Contemporary Culture in the Alps
Contemporary Culture in the Alps
Since 2010, the online magazine on contemporary culture in South Tyrol and beyond in the Alpine environment.

Sign up for our weekly newsletter to get amazing mountain stories about mountain people, mountain views, mountain things and mountain ideas direct in your inbox!

Facebook/Instagram/Youtube
© 2025 FRANZLAB
franz publisher,Books

Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History

Die neue Publikation von franzLAB zeigt Einblicke in 50 Jahre Südtiroler Skateboard-Szene

21.11.2025
Verena Spechtenhauser

Snapshot, Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History, © franzLAB/Philipp Moravetz

Wenn ich am Skatepark an der Talferpromenade vorbeispaziere und den Klang fallender Bretter höre, packt es mich heute noch. So stilvoll wie die, waren wir damals jedenfalls nicht.
Christoph Trebo

Los Angeles, Sommer 1976. Es ist heiß und trocken im Süden von Kalifornien. Seit Monaten warten die Bewohner:innen an der Küste auf den ersehnten Regen. Um wertvolles Wasser zu sparen, bleiben in diesem Sommer unzählige Pools leer. So auch in Dogtown, einem Subviertel von Los Angeles, das zwischen Santa Monica, Venice Beach und Ocean Park liegt. Dogtown ist weit entfernt vom glamourösen Kalifornien-Klischee. Die Gegend ist gezeichnet von Armut und Kriminalität und bekannt für ihre berühmt-berüchtigten Surfer-Gangs. Auch die Gruppe um Tony Alva, Jay Adams und Stacy Peralta stammt aus dieser Szene. Die Z-Boys, wie sie sich selbst nennen, haben das Jahr zuvor für Aufsehen gesorgt, als sie beim Del-Mar-Contest im Norden San Diegos, dem bis dahin gängigen braven und sauberen Skateboardstil einen schnellen und aggressiven neuen Stil entgegensetzten, der von den tiefen Bewegungen des Surfens inspiriert ist.

Snapshot, Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History, © franzLAB/Archiv

Nun, ein Jahr später, stehen die Z-Boys kurz davor, dem Skaten einen weiteren Meilenstein hinzuzufügen. Denn im Gegensatz zu vielen anderen, sehen sie in den leeren Pools etwas, das zuvor niemand erkannt hat: nämlich perfekt gebogene Betonflächen, die in ihrer Form an Meereswellen erinnern. Und die sich hervorragend zum Skaten eignen. An deren steilen Poolwänden man hochfahren und Geschwindigkeit aufbauen und die Kanten der selbstgezimmerten Boards grinden und smacken kann. Ohne Pause streifen die drei auf der Suche nach dem perfekten Pool durch die Nachbarschaft. Steigen über Zäune und informieren sich über Walkie-Talkies, wenn neue leere Pools gesichtet werden. Viele Pools haben lose Fliesen, rutschige Stellen oder unebenen Beton. Doch genau das ist es, was die Skater reizt. Damit ist ein neues Motto geboren – Find a pool, drain a pool, skate a pool – und mit ihm das Pool-Skaten, das als Vorgänger des modernen Street Skatings gilt.

Negli anni '90 lo skate a Bolzano era ribellione e appartenenza. Non solo sport, ma cultura: un linguaggio creativo che sfidava l'omologazione.
Simon Giuliani
About the authorVerena SpechtenhauserWer bin ich und wenn ja, wie viele? Auf jeden Fall endlich Historikerin und immer noch wahnsinnige Bücherliebhaberin. [...] More
Südtirol in den 1970er-Jahren. Wie und wann die ersten Skateboards nach Bozen, Brixen, Meran oder Bruneck gelangten, ist heute nicht mehr mit Sicherheit zu sagen. Fakt ist, dass die Entwicklung der Südtiroler Skateboard-Szene in der Mitte der 1970er-Jahre begann. Eine Handvoll Teenager – die Pioniere der hiesigen Surf-on-Asphalt-Ära – die aus alten Skiern und Rollschuhachsen improvisierte DIY-Decks bauten, um damit über die Bergstraßen, Tiefgaragenrampen oder Plätze Südtirols zu surfen. Die Szene wuchs langsam, aber stetig und was lange Zeit von der breiten Südtiroler Öffentlichkeit kaum oder nur als verbotener und verrückter Kinderkram angesehen wurde, bekam Ende der 1980er-Jahre einen rasanten Zulauf. Vor allem in Bozen war die Skate-Bewegung in diesen Jahren stark mit der Punk- und Hardcore-Szene verbunden, ein jugendlicher Mikrokosmos, jedoch ohne Skateparks, in denen man sich zum Skaten treffen konnte. Erst in den 1990er- und 2000er-Jahren sprossen auch in Südtirol Skaterampen und -parks wie Pilze aus dem Boden. Hinzu kamen die ersten Skateshops im Pustertal und in Bozen – und später dann die ersten Skate-Events, darunter die dreimalige Ausrichtung der Skateboard-Italienmeisterschaft. Rückblickend kann man getrost behaupten, dass in Südtirol eine Szene entstand, die in Italien ihresgleichen sucht. Klein, aber mit viel Pioniergeist ist sie nach wie vor eine der authentischsten und respektiertesten des Landes.
Snapshots, Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History, © franzLAB/Archiv

Dass ich hier auf franzmagazine diese Geschichten erzähle, hat mit der neuesten Publikation des franzLAB-Verlags zu tun. Das Buch Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History versammelt mehr als 100 Stimmen aus fünf Jahrzehnten Südtiroler Skateboard-Geschichte. In Form von persönlichen Interviews und Statements, die man sonst nur am Spot erzählt bekommt, und ergänzt durch Archiv- und aktuelle Fotografien und Flyer wird die Entwicklung der Südtiroler Skateboard-Szene von der Mitte der 1970er-Jahre bis heute nachgezeichnet. Das Buch ist also fast so etwas wie das offizielle Gedächtnis der Szene, erzählt von Leuten, die den Skate-Kosmos in Südtirol intensiv mitgeprägt haben. „Wir sind extrem vergnügt, ein bisschen an der Südtiroler Skateboard-Geschichte mitschreiben zu dürfen bzw. dieses Buch über 50 Jahre Südtiroler Skateboard-Szene zu verlegen. Es geht um Bretter, Rampen und die Protagonist:innen von den Siebzigern herauf bis Jetzt,“ freuen sich die Verlegerinnen Kunigunde Weisseneger und Anna Quinz, über das neueste Buch im Verlagskosmos von franzLAB.

Skaten ist für mich die Verbindung von Sport, Freundschaft und Kreativität. Eine Community, in der keiner ausgeschlossen wird.
Remo Rossi

Die Ideengeber und Macher hinter Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History – der ersten umfassenden Publikation über die Skateboard-Geschichte Südtirols – sind der Grafiker, Künstler und Jugendarbeiter Philipp Pippo Klammsteiner und der Fotograf und Jugendarbeiter Andreas Bertagnoll. Der eine, ein passionierter Skater und „graue Eminenz des Südtiroler Skateboardings“, hat das Buch mitgestaltet und die vielen Interviews geführt, der andere, ein bekennender Nicht-Skateboarder, aber faszinierter Beobachter der Szene, ist mit seinem Fotoapparat durch ganz Südtirol gecruist und hat insgesammt 30 wichtige Persönlichkeiten der Szene fotogrfisch portraitiert. „Vielleicht liegt es ja wirklich in unserer DNA, auf einem Brett durchs Leben zu surfen“, schreibt Philipp Klammsteiner im Vorwort von Rolling Culture, – „So oder so: Die Skateboard-Kultur hat das Leben vieler Menschen in Südtirol positiv beeinflusst – und sie hat unzählige Geschichten hervorgebracht. Einige davon werden in diesem Buch erzählt ...“. Und Andreas Bertganoll schreibt in seinem Vorwort ergänzend: „Als jemand, der von außen Einblick erhielt, fand ich die Menge an Skills, die beim ernsthaften Skateboarding geschult werden, absolut faszinierend. Skateboarding ist viel zu athletisch und zu anspruchsvoll, um es nicht als Sport zu bezeichnen. Sehr wohl ist Skaten aber der Mittelfinger unter den Sportarten.“

Herausgeben wird das Buch von den beiden Jugendzentren Bunker BZ und Fly Leifers/Laives in Zusammenarbeit mit Papperlapapp, Kuba und dem Verein Sk8Project und unterstützt von den örtlichen Jugenddiensten. „Rolling Culture ist für uns der krönende Abschluss eines umfangreicheren Projekts über 50 Jahre Südtiroler Skateboard-Geschichte und eine nachhaltige, physische Hommage an diese Jugendkultur,“ so Bertagnoll.

Gelauncht wird Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History übrigens am heutigen Freitag, 21. November 2025 um 17:30 im Jugendzentrum Papperlapapp in Bozen, inklusive Vernissage und Konzert. Zeitgleich startet auch der Verkauf im Online-Shop von franzLAB. Skate or Die!

Rolling Culture: South Tyrol’s Skateboard History, © franzLAB/Ludwig Mehler

SHARE
//

Tags

Philipp Klammsteiner, Andreas Bertagnoll, papperlapapp, Bunker 14, rolling culture, franz publisher, fly leifers, skateproject
ARCHIVE