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March 7, 2024
Mili Schmalzl – Endloses Schaffen
Elisa Barison
Am morgigen 8. März 2024 eröffnet der Circolo in St. Ulrich die Ausstellung „Farben auf Reise – Mili Schmalzl“ und räumt der vielseitigen und visionären Grödner Künstlerin damit eine Hommage ein, die diese bestimmt zu schätzen hätte wissen.
1912 in St. Ulrich geboren und 2006 ebenda verstorben hat die neugierige und kreative Mili (kurz für Emilie) nicht bloß Inspirationen aus der Kunst der Moderne gezogen: Sie hat die gesamte Epoche (wohlgemerkt über die Bildende Kunst hinaus gedacht) mit ihren Idealen, Träumen, Widersprüchen, Abgründen, Zielen und schlussendlich ihrer Auflösung gelebt und mitgetragen. Ob das wohl der Grund für ihr vielseitiges Werk, einmal quer durch alle Techniken, Genres und Themen ist?Sicher ist, dass die Mitglieder des Circolo den Eröffnungstag der Retrospektive nicht umsonst auf den 8. März gelegt haben, handelt es sich dabei doch um den internationalen Weltfrauenkampftag (nicht um eine festa für Frauen, die mit Blumen zu beschenken sind, nein). Und ins Leben gerufen wurde der Tag übrigens von sozialistischen Arbeiterinnenorganisationen 1911, ein Jahr vor Milis Geburt.
Dies wäre also ein erster Schachzug, den die Mili bestimmt gutgeheißen hätte. Immerhin erfährt man aus ihrer Biografie, dass sie bei der Abschlussprüfung auf dem Weg Schneiderin zu werden, absichtlich Fehler in die Abschlussarbeit machte – ihre Art des Protests, wollte sie doch eigentlich auf die Kunstschule in Gröden und Malerin werden.
„Als ich die Kunstschule in St. Ulrich als einzige Frau besuchen wollte, erschien am folgenden Tag sofort der Pfarrer, der mich zwang, die Schule wieder zu verlassen, denn er meinte, das sei nichts für ein Mädchen“, erklärte die Künstlerin einst. Nicht als Schülerin, jedoch als Lehrende durfte sie später ganze 33 Jahre lang an der Kunstschule in Gröden unterrichten und hat damit nicht bloß gesamte Generationen an Künstler*innen geprägt, sondern auch das gesamte Grödner Tal und vielleicht auch einige darüber hinaus.
In den 1930er-Jahren besuchte Mili die Kunstschule Beato Angelico in Mailand, wo sie mit einem strengen katholischen Weltbild und Kunstverständnis konfrontiert wurde, gleichzeitig aber auch fern von Zuhause war und erste Berührungen mit Künstler*innen der Moderne erfahren durfte. Während der Kriegsjahre studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und kam mit dem Stil und den Ideen des Bauhauses in Berührung, was ihre Beziehung zur Bildkomposition und zu den Farben nachhaltig prägen sollte.
1938 nahm sie sogar an der Bozner Syndikatsausstellung teil und ist als einzige Frau (mit Hut) auf einem Foto mit lauter Südtiroler Künstlern und dem Duce zu sehen. Was hier übrigens nicht als Wertung erwähnt wird, sondern um die oben getätigte Aussage über die Epoche der Moderne zu unterstreichen. Kunstschaffen immer und überall, unabhängig vom Zeitgeist und den Bedingungen.
Für eine Ausstellung im Museum Ladin im Jahr 2006, auch das Jahr in dem Mili verstarb, suchte sie selbst noch aktiv ihre Arbeiten aus, die gezeigt werden sollten, hier kann man einen Eindruck davon gewinnen.
Für die Schau im Circolo wurden hauptsächlich späte, abstrakte Werke ausgewählt, sowie einige Arbeiten die Landschaften und Häuser darstellen und auch einige Experimente mit der Technik der Collage. Der Titel „Farben auf Reise“ passt ebenso zu Emilies unermüdlicher Reiselust (ihr wird nachgesagt, auf jeder Reise, egal ob privat oder beruflich, Materialien für das künstlerische Schaffen dabei gehabt zu haben) als auch zur Reise, auf die sich Betrachtende vor den Arbeiten einlassen können.
Und wer nach der Ausstellung noch mehr Lust auf Mili Schmalzl bekommt, kann sich im Amt für Film und Medien, im Zeitgeschichtlichen Archiv für AV-Medien, ein Interview mit der Künstlerin von Elisabeth Baumgartner ausleihen und anhören, wie Mili im Jahr 2004 über ihr Leben, die Kunst, den Faschismus und ihre Zeit in Stuttgart berichtet.
Bilder vom Instagram-Account von Mili Schmalzl: (1) © Mili Schmalzl, PANGE LINGUA, 1990, oil on canvas, 75 x 65 cm (29.5 x 25.6 in.); (2) © Mili Schmalzl, WEISSE SCHRÄGE, 1986, acrylic on paper, 80 x 67 cm (31.5 x 26.4 in.); (3) © Mili Schmalzl, Nadel, 1954 acrylic on cloth 64 x 50 cm (25.2 x 19.7 in.); (4) © Mili Schmalzl, Durchsicht, 1989, acrylic on canvas, 34 x 40 cm (13.4 x 15.7 in.).
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