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September 22, 2012

Zur Landshuter Europahütte – eine Grenze durchschneidet ein Haus

Franz

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde mitten durch die Landshuter Hütte (2.693 m) eine Grenze gezogen. Plötzlich lagen zwei Drittel des Schutzhauses auf italienischem, der Rest auf österreichischem Gebiet – die Küche befand sich in einem Staat, die Stube in einem anderen! Seit 1988 trägt die Landshuter Hütte auch den Namen Europahütte und wird vom italienischen Alpinclub (CAI) und dem Deutschen Alpenverein (DAV) gemeinsam geführt.

Der Bergsteigerklub der bayerischen Stadt Landshut errichtete Ende des 19. Jh. auf dem Gebirgskamm unweit des Brenners eine Schutzhütte. Der Kostenvoranschlag von 11.000 Friedensmark wurde dabei um 6.000 Mark überzogen! Die Hütte wurde 1899 eingeweiht, nach dem Ersten Weltkrieg war sie zehn Jahre lang unbewirtschaftet, dann kümmerte sich der DAV um den österreichischen Teil des Gebäudes. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie neuerlich längere Zeit verlassen. 1953 eröffnete der DAV seinen Teil des Gebäudes wieder, allerdings nicht für lange: In der Folge der Attentate und der politischen Spannungen in Südtirol wurde die Hütte 1966 geschlossen. Der österreichische Teil wurde 1972 wieder in Betrieb genommen, der italienische blieb geschlossen und wurde kurze Zeit von der Finanzwache genutzt. Zu Beginn der 1980er-Jahre reifte die Idee, die Schutzhütte zu renovieren und wiederzueröffnen. Doch ein Problem unter vielen waren die Besitzverhältnisse: Der italienische Teil gehörte nach wie vor dem Militär. Als die Arbeiten endlich beginnen konnten, war die schöne Veranda bereits einsturzgefährdet! Mit dem Einsatz aller Beteiligten – Alpenvereine, Freiwillige, Baufirmen und Militär – konnte das ursprüngliche Erscheinungsbild der Schutzhütte wiederhergestellt werden. Das renovierte Gebäude wurde in einer grenzüberschreitenden Feier am 9. und 10. September 1988 eingeweiht.

Wanderung zur Landshuter Europahütte am Alpenhauptkamm
Eindrucksvolle Grenzwanderung zu zwei geschichtsträchtigen Schutzhütten. Wir parken in Platz und erreichen per Taxi das Pfitscher-Joch-Haus auf 2.275 m (Taxi Bussola Tel. 0472 765016 und 329 4359224 oder Wipptalreisen Tel. 0472 765434, Reservierung empfohlen). Damit ersparen wir uns einen vierstündigen Aufstieg.
Vom Pfitscher Joch führt Weg Nr. 3 in 3 Stunden durch eine herrliche hochalpine Landschaft zur Landshuter Europahütte (2.693 m), etwas Vorsicht und Kondition erforderlich! Von dort geht es über Weg Nr. 3A in rund 2 Stunden hinunter nach Platz.

Infos in Kürze:
Anfahrt: Von Sterzing durch das Pfitscher Tal bis Platz. Schwierigkeit: schwer. Gehzeit: 5 Stunden, bergauf 580 Höhenmeter, bergab 1.430 m (!)
Einkehr: Pfitscher-Joch-Haus: Tel. 0472 630119 und 0472 630105; Landshuter Europahütte: Tel. 0472 646076 und 0472 630156. Beide geöffnet v Mitte Juni – Anfang Okt., Übernachtungsmöglichkeit.

Weitere Grenzgeschichten mit Hintergrundinfos und Wandertipps findet ihr in eurer Lieblingsbuchhandlung im Buch:
Luisa Righi/Stefan Wallisch
Grenzgänge in Südtirol
Ausflüge in Geschichte und Landschaft
Folio Verlag (Bozen/Wien 2010)
ISBN 978-3-85256-537-8

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