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November 18, 2023

In Zeiten wie diesen …

Kunigunde Weissenegger

Kunst und Kultur zwischen Anspruch und Moderne: Sag, wie hältst du’s mit der Kunst? Nur wer stirbt, lebt ewig: Warum fasziniert uns das Melodram so sehr? Bohème is back: Freiheit und Selbstverwirklichung in der Kunst als Lebensmaxime oder Ausbeutung? Diese drei Frageblöcke beschäftigen am Samstag, 18. November 2023 ab 18:00 in drei Gesprächsrunden, moderiert von Marco Russo, Philosoph und Manager des Musiklabels col legno, diverse Gäste mit kulturellem Hintergrund. Als Countdown zu den Aufführungen von La Bohème am Sonntag und Dienstag veranstaltet die Stiftung Haydn ein philosophisches Café: Crossing Bohème heißt der Abend und reicht von der Kunstproduktion bis hin ins Präkariat. Zwischen den Diskussionen gibt es Musik und Poetry Slam.

Ich bin neugierig auf die Auseinandersetzung mit den anderen Gesprächsteilnehmer*innen und will nicht vorenthalten, dass ich auch dabei bin. Vorab ein paar Gedankenschübe von einigen von ihnen …

Was bedeutet Bohème für dich?

Manuela Kerer, Komponistin, Rechtswissenschaftlerin und Psychologin: Bohème bedeutet für mich Freiheit des kreativen Schaffens, Neugierde auf das Leben und künstlerische Leidenschaft. Gleichzeitig erinnert mich dieser Begriff daran, dass der schmale Grat zwischen Genie und Wahnsinn leider oft von der Dicke der Brieftasche abhängt. Gerade in diesem historisch turbulenten Moment ist die Kunst wichtiger denn je, denn sie spiegelt uns und unsere Gesellschaft, bietet Reibungsflächen, gibt uns zu denken und bringt uns Menschen weiter. Deshalb ist es umso notwendiger, Künstler*innen und ihre Arbeit angemessen zu unterstützen.

„Bohème is back” – inwiefern trifft das noch zu?

Roberto Tubaro, Musiker, Architekt, Festivalorganisator und Caféinhaber: Sotto molti aspetti i tempi sono cambiati rispetto allo stile di vita bohème del XIX secolo. Ciò che rimane come elemento comune è probabilmente la contrapposizione tra l’identità dell’artista e la società circostante. Questa società, con le sue regole necessarie per salvaguardare i suoi valori radicati, può facilmente trasformarsi in una sorta di prigione che umilia la creatività, l’immaginazione e la fantasia. Da qui nasce la necessità di dover lottare per mantenere un’identità artistica in un contesto sociale che spesso manca di comprensione per il valore dell’arte.

Ist die Zeit für Drama (auf der Bühne) nicht vorbei? … herrscht doch sonst überall auf der Welt … Wie schaffst du als Regisseur mit einer über 125 Jahre alten Oper den Sprung in die Jetztzeit?

Matthias Lošek, künstlerischer Leiter des Opernprogramms der Stiftung Haydn von Bozen und Trient und Regisseur der Neuinszenierung von „La Bohème“: Gerade deshalb sollte man die Bühne für Introspektion nutzen. Wir können Emotionen in einem geschützten Raum begegnen, sozusagen vor-erleben und so genau in uns hineinsehen. Was stört uns? Welche Ungerechtigkeiten könnte man verhindern? Was steht außerhalb unserer Macht und gilt es zu ertragen? Nur darf man nicht den Fehler machen, das Gefühlte, das Erlebte wieder bei der Garderobe abzugeben. Wie Sie gesagt haben: Das Drama finden wir auch nachdem der Vorhang gefallen ist. Das Hinsehen soll uns vor dem Wegsehen bewahren. Wir sollten nicht einem Eskapismus verfallen. In La Bohème geht es um Menschen, um Liebe und um gesellschaftspolitische Probleme. Diese ziehen sich durch die Jahrhunderte. Die Jugend, die Sehnsucht, die Beziehungen, die Freundschaft, der Schmerz, der Tod. Das sind alles zeitlos gültige Inhalte.

Uraufgeführt wurde La Bohème 1896 in Turin. Sie ist neben Tosca und Madama Butterfly eine der bekanntesten Opern Giacomo Puccinis, dessen 100. Todestag sich 2024 jährt. Eine reduzierte, zeitgenössische Version bringt Regisseur Matthias Lošek mit seiner Inszenierung für die Stiftung Haydn von Bozen und Trient am Sonntag, 19., und Dienstag, 21. November 2023, auf die Stadttheaterbühne in Bozen und am Mittwoch, 21., und Donnerstag, 22. Februar 2024, im Teatro Sociale in Trient. 

Foto: La Bohème, Stiftung Haydn von Bozen und Trient (c) Giulia Lenzi

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