Culture + Arts > Visual Arts
August 6, 2021
implant(at)karthaus: Das Wort an die Kuratoren Rainer
Maria Oberrauch
Ein neuer Sommer und eine neue Kunst in der Kartause. Stimmig schön. Installativ und performativ. Raumgreifend allemal. Ich war bei der Eröffnung nicht vor Ort und habe dennoch mitbekommen, dass es anders war, dieses Jahr: Monika Gamper und Michl Grüner waren nicht da. Es war wohl kein Leichtes, die Sache ohne sie, die sich für den Kulturverein Schnals so sehr engagiert hatten, weiterzutragen, Bild werden zu lassen – da war es vermutlich ganz gut, dass man für die diesjährige Ausstellung gleich zwei Kuratoren ins Schnalstal gelotst hatte: Solche, die zusammengehören und dennoch ihr Ding machen, aus Kufstein und in die Welt. Solche, die etwas von einem besonderen Ort wie Karthaus verstehen und den Blick für neue Visionen haben, nach denen die Schnalser hier so streben. Michael und Thomas Rainer sind Brüder, Kunsthistoriker, Kuratoren. Auf ein paar Worte mit ihnen.
Was macht ihr so und wie kam es dazu, dass ihr die Kuratoren der diesjährigen Kunst in der Kartause wurdet?
Schon lange arbeiten wir als Kunsthistoriker abwechselnd in großen Institutionen und dann wieder freier. Aktuell sind wir frei und mit Ausstellungen, Forschungsprojekten, Lehraufträgen beschäftigt. Nachdem wir vor zwei Jahren die Ausstellung „Beauty Case“ in der Hofburg Brixen kuratierten, fragten uns der Kulturverein Schnals und der Südtiroler Künstlerbund, ob wir im Jahr 2020 die Sommer-Ausstellung der „Kunst in der Kartause“ kuratieren möchten. Die Ausstellung wurde letztes Jahr um ein Jahr verschoben und kann heuer zum Glück stattfinden.
Was hat euch an dem Projekt gereizt?
Das reizvolle an Karthaus ist die faszinierende Geschichte des Ortes. Ein in der Bergwelt des Schnalstals isoliertes Kloster, das zum Dorf geworden ist. Ein unglaublich inspirierender Ort. Es ist sicher kein Zufall ist, dass dort die Idee entstand, zeitgenössischen KünstlerInnen in der Kartause eine Plattform zur Präsentation ihrer Arbeiten zu geben.
Ihr arbeitet öfter zusammen?
Als Brüder zu arbeiten, hat den Vorteil, dass man sehr gut weiss, wie der andere tickt. Man ringt quasi mit dem eigenen Spiegelbild. Offenbar können wir nicht voneinander lassen und arbeiten immer wieder aufs Neue zusammen.
„implant(at)karthaus“ ist der Titel der diesjährigen Ausstellung im Kreuzgang der Kartause Allerengelberg. Kunst als Implantat, das Wurzeln schlägt. Wurzeln, die von einer Idee zum Gerüst, zur Tradition werden, und einem Ort auch ein neues Gesicht geben, wie Kunst in der Kartause? Was können lokale Kunstvereine, was große Institutionen weniger/anders vermögen?
Zeitgenössische Kunst schlug in Karthaus mit den Sommerausstellungen ganz sicher Wurzeln und das hat nicht zuletzt mit dem Kulturverein Schnals zu tun, der selbst im Tal verwurzelt ist. Als Kunstverein wird er von seinen Mitgliedern, die zumeist auch im Tal leben, getragen. Kommt man dann von außen – so wie die KünstlerInnen oder wir – spürt man sofort diese fast leidenschaftliche Verbindung mit der eigenen Institution oder dem eigenen Ort. Viel mehr als bei den großen Tankern, wo alles oft sehr distanziert abläuft.
Komplimente für die Auswahl der KünstlerInnen. Eine stimmige Kombination und gelungene Präsentation.
Danke für das Kompliment. Gerade bei dieser Ausstellung – an diesem genialen Ort in Karthaus – ging es darum, dass die Arbeiten auf den Ort eingehen und neu konzipiert werden. Dass sich das Ganze am Ende so gut zusammenfügte, freut uns total.
Beteiligt waren ausschließlich Südtiroler KünstlerInnen – wenn auch im Ausland lebende, selbst ausgepflanzte also irgendwo. Vorgabe oder Zufall?
Es ist tatsächlich so, dass eine Vorgabe des Formats „Kunst in der Kartause“ die Auswahl von KünstlerInnen ist, die in irgendeiner Weise einen Südtirol-Bezug haben. Ob explantiert oder implantiert, ist dabei egal. Wir haben das überhaupt nicht als Beschränkung wahrgenommen. Es zwingt dazu, nicht den einfachen Weg zu wählen und auf bekannte Namen zu setzen, sondern zu versuchen, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen, Positionen zu finden, die zum gewählten Ausstellungskonzept passen.
In diesem Jahr wurde für die künstlerischen Interventionen vor allem der Gartenpart des Kreuzgangs stark genutzt. Irgendwo eine Äußerung unseres Bedürfnisses, hinauszudürfen, Luft zu kriegen, die Welt wieder „offen“ zu erleben?
Der Innenhof des Kreuzgangs als Ausstellungsort war nicht zuletzt dem gewählten Konzept, dem Implantat – der „Einpflanzung“ – geschuldet. Dass die Beschäftigung mit den Gegensatzpaaren „offen – geschlossen“, „innen – außen“, „künstlich – natürlich“ so zeitaktuell scheint, ist Zufall. Die Ausstellung wurde schon Ende 2019, also noch vor der Covid-Krise konzipiert. Aber vielleicht ist es auch kein Zufall und die an diesen Begriffen hängenden Fragen sind als politische und soziale Fragen ganz unabhängig von Covid die zentralen Fragen demokratischer Gesellschaften im 21. Jahrhundert. Growing isolation und reaching out!
>> Die Ausstellung implant(at)karthaus in der Kartause Allerengelberg läuft bis 22. August 2021 und zeigt Stefan Albers Installation „Cubiculum“ aus feuerbehandeltem Holz, Barbara Gampers Installation auf Fahnenstoff, Irene Hopfgartner mit einer mehrteiligen Installation aus Betonpilzen. Judith Neunhäuserer arbeitete performativ, Wolfgang Nöckler entwickelte die sprachgebräuchliche Installation „schorf“, Leander Schönweger die körperbezogenen Objektreihe „Käfige“, Alexander Wierer die Skulptur „Kreuz-Kompilation“. Führungen durch die Ausstellung mit den Kuratoren Michael und Thomas Rainer finden an folgenden Tagen statt: Fr, 6.8.2021, um 15 und 17 Uhr; Sa, 7.8.2021, um 10 und 11 Uhr; Sa, 21.8.2021, um 15 und 17 Uhr; So, 22.8.2021, um 10 und 11 Uhr.
Fotos: (1, 2, 4, 5, 6) Daniela Brugger; (3) Judith Neunhäuserer
Comments