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April 2, 2024
„Du bist dran“ – wie Nina Tabassomi im TAXISPALAIS Partizipation fördert und fordert
Max Silbernagl
Kuratiert von Nina Tabassomi nimmt „Du bist dran“ im Innsbrucker TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol mit auf eine Reise, bei der Zusammenhalt, Menschlichkeit und Individualität neu gedacht werden und das Augenmerk auf die Besucher*innen und ihre Sicht auf die Welt gerichtet wird. Es ist ein Spiel – jedoch ohne Garantie, dass dieses auch funktioniert und es gibt eine Spielanleitung, doch wie so oft hält sich nicht jede*r dran, und trotzdem macht genau dieser Umstand die Ausstellung wiederum spannend.
Besucher*innen dürfen immer wieder auf verschiedene Fragestellungen eingehen und Installationen sollen den Anreiz schaffen, das Gesehene, Erlebte für sich selbst zu verarbeiten und Gedanken zu Ende zu denken. Zu sehen sind in der Ausstellung bis 14. April 2024 Arbeiten von Nicholas Bussmann, Esra von EsRAP, Judith Fegerl, Azin Feizabadi, Iman Issa, Corita Kent, Neda Saeedi, Elisabeth von Samsonow, Esther Strauß und titre provisoire. Wie Nina Tabassomi zur Partizipation des Publikums steht bzw. was ihre Erfahrungen dazu sind und woher die Inspiration durch den mittelalterlichen Dichter und Mystiker Rumi kommt, erläutert sie uns im Interview …Deine Ausstellung zielt sehr auf die Partizipation des Publikums ab. Wie sind deine Erfahrungen mit diesem Konzept?
Ich denke, Ausstellungen entstehen erst in der Erfahrung der Besucher:innen. Kuratorische Aufgabe ist es, Verbindungen und Verknüpfungen zwischen künstlerischen Arbeiten vorzuschlagen und eine Rahmung für sie vorzunehmen. Diese Konstellation wird dann von den Besucher:innen aktualisiert, das kann heißen, dass sie gelesen wird, das kann heißen, dass sie uminterpretiert wird, das kann heißen, dass sie wiederum neue Verknüpfungen eingeht mit Fragestellungen, die die Besucher:innen mitbringen. Der Unterschied bei unserer aktuellen Ausstellung ist: Sie radikalisiert. Was in jeder Ausstellung passiert, wird hier bewusst erfahren und noch eine Drehung weitergeschraubt: Die künstlerischen Arbeiten bedürfen offensichtlich der Aktualisierung durch das Publikum. Die Einladung zum Spiel funktioniert natürlich nur, wenn die Besucher:innen sie annehmen, und dafür gibt es selbstredend keine Gewähr, wenn man ein solches Experiment wagt. Zugleich ist es kein Geheimnis, dass ich in unser Publikum verliebt bin und auch diesmal haben unsere Gäste die Künstler:innen und uns alle wieder auf die schönste Weise überrascht mit ihrer großen Spielbereitschaft und -freude.Warum die Inspiration durch Rumi?
Ich habe für diese Ausstellung nur Künstler:innen eingeladen, mit denen ich bereits im TAXISPALAIS zusammengearbeitet habe. Die Idee war, dass Besucher:innen, die uns häufig besuchen, bereits Arbeiten von ihnen in genau diesem Raum gesehen haben, und auch dass die Künstler:innen von der Aufgabe befreit werden, mit Spielanleitungen ihre Arbeit präsentieren zu müssen. Wie die Künstler:innen, die wir in dieser Ausstellungen zeigen, hat auch Rumi eine Rolle bei meiner Programmgestaltung der letzten Jahre gespielt.
Du hast Rap mit Poesie in diese Ausstellung eingebaut und forderst das Publikum auf, kreativ zu werden. Was denkst du über Musik und Poesie?
Für mich sind künstlerische Sprachen etwas, das wir zum Leben benötigen, um mit Ambivalenzen und Komplexitäten besser umgehen zu können. Sie erlauben komplexe Formen von Erfahrungen, sie erlauben beispielsweise Schmerz zu teilen und zu artikulieren, ohne die davon betroffenen zum zweiten Mal zum Opfer zu machen. Mir fallen nur künstlerische Sprachen ein, die das können, aber ich glaube, dass Musik, Poesie, Theater, Film und Bildende Kunst das gemeinsam haben, sie alle sind für mich wichtig und gehören zusammen.Du hast in der Ausstellung mit einer Fragestellung das Augenmerk auf die Positivität der Dinge gelenkt. Warum ist dir das wichtig?
Ich weiß nicht, ob ich es positiv nennen würde. Aber es stimmt, dass ich glaube, dass die Frage, wo wir hinmöchten, wie wir gemeinsam miteinander leben möchten, uns Energie für Transformation bereitstellen kann und dass diese Energie in unserer gegenwärtigen Zeit der Krisen mehr als notwendig ist.
Fotos: (1) Judith Fegerl, 2024, DU BIST DRAN, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (c) Günter Kresser; (2) Nina Tabassomi, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (c) TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol; (3) Ausstellungsansicht mit Arbeiten von Judith Fegerl und Neda Saeedi, 2024, Du bist dran, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (c) Günter Kresser; (4) Elisabeth von Samsonow, 2024, Du bist dran, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (c) Günter Kresser; (5) Azin Feizabadi, 2024, Du bist dran, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (c) Günter Kresser; (6) Iman Issa, 2024, Du bist dran, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (c) Günter Kresser.
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