... einmal im Leben die Roller-Derby-Welt erleben
Roller Derby World Cup 2025, Italy vs England, © Fabio Meschini
Roller Derby World Cup 2025, Italy vs England, © Fabio Meschini
Wie bereits hier angekündigt, fand in Innsbruck vom 3. bis 6. Juli 2025 der Roller Derby World Cup statt. Wir waren live dort vor Ort …
… und so viel kann ich schon vorab sagen: Ich meine, es sollte jeder Person Ziel sein, (mindestens) einmal im Leben dem Roller-Derby-Fieber zu verfallen. Denn Roller Derby hält, was es verspricht: Es geht wild und herrlich zu! Da kommt ein Haufen vernarrter Spitzenathlet:innen zusammen, die gemeinsam einen echt verrückten Sport betreiben, und das ganze Drumherum ist von einem fast postheteropatriarchalen, ultra-queeren Vibe geprägt. Wer das Spiel nicht kennt, versteht zunächst wenig. Aber wenn man sich ein bisschen reinfixt, bekommt man eine Idee, worum es geht. Man beginnt zu verstehen, was Blocker:innen und Jammer:innen sind, wann wer warum Punkte sammelt, wann es Penalties gibt (mehr oder weniger) oder was es bedeutet, wenn ein:e Jammer:in mit ihren Armen wedelnd auf ihre Hüfte zeigt.
Die Werte des Roller Derbys kamen beim World Cup gut zum Ausdruck. Primär geht es darum, an einem Sport genau so wie man ist, Spaß zu haben. Um das zu ermöglichen, bedarf es aber einer ideologischen Rahmung, die das auch erlaubt: Staaten werden für weniger wichtig als Rollschuhe erklärt, Trans- und Inter-Personen sind ein selbstverständlicher Teil des Sports, alle Körper sind in ihrer Vielfalt willkommen etc. So wurde der World Cup in Innsbruck mit einer Demo eröffnet, wo es genau darum ging, diese Werte der Roller Derby Community nach außen zu tragen.
Das Publikum war eine lebendige Mischung aus Menschen, die sich jenseits heteropatriarchaler Normen bewegen. Begeisterung, Lebensfreude und Respekt standen im Mittelpunkt dieses sportlichen und sozialen Höhepunktes. Es wurde wild angefeuert, bejubelt und mitgejubelt, aber es kam auch zum Ausdruck, was die Community beschäftigt und belastet. Die zentralen Themen waren xenophobes Verhalten und der Genozid am palästinensischen Volk, zu dem sowohl Athlet:innen als auch die Fans klar Stellung bezogen. Denn es ist klar, dass auch in freudigen Momenten das Leid kolonialer, imperialer, rassistischer, heteropatriacher, ableistischer Unterdrückung und Gewalt nicht vergessen werden darf.
Die Stimmung litt darunter keineswegs. Es ging ausgelassen zu, Hymnen wurden kreativ umdisponiert: Das italienische Team (inkl. zweier großartiger Bozner Athletinnen) sang z. B. Bandiera von Giulia Mai, weil sie keine Lust hatten, sich den aktuellen faschistoiden Dynamiken des italienischen Staates zu unterwerfen. Geschlechternormen wurden gebrochen. Die Cheerleaders wurden zu den absolut großartigen Fearleaders aus Wien – alles Männer – und lieferten fantastische Shows, bei denen das Publikum tobte. Es gab eine Rollschuh-Disco, wo Profiskater:innen und Amateur:innen aufeinandertrafen und gemeinsam – je nach Fähigkeit und Lust – tanzten.
Die Begeisterung, die in der Olympiaworld in der Luft lag, war ansteckend. Es war ganz unmöglich, sich nicht mitreißen zu lassen. Und auch wenn es hart zuging bei den Spielen, blieb es sportlich und solidarisch. Es war stets klar, es ging darum, gemeinsam diesen Sport, seine Community und Werte zu zelebrieren. Dabei gibt es am Ende nur Gewinner:innen.
Wettkämpferisch brillierten die USA (Gold), Australien (Silber), UK (Bronze) und Frankreich als Viertplatzierte. Doch sportliche Höhepunkte und Spitzenskater:innen waren auch bei jedem einzelnen Spiel zu sehen. Nicht zuletzt die unglaublich spielerfahrene Bozner Blockerin und italienische Kapitänin Betty Burp – so ihr Derby-Name –, die nur schwer zu bezwingen ist, und Hannibal, die Bozner Jammerin, die es mit ihrer gelassenen, aber kämpferischen Art sogar auf die Liste der erfolgreichsten Punktesammler:innen des World Cups geschafft hat.
Den krönenden Abschluss fand der Roller Derby World Cup neben den Finalspielen in einer Parade der Teams mit starken politischen Statements, einer großen Zirkusshow und einer legendären Afterparty mit Burlesque Show, DJs und Karaoke. Die Fearless Bruisers haben als Organisator:innen alle Erwartungen übertroffen.
Es war ein Fest!