Contemporary Culture in the Alps
Contemporary Culture in the Alps
Since 2010, the online magazine on contemporary culture in South Tyrol and beyond in the Alpine environment.

Sign up for our weekly newsletter to get amazing mountain stories about mountain people, mountain views, mountain things and mountain ideas direct in your inbox!

Facebook/Instagram/Youtube
© 2025 FRANZLAB
Music

Verblüffender Elan und Genialität am Klavier – Daniil Trifonov

04.09.2012
Parola all'ascoltoDavid Thaler
Daniil Trifonov

Auftritt, flinke Verneigung mit herzlichem Lächeln. Daniil Trifonov, 21 Jahre jung, setzt sich ohne Anstalten ans Klavier, benötigt keine Notenblätter, nur wenige Augenblicke, um sich zu sammeln, und schon fliegen seine Finger über die Tasten. Wuchtig und unmittelbar erfasst den Zuhörer die seismische Woge der Begeisterung und Liebe, die dieser junge Mann für das Klavierspiel in sich trägt. Er hat es nicht nur im Blut, er hat es in der DNS, würde ich meinen.

Er vermittelt den Eindruck jeden der dargebotenen Komponisten zu verstehen, in dem, was sie lang vor seiner Zeit zu Blatt gebracht haben. Jede meisterhaft gespielte Passage, ob traurig, hektisch, dramatisch oder zärtlich, wird von ihm in einer emotionalen Regung begleitet. Er versteht die Geschichte, die hinter den Kompositionen steckt und durchlebt sie.
Es ist entzückend ihm dabei zuzuschauen. Wie er sich bei der Skrjabin Sonate (Nr. 3, Op. 23) zeitweise in die Tastenleiste gräbt, als würde er etwas dort Verlegtes suchen. Wie er bei Stravinskys „Danse infernale“ (L’oiseau de feu) kurzeitig vom Hocker springt, um dem Klavier mit geballtem Körpereinsatz einzubläuen, wie wahrhaftig er das jetzt gerade meint. Wie wahnhaft sich sein Blick auf eine bestimmte Melodieführung konzentriert. Wie er durch kontrollierte Atmung Spannung in sich aufbaut und sie durch das Ausatmen am Ende eines Stückes wieder aus seinem Körper entweichen lässt.
Doch das Staunen über die Exzellenz seiner Spielweise fand mit Vollendung seines Programms im Konzertsaal des Konservatoriums C. Monteverdi, welches überdies drei Märchen von N. Medtner und technisch äußerst knifflige Chopin Etüden umfasste, noch lange kein Ende.
Der nicht enden wollende Applaus, verleitete das Energiebündel zu fünf Zugaben, in denen er nicht nur abermals seine außergewöhnliche Gabe als Klavierspieler unter Beweis stellte, sondern dem Publikum zu allerletzt noch zwei grundlegende Dinge aufzeigte: erstens, dass es ihm unvorstellbare Freude und Glück bereitet, und zweitens, dass in ihm noch eine weitere Gabe steckt: jene eines vortrefflichen Interpretationskünstlers.

SHARE
//

Tags

bolzano festival bozen, classica, Conservatorio Monteverdi, daniil trifonov, festival ferruccio busoni
ARCHIVE