Music

February 10, 2017

Hardcore-Melodien vom Feinsten:
Dead Like Juliet

Max Silbernagl

Diese Jungs aus Meran lassen es krachen: Dead Like Juliet servieren Metalcore vom Feinsten. Alexander Thurner (Gesang), Michael Arquin (Bass), Thomas Neulichedl (Gitarre), Maximilian Erler (Drums), Martin Mayr (Gitarre) und Markus Innerhofer (Keyboard, Gesang) haben 2016 eine Russland-Tournee bestritten, die für die Musiker zu einem Abenteuer ausartete. 2017 haben sie viel vor und wollen spielen, spielen, spielen. Eine neue CD ist auch in Arbeit. Wir denken mal, es handelt sich hier um eine Nachwuchsband, die in Zukunft öfters auf sich aufmerksam machen wird. Aktuell spielen sie vier Live-Shows: 10.02 @ Aggregat Steinhaus (IT), 11.02 @ Beteigeuze Ulm (DE), 17.02 @ Centro Radici S. Felice Sul Panaro (IT), 18.02 @ C.C.A. Lughe Lugo (IT). Im Interview haben wir mit den sechs Musikern über ihr Bandleben, ihre Zukunft und die Südtiroler Musikszene inklusive Hürden gesprochen. 

Wer hat euch beeinflusst? 

Markus: Auf Hardcore sind wir von alleine gekommen. Bei mir war es so, dass ich immer schon härtere Musik hörte, Punk, Billy Talent, Rage Against The Machine, Bullet for My Valentine – da war schon ein bisschen Metal dabei. Dann stieß ich auf Hardcore, Metalcore und Deathcore. Mir fiel auf, dass es in Südtirol sehr wenige Bands gab, die dieses Musikgenre spielten, und da es mir gut gefiel, entschloss ich mich in diesem Style weiterzumachen. 

Ale: Bei mir waren es die älteren Kollegen, die im Jugendraum rumhingen und mit denen ich mich über Musik austauschte. Ich glaube, von daheim bekommt man keine Inspiration diese Musik zu spielen. 

Ihr habt 2016 Konzerte in Russland und der Slowakei gespielt. Wie ist es dazu gekommen? Erzählt ein wenig von euren Erlebnissen dort.

Magge: Das hat sich so entwickelt: Zwei Jahre spielten wir in Südtirol, hatten viel Spaß. Dann hatten wir das Glück, dass uns ein Produzent aus Wien entdeckte und wir für unsere CD-Aufnahmen und unser erstes Auslandskonzert zwei Wochen in Wien waren. Wir spielten zwei weitere Konzerte in Österreich, bekamen Anfragen, verschickten Anfragen. 2016 war Russland das Highlight und wir sind gespannt, was auf uns zukommt. 

Ale: Zur Russland-Tour noch kurz: Uns ist aufgefallen, dass die Leute auf unseren Konzerten voll auf uns fixiert waren und total auf uns abgefahren sind. Wir brauchten sogar einen Bodyguard. Sie standen für Autogramme vor unserem Bus oder schenkten uns haufenweise Sachen, wie bespielsweise eine Wassermelone, Armbänder, eine Flasche Wodka und sogar Spaghetti. [lacht] Die Leute vermittelten uns, dass es für sie eine Ehre ist, dass wir für sie spielen. Das war schon ziemlich cool. Und noch eine Geschichte, die uns in Russland passiert ist: Wir stiegen in ein Taxi, das, glaube ich, gar kein Taxi war. Es fuhr los und raste über eine Kuppe, bis es zum Stillstand kam. Unsere russischen Kollegen mussten uns dann wieder anschieben. „Unser Taxi“ glich einem alten Trabi, hatte keine Gurten – es war defintiv ein Abenteuer.  

Dead Like Juliet Astrakhan Russia 2016 Photo GeometriaHabt ihr gewisse Themen, die ihr in euren Liedtexten behandelt?

Martin: Ich kann, glaube ich, für alle reden, wenn ich sage, dass wir alle etwas Sinnvolles machen wollen, das die Leute zum Nachdenken bringt. Wir alle haben eine eher alternative Einstellung und schauen die Dinge gern von einem kritischeren Blickwinkel an. 

Ale: Wir haben kein bestimmtes Thema, das immer wieder kehrt. Gesellschaftskritisch sein – dieser Ausdruck ist für mich nicht passend, da jede Band in gewisser Weise die Gesellschaft kritisieren will. Es gibt einige Episoden auf der Welt, die ziemlich schiefgehen, und diese werden manchmal in unseren Liedtexten behandelt, beispielsweise die Waffengewalt in Amerika. In unserem neuen Lied wird dieses Thema aufgegriffen: Es geht um ein kleines Mädchen, das im Supermarkt versehentlich seine Mutter erschießt, da sie die Pistole in ihrer Handtasche bei sich trug. 

Tom: Ich finde, es geht nicht nur um Gesellschaftskritik, sondern vielmehr darum, Mut zu vermitteln und den Menschen die Kraft zu geben, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen und nicht dem Strom zu folgen. 

Wer schreibt bei euch die Texte? 

Ale: Die Texte schreibe zum Großteil ich, da es meiner Meinung nach die klassische Aufgabe für einen Sänger ist. Früher hat auch Martin einige Texte verfasst, doch jetzt konzentriert er sich mehr auf die Basisliedstruktur. Er macht 70 % des Liedes fertig und die letzten 30 % fügt jeder einzelne mit seinen Instrumenten hinzu.

Was ist das Besondere an eurer Band? Womit bleibt ihr in Erinnerung?

Martin: Sich selber einzuschätzen ist besonders schwierig, da wir so an unsere Musik gewöhnt sind. Viele Fans sagen von uns, dass wir nicht in ein Musikgenre hinein gequetscht werden können, sondern mehrere Einflüsse von verschiedene Seiten haben, die auch manchmal nichts miteinander zu tun haben. 

Max: Ich denke, uns macht auch besonders, dass wir uns nicht nach einem Konzert verkriechen, sondern mit anderen Bands oder Fans Einen trinken gehen. Wir haben überall in Europa Freunde gefunden, die wieder mit uns spielen wollen, weil wir unter anderem gut feiern. [lacht] Außerdem hören wir den anderen Bands zu und verkriechen uns nicht gleich in Backstagebereich wie viele andere Bands. 

Auf was können sich eure Fans in Zukunft einstellen? 

Magge: Ja, eines unserer Ziele ist sicherlich, Anfang nächsten Jahres eine neue CD herauszubringen. Und natürlich: spielen, spielen, spielen, so viel es geht. Wir werden versuchen, das nächste Album mit einem Label herauszubringen, da wir damit mehr Leute erreichen, und das Ganze auch mehr Online verlegen, da wir bis jetzt den meisten neuen Leuten auf Konzerten begegnen. Liveshows werden sicher auch nicht ausfallen, denn wir opfern unseren Urlaub dafür! Uns macht es einfach Spaß. 

Dead Like Juliet Cherkessk Russia 2016Was ist die schwierigste Entscheidung in eurer Bandgeschichte gewesen? 

Max: Es kommen immer mehr Ausgaben hinzu, die man sich als Student nicht so leicht leisten kann. Da kommen dann schon mal 500–1000 € zusammen, wenn man auf Tour geht. Ich denke mir dann manchmal, wenn ich jetzt zu Hause geblieben wäre, hatte ich das Geld noch und bräuchte nicht so zu sparen – aber man macht es dann meistens trotzdem, weil man es einfach gerne macht.

Ale: Wir sind einmal aus unserer eigenen Tour rausgeschmissen worden, aus Gründen, die wir jetzt besser verschweigen, sind dann in Deutschland ausgesetzt worden. Bis spät in die Nacht haben wir die einwöchige, noch ausständige Tournee neu geplant – und gespielt. Das war zehn Mal geiler als alles davor. 

Wie würdet ihr die Musikszene in Südtirol beschreiben? 

Michi: In Südtirol ist es meistens so, dass es bei zehn Euro Eintritt vielen Leuten schon zu teuer ist und die Konzerte dann nicht so gut besucht sind. Ansonsten muss ich sagen, dass wir sehr viele talentierte Bands und generell sehr viele musikalische Leute haben.

Tom: Ich stimme Michi zu. Außerdem besteht in Südtirol eine enorme Dichte an Festivals – wie nirgendwo anders in Bezug auf die gleiche Fläche oder Einwohnerzahl. Die Leute sind mit enorm viel Einsatz dahinter. An Leidenschaft fehlt es sicher nicht!

Martin: Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch ein bisschen die Gemeinden und das Land kritisieren, da vor allem bei Rockkonzerten oder bei Konzerten, wo ein bisschen härtere Musik gespielt wird, stärker durchgegriffen wird, was ich nicht verstehe, da die Organisatoren wirklich mit Leidenschaft dabei sind und es nicht um Profit geht. Bei Volksfesten wird die Lizenz für die Musik viel lieber vergeben. Bei unseren Konzerten ist zumeist spätestens um 1:00 Uhr Schluss und, wenn du dich um diese Zeit noch aufregst oder weiterspielen willst, dann kann es schon passieren, dass du eine Anzeige kleben hast.

Dead Like Juliet Moonwalkers Festival franzmagazineWann und wie habt ihr eigentlich zur Musik gefunden? 

Ale: Ich habe in der Mittelschule zur Musik gefunden, da einige meiner Schulkameraden Punk bzw. Blink 182, The Offspring usw. gehört haben. Meine Mutter hatte zu Hause noch eine Gitarre herumliegen, damit habe ich mir das Spielen beigebracht; kurz darauf spielte ich in der ersten Band. Ihr Name war „The Budheads“, das Niveau der Proben war jedoch ziemlich Scheiße. Bei der Abschlussfeier der Mittelschule haben wir uns selbst zensiert und nannten uns in „The Beatheads“ um. Das erste Konzert war gleichzeitig das meistbesuchte, da die ganze Mittelschule gezwungen war uns zuzuhören. [lacht] Zum Schluss hießen wir „The Suspenders“, wir spielten eine Art „Schimpel Punk“. [lacht] Danach hatte ich einige Nebenprojekte wie die „Despair on Hope“, das war dann auf einmal Deathcore und noch ein Soloprojekt namens „Sarkastodon“, das ich immer noch verfolge. „Dead Like Juliet“ sprachen mich an, ob ich Lust hätte mit ihnen zu spielen. Das erste Konzert habe ich noch mit der Gitarre bestritten, danach fragten sie mich, ob ich singen würde. Seitdem ist „Dead Like Juliet“ die Hauptbeschäftigung im meinem Musikalltag. 

Michi: Ich bin mit Rockmusik aufgewachsen, im Kindergarten war ich schon ein AC/DC-Fan. Mein Onkel spielte in verschiedenen Band, unter anderem auch in einer AC/DC-Cover-Band. Damals fragte ich, ob ich von ihnen lernen dürfe, und der Bassist erklärte sich bereit, mir etwas zu zeigen. So lernte ich mein erstes Instrument, die Bassgitarre kennen. Danach lernte ich Ziehorgel und ein wenig Gitarre. Meine erste Band hatte ich mit einem Kollegen zusammen, er spielte Schlagzeug und ich Gitarre. Wir nannten uns „Schoolboys“, konnten aber kein Lied richtig spielen. [lacht] Danach war ich noch bei zwei–drei weiteren Projekten dran. 

Tom: Bei mir Zu Hause ist immer viel Musik gehört worden, ich bekam als kleines Kind Radios geschenkt, doch bevor ich nicht 15 Jahre alt war, hatte ich nie das Verlangen ein Instrument zu spielen. Dann hörte ich das erste mal Metal und dachte mir nur noch „BOOOA“, das will ich lernen, diese Musik will ich spielen. Mit meinem ersten Wochenlohn kaufte ich mir eine Gitarre und fing an zu spielen. Einige Zeit später erhielt ich eine Nachricht vom damaligen Bassisten von Dead Like Juliet, der mich fragte, ob ich nicht mitspielen möchte, und ich antwortete: „Ich hab’s noch nicht so mit den Akkorden…“ Er meinte, das sei egal und holte mich in die Band. Seitdem spiele ich bei Dead Like Juliet und verdanke ihnen meine musikalische Entwicklung und Erfahrung. 

Max: Meine Mutter fragte mich, ob ich nicht ein Instrument spielen wolle, und ich antwortete ihr, dass mich Geige interessieren würde. Also ging ich ein Jahr zum Geigenunterricht, bis mir mein Lehrer klar machte, dass es nicht viel Sinn hätte und ich es lieber mit Schlagzeug versuchen sollte, da ich ein gutes Rhythmusgefühl besitzte. Seitdem spiele ich Schlagzeug. Eine Weile spielte ich alleine, bis ich dann zu einer Punkband namens „Lorit“ (vor Kurzen erst kam ich dahinter, dass es rückwärts Tirol heißt). Wir coverten die Band „Narcothic“. Bevor ich zu Dead Like Juliet kam, spielte ich auch in Schulbands, in der Musikschule usw. 

Martin: Mit 11 fing ich an Klavier zu lernen und zog das vier Jahre durch. Ab einem gewissen Punkt kam mir allerdings vor, dass ich mit dem Klavier nicht weiter komme, mit diesem Instrument ziemlich limitiert wäre – ich hatte damals auch nicht das Geld, mir das besondere Equipment zu leisten. Ich wollte etwas Neues versuchen und dachte mir, mit der Gitarre kann ich mich am Besten verwirklichen. Meine erste Band war eine deutsche Punk Band, die aber bald auseinander ging, weil einige keine Lust mehr hatten oder zur Uni gingen. Die Dead-Like-Juliet-Crew kam einmal beim Ausgehen zu mir und wollte mich dazu überreden, bei ihnen Bass zu spielen. Da der damalige Gitarrist ausschied, wechselte ich zu Gitarre und seitdem spielen wir in dieser Konstellation zusammen. 

Magge: Ich war acht Jahre alt, nicht wirklich an Musik interessiert, als eines Tages mein Vater zu mir kam und sagte: „Bub, hör gute Musik“, und mir eine Ärzte-CD in die Hand drückte. Seitdem höre ich Punk. Ich spielte in der Musikschule Keyboard und an einem gewissen Punkt dachte ich mir, eine Band müsse her. Damals hatte ich allerdings wenig Kontakte und wollte selbst eine gründen. So kam’s zu Dead Like Juliet, mit komplett neuen Leuten und zwei Proben in einem Container. Ich bin der einzige Übrige, der von Anfang an dabei ist. Mit der neuen und jetzigen Konstellation bin ich sehr glücklich, weil nicht nur die Musik im Vordergrund steht, sondern wir zugleich auch beste Freunde sind. 

Fotos: (1) Dead Like Juliet @ Astrakhan, Russia, 2016, by Geometria; (2) Dead Like Juliet @ Cherkessk, Russia, 2016; (3) Dead Like Juliet @ Moonwalkers Festival, Steinegg, Italy, 2017, by franzmagazine

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