„Warum soll ich den schlechteren Weg wählen?“
Christine Frehe-Reynartz setzt sich seit 30 Jahren für faire und nachhaltige Mode ein.

© Auryn Fair Fashion
© Auryn Fair Fashion
Vor kurzem habe ich in München meine erste Armedangels-Jeans gekauft. Und das kam so: Mirjam Smend, die ihr ja alle schon kennt, trug beim GREENSTYLE Pop-up auf der Internationalen Handwerksmesse eine Jeans, die mir sehr gut gefiel, und die geschnitten war, wonach ich schon länger suchte. Sie schickte mich zu Auryn Fair Fashion & Toys in der Münchner Reichenbachstraße, ich sollte nach Christine fragen. Das habe ich gemacht. Nach dem Hosenkauf sind wir ins Gespräch gekommen und sie erzählte mir, dass sie sich schon seit 30 Jahren mit nachhaltiger und fairer Mode beschäftigt. Christine Frehe-Reynartz lebt nachhaltige Mode. Das sieht und spürt man. Bei Auryn Fair Fashion & Toys gibt’s Kleidung für Damen und Kinder, Accessoires, Spielzeug, auch Dekorationsartikel für Groß & Klein. Ihre Ware sucht sie nach entsprechenden Kriterien aus, in der Zwischenzeit hat sie viel Erfahrung darin. Mitte April feierte Christine ihr 30jähriges Geschäftsjubiläum.

Christine, 30 Jahre nachhaltige und faire Mode, wie und vor allem warum bist du damals gestartet?
Schon meine Mutter hatte eine Boutique und ich hab dort immer sehr gerne mitgeholfen. Die Idee, einen Fair Fashion Store aufzumachen, kam von Freunden, die schon einen Naturkostladen betrieben. Ich fand die Idee toll und dann haben wir das einfach gemacht.
Gab es damals überhaupt genügend Kund*innen für faire Mode?
Es war zunächst schon mal schwierig, Ware zu bekommen. Zu der Jahreszeit, als wir unseren Laden eröffneten, gab es keine Messe, daher bin ich direkt zu verschiedenen Firmen in Deutschland gefahren. Zum Teil hatten sie ihre Waren in der Wohnung und ich dachte mir ,,um Himmels willen, das wird eine Herausforderung, meinen Laden zu bestücken”. Zunächst war es vor allem das Öko-Publikum, das gekauft hat, das veränderte sich aber im Laufe der Jahre. Heute kann ich, was Firmen betrifft, aus dem Vollen schöpfen, es gibt ein tolles Angebot. Auch interessieren sich heute viel mehr Leute für das Thema und möchten entsprechend einkaufen.


Also Ökologie mit Stil zu verbinden, ist heute nicht mehr schwierig?
Das kann man gar nicht vergleichen. Es gibt viele neue, junge Firmen, aber auch die, die es schon lange gibt, entwickeln sich weiter. ,,Alte” Werte und schöne Qualitäten sind voll im Trend.
Wo stehst du heute?
Die Leute sind viel offenener in der Zwischenzeit, gerade die jungen Leute achten mehr auf Nachhaltigkeit. Meine Generation hat noch vor allem auf Bio geschaut. Ich versuche beides – organic und fair – zu integrieren. Es gibt heute sicher mehr Bewusstsein, ich beobachte aber, dass es die Kunden einfach und angenehm haben möchten.
Worauf legst du Wert bei der Auswahl?
Sehr gerne unterstütze ich Münchner Label und Firmen aus der Region. Ebenso kleine Labels. Dann ist es wichtig, dass die Produkte fair produziert werden, bei Babys nehme ich nur Bioqualität. Natürlich muss ich auch manchmal Kompromisse machen. Nachhaltig ist alles bei mir, aber nicht immer gelingt es, Produkte aus Deutschland oder Europa zu bekommen. Man kann aber auch nachhaltig und fair in Bangladesch oder China produzieren. Ich suche also nach Marken, die gutes Design mit schadstofffreien Materialien, fairen Herstellungsbedingungen und bester Qualität verbinden.


Du bietest auch eine eigene, kleine Kollektion an …
Ich produziere Socken, aber das kling einfacher, als man denkt. Die erste Produktionsfirma, mit der ich gearbeitet habe, konnte qualitativ leider nicht das liefern, was ich mir vorgestellt hatte. Zum Glück habe ich inzwischen eine großartige Manufaktur in Europa gefunden, bei der alles stimmt: Qualität, Kommunikation und das Gefühl, gemeinsam etwas Schönes zu schaffen. Unsere Designs reichen von Munich City Girl & Boy über Brezen und Dackel bis hin zu Mini & Mum & Dad – und das für die ganze Familie, von Babygröße bis Erwachsenensocken. Zusätzlich lasse ich Babybodies produzieren, die von uns mit viel Liebe direkt in München von Hand bedruckt werden.



Besser produzierende Brands haben es gerade nicht leicht. Was beobachtest du?
Allgemein haben viele Firmen aufgehört. Das ist nicht nur bei Slow Fashion so. In unserer Straße haben die aufgehört, die keinen oder nur einen unzureichenden Online-Shop hatten. Die Bekleidungsindustrie ist allgemein in der Krise. Heute muss man als Geschäft mehr bieten als früher. Ich arbeite seit der Pandemie 60 bis 70 Stunden wöchentlich, das war vorher nicht so. Manche unterschätzen vielleicht auch den Aufwand, den es heute braucht.
Die Nachfrage ist aber da?
Es ist schwieriger geworden, aber sie ist da. Man muss sich jedoch viel mehr dafür einsetzen.
Kleidest du dich vor allem aus deinem Sortiment?
Ja, auch meine Kinder bekamen das, was wir führten. Manches halten sie mir heute noch vor (lacht). Meine Haltung ist, warum soll ich es mit Chemie machen, wenn ich es auch ohne machen kann? Egal ob Essen, Kleidung oder Kosmetik, es ist doch klar, wofür man sich entscheiden sollte. In diesen Bereichen haben wir die Wahl, warum also soll ich den schlechteren Weg wählen, wenn ich auch den guten wählen kann?


Immer öfter taucht der Begriff ,,Clean Fashion” auf, offensichtlich klingt das weniger öko …
Gerade im Babybereich ist chemiefrei ganz wichtig. Viele meiner Kunden legen darauf Wert, auch wenn sie nicht viel Geld für Kleidung ausgeben können. Aber lieber kaufen sie weniger, dafür gute Qualität. Ich glaube, die meisten sind angetan von guten Produkten, jedoch nicht bereit, viel dafür zu tun.
Wohin geht’s, denkst du? Bleibt Slow Fashion ein Nischenprogramm?
Ich glaube, dass es raus geht aus der Nische und sich weiterentwickelt. Wenn ich zurückdenke und auf heute schaue, der Unterschied ist riesengroß. Das Bewusstsein für unsere Umwelt ist viel größer geworden. Natürlich ist da auch ein Stück weit Hoffnung mit dabei. Ich verstehe nicht, wieso man etwas kauft, wo man genau weiss, dass Leute dafür ausgebeutet werden. Auch die Umwelt muss, wie gesagt, gut behandelt werden. Wir brauchen keinen Massenkonsum. Besser produzierte Produkte sind etwas teurer, aber nicht so sehr, wie das einmal war. Wenn man zum Beispiel nur die Hälfte der Kleidung kauft und dafür besser, da kommt man doch genauso gut weg. Dieses Schnelllebige in der Mode finde ich schwierig. Wenn ich sehe, wie Leute einkaufen, als gäbe es kein Morgen … das finde ich so schade. Berge an Müll werden da produziert. Und für was?

Auryn Fair Fashion & Toys findet ihr in der Münchner Reichenbachstraße 31. Beim nächsten München-Besuch unbedingt vorbeischauen.
Supported by Kauri Store (M), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin. Wenn ihr diesen Blog auch unterstützen möchtet, gibt’s hier alle Infos.