Hinter den Kulissen eines Songs mit Thomas Ebner aka Ebydrums

In seiner Instagram-Bio bezeichnet sich Thomas Ebner als „stuff hitter & groove maker“. Vielleicht habt ihr ihn schon einmal live spielen hören oder sein Schlagzeug auf einem Song wahrnehmen können, ohne zu wissen, dass er für den Sound verantwortlich war. Schlagzeuger*innen gibt es auch in Südtirol viele und mittlerweile auch kleinere Musikproduzent*innen mit Studios für professionelle Aufnahmen. Thomas hat sich in seinem Studio in Meran ausschließlich auf die Aufnahme von Schlagzeug und Percussions spezialisiert und sich selbst einen Ort geschaffen, an dem er in Ruhe kontrollierten Lärm verursachen und aufnehmen kann. Ich war vor einigen Wochen in seinem Studio und bin noch immer von der Komplexität und der Menge an Schlagzeugteilen und Mikrofonen fasziniert – ein Traumort für jeden Schlagzeuger.
Wann war der Moment, an dem du entschieden hast, Musik zu deiner Berufung zu machen?
Das war eigentlich relativ früh, glaube ich. Ich durfte mit 11 Jahren anfangen, Schlagzeug spielen zu lernen, nachdem ich vier Jahre mit der Blockflöte vertröstet worden war. Ich habe mich dann auch gleich richtig reingehängt und jede freie Minute mit Üben verbracht, immerhin hatte ich ja so lange auf diesen Moment gewartet. Ich kam gut voran und durfte ziemlich rasch tolle Erfahrungen bei verschiedenen Projekten und ersten Bands sammeln. Mit 15 glaubte ich dann, dass eine Handwerkslehre das Richtige für mich sei. Auf einmal hieß es, acht Stunden am Tag arbeiten, fünf Tage in der Woche. Naja, da blieb nicht mehr viel Zeit und Energie für die Musik. Wie so oft im Leben merkt man erst, wie wichtig einem etwas ist, wenn man es nicht mehr hat.
Mir ging es nicht gut und zuerst konnte ich gar nicht verstehen, was mir fehlte. Ich dachte, es wäre vielleicht nur der falsche Job, aber mir wurde immer mehr bewusst, dass es die Musik war, die fehlte. Die Logik eines 15-Jährigen war also: Wenn es mir schlecht geht mit einem Beruf ohne Musik, dann muss ich einfach die Musik zu meinem Beruf machen, damit es mir wieder gut geht. Aus heutiger Sicht natürlich etwas zu simpel, aber es hat gereicht, dass ich mit 15 Jahren schon ziemlich genau wusste (oder dachte zu wissen), was ich mit meinem Leben anfangen will.
Du hast in London gelebt und Popular Music/Drums studiert. Vermisst du ab und zu die Großstadt? Wenn ja, was genau?
Ich muss zugeben, dass ich die Großstadt kaum vermisse. Es war damals eine bewusste Entscheidung, zurück nach Südtirol zu kommen, und ich habe diese bis heute auch nicht bereut. Natürlich hat das Leben in einer Weltstadt einen ganz eigenen Charme und ich möchte die Erfahrung auch nicht missen. Was ich wirklich vermisse, ist die Möglichkeit, immer wieder unglaubliche Live-Konzerte besuchen zu können. Egal ob internationaler Superstar oder Indie-Newcomer, in London findet man halt quasi alles vor der Haustür.
In einer alten Lagerhalle in Meran hast du ein unfassbar cooles und hochwertiges Studio selbst gebaut und eingerichtet. Hattest du schon vorher ein Recording-Studio?
Mein aktuelles Studio ist tatsächlich mein erstes in dieser Art. Meine ersten Gehversuche mit Recording habe ich im Proberaum direkt daneben gemacht, aber das kann man wohl kaum als Studio bezeichnen.Beschreib mal kurz deinen Studio-Alltag und wozu es jemanden wie dich braucht.
Da heute auch professionelle Musikproduktionen vielfach nicht mehr in riesigen, sündhaft teuren Tonstudios produziert und aufgenommen werden, sondern der Trend weltweit zu kleinen, persönlichen Heim-Studios geht, werden die einzelnen Instrumente oft getrennt voneinander in Eigenregie aufgenommen. Dank der Digitalisierung kann heute ein Artist in Amerika z. B. mit einem Gitarristen in England und einem Schlagzeuger in Italien eine Platte machen. Ich bekomme also meist vorproduzierte Demo-Songs zugeschickt. Im Grunde ist es bereits ein auskomponierter Song, bei dem die Demo-Tracks, die zur Orientierung dienen, mit den finalen Aufnahmen ersetzt werden.
Auch wenn der Prozess immer derselbe ist, so ist doch jeder Song anders und somit variiert auch mein Studioalltag sehr. Meist beginnt jede Produktion mit einem Telefonat oder Zoom-Gespräch, bei dem die musikalischen Vorstellungen besprochen werden. Danach mache ich mich an die Arbeit und schicke ein Demo meiner Aufnahmen raus. Je nach Feedback mache ich dann noch Änderungen oder Anpassungen, bevor die finalen Drum-Takes fertig sind.
Woher kommen die meisten Aufträge? Online (Website, Social Media, Fiverr …) oder geht viel über word-of-mouth?
Das ist unterschiedlich und hat sich über die Zeit auch sehr verändert. Zu Beginn habe ich viel über Fiverr, einen Online-Marktplatz für digitale Services, gemacht. Das hat sehr gut funktioniert und war, rückblickend betrachtet, auch durchaus hilfreich, um erst mal in diese Materie reinzukommen. Parallel dazu habe ich aber immer versucht, mir einen Instagram-Kanal aufzubauen. Heute kommen eigentlich über 80 % der Aufträge darüber rein. Natürlich habe ich auch eine Website, aber ich sehe diese mehr als ein digitales Portfolio. Sicherlich ist sie unglaublich wichtig, aber die Kontaktaufnahme ist dann doch per Direct Message auf Instagram wesentlich einfacher und schneller.
Was macht für dich einen guten Drummer aus?
Für mich ist ein guter Drummer jemand, der es versteht, songdienlich zu spielen. Beim Musikmachen geht es nicht darum, zu zeigen, wer der Coolste im Raum ist oder am schnellsten spielen kann, sondern es geht einzig und allein um die Musik selbst. Mir gefallen Drummer, die es immer wieder schaffen, den perfekt passenden Klang für einen speziellen Song zu finden, oder eben das Gespür dafür haben, die Musik und den Groove auf eine magische Art verschmelzen zu lassen.
Noch eine verrückte Frage: Das Studio fängt Feuer und du hast noch 1 Minute Zeit, schnell 3 Gegenstände zu retten. Was würdest du mitnehmen?
Ganz oben auf der Liste wäre definitiv mein ’69 Ludwig Super Classic Set. Es war mein erstes Vintage-Schlagzeug und, abgesehen davon, dass es erstklassig klingt, verbinde ich damit viele tolle Erinnerungen. Danach käme wohl mein AEA-Stereo-Mikrofon. Es macht einen großen Teil meines Sounds aus und es gibt gar nicht so viele davon auf der Welt. Und, last but not least, würde ich definitiv die Tama Bell Brass Replica Snare retten. Sie gehört nämlich (noch) nicht mir. Ein befreundeter Trommelbauer hat sie mir zum Testen geliehen und ich könnte es mir kaum verzeihen, wenn sie den Flammen zum Opfer fallen würde.
Auf seinem Instagram-Profil Ebydrums postet Thomas regelmäßig Foto- und Videomaterial von seinen aktuellen Projekten. Zieht euch ein paar Reels rein, dann versteht ihr, warum ich von seinem Studio so positiv überrascht war. Meines Wissens ist Eby auch der einzige in Südtirol, der sich auf diese Art und Weise spezialisiert hat und so eine große Auswahl an Sounds bieten kann.
Fotos: Thomas Ebner © Dominik Told