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May 23, 2018

Querfeldein gehen: Ada + Matthias vom Designkollektiv Insalata Mista

Verena Spechtenhauser

Georgien, Litauen, England und Israel sind nur einige der Stationen auf ihrem beruflichen Werdegang. In ihrer jungen Vita finden sich Zusammenarbeiten mit den Designern Harry Thaler und Nitzan Cohen, der Genossenschaft AKRAT oder der Galerie ar/ge Kunst. Gerade eben haben sie ihr Studio in einem kleinen Dorf in der toskanischen Provinz nahe Siena eingeweiht. Wie es ihnen dort so ergeht, warum das Reisen für ihre Arbeit essenziell ist und was sich gerade Neues in ihren kreativen Köpfen abspielt, verraten uns Ada und Matthias alias Insalata Mista im Interview.

Wer seid ihr?

Wir sind Ada Keller und Matthias Pötz, zwei junge kreative Köpfe. Bereits während der Studienzeit haben wir zusammen an Projekten gearbeitet und daher kam auch die Idee eines gemeinsamen Studios. 

Warum Insalata Mista? Was hat es denn mit eurem Namen auf sich?

Bei uns mischen sich verschiedene Zutaten und Geschmäcker. Wir gehen querfeldein. Wir arbeiten gerne mit unterschiedlichen Materialien und Techniken, die wir in den verschiedenen Gestaltungsbereichen, wie Möbeldesign, Produktdesign, Kunst oder visuelle Kommunikation einbringen. Wir lassen uns nicht in eine Schublade drängen, sondern versuchen aus den unterschiedlichen Prozessen und Zutaten – so wie beim Kochen – ein reichhaltiges Gericht zu kreieren. Bei unserem kleinen Eröffnungsfest gab’s zum Beispiel auch Kasknedl mit spezzatino di cinghiale. Daher der Name.

How big is small?_Insalata Mista

Ihr habt euch an der Universität in Bozen kennengelernt, vor Kurzem seid ihr in die Toskana umgezogen und habt dort euer Studio eröffnet. Warum?

Bereits während der Studienjahre waren wir des öfteren in der Toscana, Ada kommt ja von dort, wo wir öfters Gelegenheit hatten Traditionen, Handwerker oder andere „piccole realità“ kennenzulernen, die uns neugierig gemacht haben. Auch stellen wir immer wieder verschiedene Parallelen zwischen der Toscana und Südtirol fest – es wäre toll eine Brücke zu bauen, um beiden Regionen die Augen dafür zu öffnen. Wir wollten neue Horizonte kennen lernen und hier hatten wir die Möglichkeit, eine kleine Werkstatt und ein Studio einzurichten, und so dachten wir uns: Warum probieren wir’s nicht einfach?! Vielleicht zieht es uns in Zukunft mal irgendwo anderes hin – who knows. Zur Zeit versuchen wir hier alles Nützliche aufzusaugen und unser Bestes zu geben, so wie wir das anderswo eben auch machen würden. 

Opening Party_Insalata Mista

Könnt ihr mehr über eure aktuellen Projekte Trio Table und Youth Club erzählen?

Trio Table ist ein runder Esstisch mit drei V-förmigen Beinen. Jedes Tischbein ist durch eine trapezförmige Leiste mit dem nächsten Tischbein verbunden. Eigentlich basiert die Form der Leisten auf der Schwalbenschwanzverbindung, welche im traditionellen Handwerk von Hand gestemmt wird und vor allem Anwendung bei Schubladen und Schränken findet. Wir haben diese Verbindung neu interpretiert und gleich die ganze Leiste durchgehend trapezförmig zugeschnitten. Dadurch ist es möglich, diese Leisten in die Tischbeine zu schieben und nur durch eine Messingschraube zu fixieren. Youth Club hingegen ist die Inneneinrichtung für den Jungscharraum in Burgstall. Das historische Pfarrhaus wurde vor Kurzem renoviert und nun haben wir in Zusammenarbeit mit den Jungscharleitern neue Möbel konzipiert. Teilweise wurden dabei Formen aus der Bibel neu aufgegriffen. So sind zum Beispiel die Schneidebretter der Teeküche in Form der Tafeln der 10 Gebote von Moses gestaltet. Oder ein Wandschrank, in dem die Kids ihre Smartphones während der Treffen ablegen – auch liebevoll “Handyhotel “genannt. Der Schrank hat eine kreisrunde Tür, die sich seitlich öffnet und an den Grabstein von Jesus erinnern soll. Die gesamten Möbel bestehen aus weinroten Siebdruckplatten und massiver Esche. Die Kombination bildet einen zeitgemäßen Kontrast und bringt Wärme in die Räumlichkeiten. Des weiteren wurde lokal gefertigter Filz zu schalldämmenden Zwecken verarbeitet.

Trio Table_Insalata Mista

Wo holt ihr euch Inspiration?

In Büchern – wir bauen unsere Bibliothek stetig aus, in der Natur, bei Freunden, beim Träumen und auf Reisen. Natürlich auch beim Arbeiten und vor allem beim Experimentieren – etwas Neues auszuprobieren, egal was, kann sehr inspirierend sein.

Internationalität, Sprachen, Reisen sind euch gleichermaßen wichtig. Warum? Wie beeinflussen diese Lebenserfahrungen eure Arbeit?

Andere Länder, andere Sitten. Es ist spannend, sich auf was Neues einzulassen, andere Gerichte zu probieren oder durch fremde Gassen zu streunen. Es ist wichtig für uns, ab und zu dem Alltag zu entfliehen. Wir sind viel aufmerksamer, wenn wir unser gewohntes Umfeld verlassen. Und wir merken, wir sind auch viel aufmerksamer, wenn wir dann in unsere „Heimat“ zurückkehren. Es ist auch sehr spannend, sich beruflich in einer fremden Umgebung zu bewegen. Wir agieren viel spontaner und diese Haltung versuchen wir im Alltag beizubehalten.

 Youth Club_insalata mista

 Wie wichtig ist es für euch „selbst Hand anzulegen“?

Selbst Hand anzulegen macht Spaß, kann manchmal aber auch mühsam sein. Am Rechner oder am Papier klappt meistens alles ohne Probleme, aber den Entwurf selbst umzusetzen stellt uns oft vor neue Herausforderungen. Manchmal wird dann auch geflucht. Es ist aber umso befriedigender, wenn wir diese Herausforderung gemeistert haben und den fertigen Prototypen, das vollendete Möbel oder das gebundene Buch in den Händen halten. Wenn wir den Prozess von Anfang bis Ende durchlebt haben, war es jedes Fluchwort, jede Träne wert. Wir lernen immer was daraus.

 Und was haltet ihr im Gegenzug von der Theorie?

Sehr oft ist die Theorie mit der Praxis vernetzt – man kann sie nicht einfach trennen. Vor allem bei Forschungsprojekten ist das Konzept ausschlaggebend für das Endresultat. Das Gewicht der Theorie hängt auch stark vom Projekt ab. Es gibt Situationen, wo Wissenschaft, historische Prozesse, Traditionen oder soziologische Ansätze einen direkten Einfluss haben, andere hingegen wo diese nur eine kleinere Rolle spielen.

how big is small?_installation view_Insalata Mista

Woran arbeitet ihr gerade – zusammen und getrennt?

Zur Zeit beschäftigen wir uns gemeinsam mit Keramik – ein Material, für das die Region Toscana auch sehr bekannt ist. Parallel arbeitet Matthias an einem Entwurf eines Stuhls sowie eines Regal und einer Garderobe auf Kommission. Ada hingegen nimmt an einem Kurs für Kulturelle Mediation teil und kümmert sich um die visuelle Kommunikation und Promotion eines Theaterprojektes. 

 

Fotos: Insalata Mista  

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