Gesellschaftskritik aus Beton von Andreas Zingerle

Beton, diese beinahe omnipräsente graue Masse, begegnet in Andreas Zingerles Arbeiten als neutrale Provokation. Kann Provokation neutral sein? Zumindest sind die in Beton gegossenen Sexpuppen oder anderen Alltagsobjekte – wie ein Container in Völs – so zurückhaltend wie inspirativ. 

Letzthin hatte sich der Maler und Bildhauer intensiv mit der Bilderserie “Dead People” für die Ausstellung zum Ersten Weltkrieg “1915–2015″ in der Galerie Prisma in Bozen beschäftigt. Aktuell arbeitet er an großen Betonarbeiten mit dem Titel “Gewürm”. Gemeinsam mit der Galerie Rolando Anselmi in Berlin ist ein Katalog in Fertigstellung. Andreas Zingerle faszinieren Gegenwart als auch Geschichte. Er verwandelt das menschliche Treiben in Stoppzeichen – seine Arbeiten halten zum Stehenbleiben an und laden zum Nachdenken ein. 

Andreas Zingerle, du setzt sich künstlerisch mit unserer Gegenwart auseinander. Wodurch ist deiner Meinung nach diese gekennzeichnet?

Unsere Gegenwart ist gekennzeichnet durch starke Gegensätze, durch Ausbeutung von Ressourcen, Konflikte, Aggression, extremen Reichtum, Armut, Ignoranz. (Das ist aber auch nichts Neues in der Menschheitsgeschichte.) Auch eine Nivellierung ist erkennbar, in Bildung, Aussehen, Leistung usw. Ich beobachte solche Phänomene und benutze sie für meine künstlerische Arbeit.“Alles was irrational verehrt wird, kann Fetischcharakter nachgesagt werden”, so steht es in einem deiner Katalogtexte. Welche Problematik siehst du in irrationaler Verehrung?

Grundsätzlich sehe ich in irrationaler Verehrung kein Problem, wenn sich diese im privaten, persönlichen Bereich abspielt. Problematisch wird es dann, wenn andere Personen ungewollt damit behelligt werden, wie beispielsweise bei religiösen oder sexuellen Übersteigerungen.

Wie bist du Künstler geworden?

Ich bezeichne mich lieber als Maler oder Bildhauer und versuche gute, eigenständige Arbeiten zu machen. Ob diese Arbeiten dann als Kunstwerke bezeichnet werden, liegt nicht in meinem Ermessen. Die Bezeichnung “Künstler” ist mir zu allgemein. Ich habe in München Malerei studiert, seither bin ich freischaffend tätig und beschäftige mich mit zwei und dreidimensionalen Arbeiten.Welche Bedeutung haben Farben für deine künstlerische Arbeit?

Farben haben für mich einen hohen Stellenwert, deshalb verwende ich sie, bis auf wenige Ausnahmen, sehr spärlich, meist nur als Unterlegung oder als Beimischung zu Grautönen.

Der Maler und Bildhauer Andreas Zingerle wurde 1963 in Brixen geboren. Als 30-Jähriger besuchte er die Akademie der Bildenden Künste in München. Er lebt und arbeitet in Percha. www.zingerleandreas.com

Alles Fotos: Anderas Zingerle; ganz oben: Dead People, M E M C