„Let’s make Bolzano stylish again”

Ein Projekt von Alexia Wojnar

19.03.2025
„Let’s make Bolzano stylish again”

Alexia in einem handgestrickten Pullover von Violeta Nevenova, © Susanne Barta

Die Stadt Bozen hat sich in den letzten Jahren verändert. Das ist keine große Überraschung. Gesellschaften verändern sich, wir verändern uns und natürlich verändern sich auch Städte. Die Frage ist jedoch: zum Guten oder zum weniger Guten? Alexia Wojnar hat festgestellt: zum weniger Guten. Vor allem, was den Stil der Stadt, der Menschen, die hier leben, und derer, die uns besuchen kommen, betrifft. Alexia hat lange als Beraterin für sicheres Auftreten, persönlichen Stil, zeitgemäße Umgangsformen und Persönlichkeitsentwicklung gearbeitet. Ihre verschiedenen Ausbildungen in diesem Bereich kombinierte sie mit einer sechsjährigen Ausbildung in Existenzanalyse und Logotherapie und entwickelte ein Gesamtkonzept. Heute macht Alexia nur noch ab und zu Einzelberatungen, sie engagiert sich vor allem in der Hospizbewegung.

„Let’s make Bolzano stylish again” ist ein Projekt, das ihr sehr am Herzen liege, erzählt sie. Es soll ein Projekt für und mit uns allen sein, „ich möchte anregen, gemeinsam etwas zu verwirklichen“. Dabei gehe es nicht darum, Trends hinterherzulaufen, sondern vor allem darum, sich Gedanken über die eigene Persönlichkeit und, wie man sie ausdrückt, zu machen. Als Plattform hat sich Alexia für Instagram entschieden.

© Susanne Barta
 
 

Alexia, was hat dich dazu bewogen, ein Stil-Projekt für Bozen zu starten? War das Unbehagen so groß?
Ich bin in den letzten Jahren immer wieder durch Bozen gegangen und mir ist aufgefallen, wie wenig Gedanken sich die Menschen, seien es die Einwohner von Bozen, als auch die, die von außen kommen, über die eigene Kleidung machen. Es wirkte auf mich so, als ob einfach die Sachen getragen werden, die einem in der Früh aus dem Schrank entgegenfallen. Dabei wird offensichtlich auch kaum darauf Rücksicht genommen, wohin man geht. Es ist mir schon lange ein Anliegen, die Menschen dafür zu sensibilisieren, wieder zurück zu ihrer Persönlichkeit zu finden. Das heißt nicht, dass alle das Gleiche anziehen sollen, sondern jeder erkennt, ich bin diese oder jene Persönlichkeit, und möchte das individuell über meine Kleidung zum Ausdruck bringen. Und sich auch überlegt, wo bin ich und wem stehe ich gegenüber.

Hat es denn eine Zeit gegeben, wo das besser war in Bozen?
Ich kann mich gut daran erinnern, wie sich meine Mutter, Tanten und deren Freundinnen in den 1970er und 80er Jahren Gedanken darüber machten, was genau sie zu welchem Anlass tragen. Das war vermutlich übertrieben. Aber letzthin fällt mir auf, dass sich unser Kleidungsstil zum Schlechten hin entwickelt. Vor allem seit Corona vernachlässigen sich viele Menschen. Alles geht Richtung wohlfühlen, was ja kein Widerspruch sein muss, natürlich muss man sich in seiner Kleidung wohlfühlen, nichts desto trotz darf man sich Gedanken darüber machen, wer bin ich, wie groß bin ich, steht mir dieser oder jener Trend, welche Körpergrundform habe ich, welche Farben stehen mir … Da könnte man mit sehr wenig sehr viel machen.

Fotoshoot @pezzidiperla, Bonnie, Susanne, Eva van Gelder und Alexia, © Susanne Barta
 

Bedeutet stylisch sein also für dich, dass man sich selbst kennt und entsprechend ausdrückt?
Genau. Ich meine damit nicht, dass alle die gleiche Jacke von xy tragen sollen, weil die gerade in ist. Mir ist ganz egal, aus welcher Saison Kleidungsstücke sind, oder wie alt die Kleidung ist. Wenn es mir steht und zu mir passt, ist das auch schön.

Zu wissen, wer man ist, entsprechend seine Kleidung wählt, nicht jedem Trend hinterherkauft und viele Schranklaichen produziert, ist ja auch eine Form von Nachhaltigkeit … 
Als ich noch in der Beratung tätig war und wir Kleiderschrankchecks gemacht haben, hörte ich sehr oft, dass dieses oder jenes Kleid ja schon zehn Jahre alt sei und man das doch nicht mehr tragen könne. Manche scheinen Angst davor zu haben, etwas anzuziehen, das schon älter ist. Wie alt ein Kleidungsstück ist, ist doch egal. Jeder ist einzigartig und kann das, womit auch immer, zur Geltung bringen. Wichtig dabei finde ich, nicht verkleidet zu wirken. Oftmals beobachte ich, dass Frauen, die blindlings einem Trend folgen oder das tragen, was die Freundin gerade trägt, verkleidet wirken, und das kommt selten gut an.

© Alexia Wojnar

Was hast du mit deinem neuen Projekt vor?
Ich möchte Leute zeigen, die wissen, wer sie sind, die zu sich selbst stehen und das auch gut ausdrücken können. Ich fotografiere zum Beispiel Frauen, die ich auf der Straße treffe, natürlich mit ihrem Einverständnis, und das wird dann auf meinem Instagram gepostet. Um Bozen und der Welt zu zeigen, dass wir eine schöne Stadt sind, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir unsere Stadt repräsentieren, und uns darüber freuen, wenn Menschen zu uns kommen und diese Werte respektieren. Dabei hoffe ich auch, dass Bozen wieder sauberer wird und sein Flair neu belebt. Ich sehe das als gemeinsames multikulturelles Projekt. Mit Bozner*innen meine ich alle, die hier leben oder dazukommen. Für mich ist das ein Herzensprojekt und ich finanziere es selbst. Es soll ein Impuls sein, dass wir miteinander etwas zum Positiven verändern können.

About the authorSusanne BartaJe nach Lebensphase und Stimmung beschreibe ich mich anders. Wenn es so etwas wie einen roten Faden gibt, [...] More
Welche Bedeutung hat Mode für dich?
Ich war früher eine von denen, die im Mainstream gelebt und sich auch so gekleidet hat. Ich komme aus einem Umfeld, wo man dies oder jenes tragen sollte zu diesem oder jenem Anlass und ich habe mich lange mit diesen Vorgaben identifiziert. Bis ich begann, mich mehr mit mir auseinanderzusetzen, und gemerkt habe, dass mir viele dieser Vorgaben gar nicht entsprechen. Ich habe dann auch verschiedene Ausbildungen gemacht und immer besser erkannt, wer ich bin und wie ich mich kleiden möchte. Lange Zeit arbeitete ich in der Imageberatung und habe zeitgemäße Umgangsformen unterrichtet. Später sind dazu auch die Existenzanalyse und Logotherapie gekommen. Da geht es vor allem darum, den Sinn und den eigenen Wert im Leben zu erkennen, Eigenverantwortung zu übernehmen und seine Individualität anzuerkennen und auszudrücken. Es geht um das Wissen, wer bin ich, und den Mut, mich so zu leben in meinem Ganzen. In Bezug auf meine Kleidung heißt das: Heute trage ich das, was zu mir passt, von Farben, Formen und vom Stil her. Ganz egal, ob etwas modern ist oder nicht. Ich unterstreiche meine Persönlichkeit und habe auch den Mut dazu zu stehen. Sehr oft geht es ja um Zugehörigkeit. Viele glauben, dass wenn sie die entsprechenden Kleider tragen, dann auch dazuzugehören. Aber so ist es nicht. Ich trage nur mehr, worin ich mich wohlfühle und was zu mir passt, und natürlich respektiere ich dabei auch den Anlass.
Alexia Wojnar mit Freundinnen, © Alexia Wojnar

„Let’s make Bolzano stylish again“ ist gestartet als Online-Projekt, aber auch Veranstaltungen und Zusammenarbeiten mit passenden Partnern soll es in Zukunft geben. Vor allem Frauenprojekte möchte Alexia fördern, ebenso nachhaltige(re) Initiativen und Geschäfte in der Stadt. Sie könne sich auch vorstellen, sagt sie, Tauschparties zu organisieren oder etwas für einen guten Zweck zu veranstalten.

Wie seht ihr das? Soll/muss Bozen stylisher werden? Eure Gedanken könnt ihr auf Alexias Instagram posten. Und hier geht’s noch zu einem Artikel, den ich vor zwei Jahren über unsere Touristen geschrieben habe, denn auch mir ist aufgefallen, dass da Stadtspaziergang gerne mit einem Wanderausflug verwechselt wird.

Supported by Kauri Store (M), Oscalito (L) und meiner Freundin Kristin. Wenn ihr diesen Blog auch unterstützen möchtet, gibt’s hier alle Infos. 

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