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February 2, 2022
Die beste Party? Nachhaltigkeit!
Susanne Barta
Auf die Frankfurt Fashion Week zu fahren war ein spontaner Entschluss. GREENSTYLE-Founderin und Freundin Mirjam Smend hat mich angetextet, sie würde fahren, da nun doch einige (uns interessierende) Veranstaltungen stattfänden, ich habe mich kurzerhand entschieden, mitzukommen. Alle Fachmessen – Neonyt, Premium, Seek, The Ground und Val:ue – wurden knapp vor Weihnachten abgesagt, einen Monat zuvor hat Mirjam schon GREENSTYLE @ Frankfurt Fashion Week abgesagt. Was für ein Kraftakt, alles zu canceln und zum dritten Mal zu verschieben!
Nach Frankfurt zu fahren hat sich gelohnt. Auch wenn nur eine Mikro-Version der ursprünglich geplanten Fashion Week pandemiebedingt möglich war. Hier meine Highlights: die Neonyt-Installation, die anschließende Modenschau der Frankfurt Stage, das vergnügliche und vor allem sehr gute Abendessen des German Fashion Council, der Vortrag der Neurowissenschaftlerin Maren Urner auf der Fashionsustain Conference. Und natürlich, dass endlich wieder Begegnungen möglich waren ohne Bildschirm dazwischen. Sehr gelungen auch die Location „Danzig am Platz“, ein adaptierter Teil der 1951 errichteten Zentrale des Versandhauses Neckermann im Frankfurter Ostend – alle Veranstaltungen fanden unter Einhaltung strenger, pandemiebedingter Regeln statt, die auch überall kontrolliert wurden.
In Gruppen eingeteilt ging es einige Stockwerke hinauf zur Neonyt-Installation – Konzept: Studio MM04, Styling: Claudia Hofmann. Die Besucher*innen betraten einen Bürogang – die Fünfzigerjahre lassen grüßen, das war noch die Zeit vor den Großraumbüros – und anstatt in die Zimmer hineinzugehen, präsentierten Models in jedem Eingang einen Look. Die Gäste bewegten sich am „Runway“, die Models standen im „Schaufenster“. Sehr schön inszeniert und wow, so gut kann nachhaltige Mode aussehen.
Die Berliner made-by-order Brand mit japanischen Wurzeln Susumu Ai hat den Wettwerb für die Frankfurt Stage des German Fashion Council gewonnen und zeigte unter dem Motto „Continous Love“ gleich anschließend an die Neonyt Installation ihre aktuelle Kollektion, in Kooperation mit einigen Accessoires Labels. Wir saßen in etwa zu acht in verschiedenen Zimmern, sahen den Catwalk am Gang über Monitore, dann kam jedes Model in jedes Zimmer. Eine sehr gelungene Inszenierung, die man sich durchaus auch für Post-Pandemie-Zeiten merken kann.
So und jetzt kommen wir zu Nachhaltigkeit als bester Party. Diesen Vergleich hat die Neurowissenschaftlerin Maren Urner in ihrem inspirierenden Vortrag zum Thema „Change the mindset“ im Rahmen des Neonyt-Konferenzformats Fashionsustain verwendet. Nachhaltigkeit, sagt sie, müsse wie die Party sein, auf die alle wollen. „Nachhaltigkeit muss die beste Party sein!“ Einfach erklärt, aber genauso ist es. Und genauso sollten wir das kommunizieren. Es wird nur gelingen, grundlegend etwas zu verändern, wenn wir uns alle angesprochen fühlen und Nachhaltigkeit, egal in welchem Bereich, so attraktiv ist, dass wir mit dabei sein möchten. Ich habe mir Maren Urners aktuelles Buch „Raus aus der ewigen Dauerkrise. Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen“ gleich gekauft und lese es mit großem Interesse und Vergnügen. Es gelingt ihr auf unglaublich gute, kompakte und nachvollziehbare Weise, ihre Themen so auf den Punkt zu bringen, dass sie auch wirklich ankommen können. „Alles beginnt im Kopf“, sagt sie. Das sei unsere Crux, aber auch unsere Chance. Unser Gehirn habe sich im Laufe der Zeit wenig verändert, unsere Umgebung aber sehr und unser „Steinzeithirn“ mache uns den Umgang damit ziemlich schwer. Aber wichtig zu wissen ist, dass jede*r von uns etwas tun kann, wir alle die Möglichkeit haben, Veränderungen zu bewirken, auch wenn sie noch so klein sind und wir „weg von der erlernten Hilflosigkeit zu Selbstwirksamkeit“ kommen können. Aber am besten ihr lest Maren Urners Buch.
Selbst also bei so eingeschränkten Bedingungen ist es den Organisator*innen gelungen, einige sehr inspirierende Momente zu schaffen und entspannte Begegnungen zu ermöglichen. Das ist in Pandemiezeiten schon viel.
Weniger gelungen fand ich die Location der Frankfurt Fashion Lounge. Das Setting im Hotel Sofitel war nicht besonders einladend und wirkte etwas gewollt. Schöne Looks gab´s hier bei der Fashion Show von Wedress Collective, einer Leih- und Verleih-Plattform für hochwertige Mode.
Und nicht zu vergessen, unser kleiner, feiner Secondhand-Shopping-Ausflug. Da hat Frankfurt wirklich was zu bieten. Wir haben einige gut kuratierte und gut riechende Shops entdeckt, zum Beispiel das „Carpe Diem“ oder das „DOB+“. Auch nicht zu vergessen, unser Besuch bei der italienischen Brand Captain Santors, „Captain Gianluigi“ zeigte neue und bewährte Kollektions-Essentials. Mirjam und ich waren begeistert von den handgemachten Captain-Santors-Häkel-Jacken und -Mänteln.
Die nächste Frankfurt Fashion Week soll, wenn alles planmäßig läuft, am 4. Juli starten, die Fachmesse Neonyt findet vom 5. bis 7. Juli statt, die GREENSTYLE @ Frankfurt Fashion Week vom 8. bis 10. Juli. Stay tuned und vielleicht seid ihr ja dabei?
Einiges zu Frankfurt Fashion Week und Neonyt findet ihr bereits auf diesem Blog: Hier geht’s zum Gespräch mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textiles Technologies der Messe Frankfurt, hier zum Gespräch mit dem Ex-Showdirector der Neonyt Thimo Schwenzfeier (im Oktober 2021 wurde die Leitung von Bettina Bär übernommen) und hier zum Post über die letzte analoge Neonyt-Ausgabe im Januar 2020, damals noch in Berlin.
Und nicht vergessen: Lasst uns gemeinsam Nachhaltigkeit und nachhaltige Mode zur besten Party machen!
Foto: (1) © Frankfurt Fashion Week; (2–12,14) © Susanne Barta; (13) © Captain Santors; (15) © Neonyt Fashionsustain: Thimo Schwenzfeier mit Claudia Hofmann und die neue Neonyt Showdirektorin Bettina Bär
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