von einer oder auch zwei weiteren Buslinien. Wichtig wäre, dass man damit alle strategisch wichtigen Punkte der Industriezone innerhalb weniger Minuten erreicht. Unser Konzept würde so ausschauen, dass diese Buslinien in Form einer Doppel-Acht angelegt werden würden. Hier ist die Anbindung an den Flughafen sehr wichtig, der viel schneller erreichbar werden muss.” Der Flughafen wird von den ProjektteilnehmerInnen als natürlicher Bestandteil der neu geplanten Zone angesehen. Auch wenn es keinen Sinn hätte in Bozen einen internationalen Flughafen zu bauen, wäre es wichtig, dass ForscherInnen, AusstellerInnen oder Geschäftsleute in Zukunft schneller und flexibler in die Stadt  kommen können. “Meiner Meinung nach würde der Standort Bozen dadurch viel an Attraktivität dazu gewinnen,” so Veneri.  Think Tank Sud 2

Eine weitere Idee des Teams von Think Tank Sud ist die Errichtung eines großen Parkhauses in der Nähe der Autobahnausfahrt Bozen Süd, in dem die täglich 25.000 PendlerInnen die Möglichkeit hätten ihr Auto zu parken: “Wir müssen erreichen, dass der Pendler nicht mit seinem Auto in die Firma fährt, sondern dass er ohne Probleme in diesem Parkhaus parken kann, dann über eine Brücke zur Bushaltestelle geht und schließlich innerhalb von drei bis fünf Minuten in seinem Betrieb ist, ohne im Stau zu stehen. Es kann nicht sein, dass man heute durch die Zone fährt und wegen des Verkehrs eine halbe Stunde verliert. Unser Ziel ist es, die Zone zu entlasten und in mehr Fahrräder und Grün zu investieren. Qualität durch Reduzierung des Verkehrs.”

Eine Erweiterung des Bahnhofs Bozen Süd oder eine direkte Haltestelle des Zuges beim Flughafen käme den Mitgliedern von Think Tank Sud daher sehr gelegen und ist in ihren Plänen vorgesehen. Auch das Messner Mountain Museum lassen die Studierenden nicht außen vor: “Bei Salewa und TechnoAlpin würden wir eine Talstation planen, deren Bahn auf den Burghügel hinauf führen würde,” so Veneri. Doch damit nicht genug: “Von Sigmundskron würde eine weitere Bahn ins Überetsch hinunter führen, damit der gesamte Pendlerverkehr auch in diesem Bereich begrenzt werden würde. Diese Verbindung käme auch eventuellen MessebesucherInnen zugute, die von Bozen aus schnell in die Umlaufbahn einsteigen und nach Sigmundskron fahren könnten, um sich für ein paar Stunden zu erholen. Wichtig ist der geringe Zeitaufwand: schnell rein in die Bahn und schnell raus aus der Stadt. Auf diese Weise wäre es auch viel einfacher ohne Auto zum Montiggler oder Kalterer See zu gelangen.” Ginge es nach den Ideen von Think Tank Sud soll das aber nicht die einzige Seilbahn in Bozen bleiben – weitere Verbindungen von der Industriezone  zum Virgl, nach Kohlern oder zur Haselburg sollten aus Bozen eine wahre Stadt der Seilbahnen machen.

Weiter geht es mit der zweiten geplanten Ebene, dem Working Level, welches die bestehenden Betriebe der Zone betrifft: “In der Industriezone sind Firmen wie Stahlbau Pichler, der Software-Entwickler EOS, eine Niederlassung des Fraunhofer Instituts und viele mehr angesiedelt. Allein die Messe Bozen hat letztes Jahr 230.000 BesucherInnen in die Stadt  gelockt. Das Ziel des Working Levels ist es, Unternehmen, Forschung und Handel miteinander zu verbinden und die Betriebe besser zu vernetzen.”Think Tank Sud 3Die dritte und letzte Ebene des Plans wäre schließlich eine Meta-Ebene, die Roof Hopping Level genannt wird. Sie betrifft die Dächer der Betriebe und Firmen. “Bei unseren Studien haben wir bemerkt, dass die Industriezone ein sehr sonniger Stadtteil ist. Wenn man sich die Schwerindustrie wegdenkt, ist die Luftqualität sogar besser als in der Altstadt. Das Roof Hopping Level würde die Dachflächen der Betriebe verbinden und EINE große Dachfläche schaffen. – Eine Art fantastische Landschaft, auf der Familien mit ihren Kindern spazieren gehen können, da dieser Bereich ja verkehrsfrei und somit ungefährlich ist. Auf dieser Dachlandschaft sind auch eigene Wohnmodelle geplant, sogenannte “Wohn- Archen”, die energieautark sind. Diese Behausungen werden durch Windräder, Solarstrukturen etc. mit Energie versorgt. Die Dachlandschaft würde so von jungen dynamischen Leuten aus der ganzen Welt besiedelt werden, die in der neuen Zone arbeiten und leben.”

Die Pläne von Think Tank Sud möchten aus der Industriezone Bozen eine eigene Stadt mit eigenen BewohnerInnen – den sogenannten “BozianerInnen” – machen; Menschen, die die Möglichkeit haben, während ihrer Arbeitspausen auf der genannten Dachlandschaft zu joggen oder mit der Seilbahnen zum Montiggler See zu fahren, um eine Runde schwimmen zu gehen. Doch wie  geht es jetzt mit dem Projekt weiter?

“Wir stellen unsere Konzepte im Rahmen der Arredo 2016 aus. Bei vielen angesprochenen Plänen haben wir uns an bereits existierenden Projekte orientiert; sie sind also durchaus realistisch. Wir werden auch ein Voting machen, um dieser geplanten Stadt einen Namen zu geben. Wir wissen, dass das Projekt an gewissen Stellen aneckt und kratzt, aber wir haben auch nicht das Patent für Perfektion. Klar ist dieser Plan noch eine Utopie, aber die Umsetzung ist nicht so weit entfernt, wie man denkt. Mit nur wenigen Maßnahmen könnte man schon viel erreichen.”

Fotos by Think Tank Sud (Samuel Bedin, Natalie Hofbauer, Julia Kalmbach, Claudia Müller, Karin Oberlechner, Stefania Rigoni, Maria Teresa Scarabello, Eva Schwärzler, Ylenia Steiner, Camilla Valli und Stefanie Waltl)

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